1. Deutscher Reparaturtag: Gelungenes Debüt in Mainz

05.12.2012

Teilnehmer, Sponsoren und Aussteller waren sich nach der Veranstaltung am 26. September in der Mainzer Phönix-Halle einig: Mit dem 1. Deutschen Reparaturtag ist ein Stein ins Rollen gebracht worden und darauf hat die Branche gewartet. Es war ein gelungenes Debüt, einfach die richtige Veranstaltung zur richtigen Zeit – so der Tenor.

Volles Haus beim 1. Deutschen Reparaturtag in Mainz: Mehr als 400 Teilnehmer und Aussteller sorgten für ein gelungenes Debüt (Foto: TAH)

Zufriedenheit herrschte auch bei den Veranstaltern, dem Verband Zertifizierter Sanierungsberater für Entwässerungssysteme e.V. (VSB), dem Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH (IKT) und der Technischen Akademie Hannover e.V. (TAH). Erstmals ist es gelungen, Hersteller, ausführende Unternehmen, Auftraggeber und Planer an einen Tisch zu bringen und den Reparaturverfahren eine Plattform zu geben. Und das mit großem Erfolg, wie die Anzahl von mehr als 400 Teilnehmern und Ausstellern belegt. Die Veranstaltung sollte die technische Bandbreite und die vielfältigen Einsatzbereiche einer Verfahrensgruppe aufzeigen – und das hat funktioniert. Hersteller, Planer und Techniker stellten Einsatzmöglichkeiten von Reparaturverfahren vor, nahmen zu Qualitätsaspekten Stellung und berichteten von ihren Erfahrungen. Planungsgrundlagen und wirtschaftliche Aspekte gehörten zu den weiteren zentralen Themen des Forums, das darüber hinaus einen Blick in die Zukunft warf. Der Reparaturbereich und die den letzten Jahren entwickelten Verfahren werden sich weiter etablieren. Reparaturverfahren sind nicht nur unverzichtbar bei Vorsanierungen oder Ergänzungsarbeiten für die Renovierungsverfahren, sie sind eine wirtschaftliche Alternative bei vielen Einzelschadensbildern und -situationen. Auch das hat die Veranstaltung in Mainz ganz deutlich gemacht. Ebenso nachdrücklich wurde der Wunsch nach einer Fortsetzung formuliert. Dem will der VSB im nächsten Jahr mit der Durchführung eines 2. Deutschen Reparaturtages nachkommen.

Schon die Lokation war die Anreise wert: Mit der Mainzer Phönix-Halle hatte die Mannschaft von Organisator Dr.-Ing. Igor Borovsky, Technische Akademie Hannover, einen vielbeachteten Rahmen für die Auftaktveranstaltung der Reparaturbranche gefunden. Das Gebäude wurde 1949 auf den Ruinen der 1944 zerstörten, ehemaligen Fabrikationsgebäude der Waggonfabrik Gebrüder Gastell, später MIP Mainz Industries Panzerwerke, in Mainz-Mombach errichtet. Sie war als Fabrikhalle für die Fertigung von Straßenbahnen, Bahnwaggons und Spezialfahrzeuge konzipiert. Der Name sollte daran erinnern, dass die industrielle Fertigung nach dem Krieg wie Phönix aus der Asche wieder erstand. Somit ein gutes Omen für eine Branche, die in den letzten Jahren eher ein Schattendasein geführt hat. Im Gegensatz zu anderen Sanierungstechniken wurden die Reparaturverfahren bisher weder systematisch untersucht noch die Verlässlichkeit der Herstellerangaben ausreichend diskutiert. Damit haben die Teilnehmer an der Veranstaltung in Mainz jetzt nachdrücklich begonnen. Welche Verfahren gibt es zurzeit auf dem Markt, was können sie leisten, nach welchen Kriterien sind die Techniken planerisch auszuwählen? So lauteten einige der Fragen, auf die es erste Antworten gab. Konsequent wurden volkswirtschaftliche planerische und technologische Hintergründe zum Einsatz der vielseitig und wirtschaftlich nutzbaren Techniken in Mainz vorgestellt.

Auf dem Vormarsch

In seiner Begrüßungsansprache verwies Borovsky noch einmal auf die letzte von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) durchgeführte Umfrage zum Zustand der Kanalisation. Reparaturverfahren sind auf dem Vormarsch, so das Ergebnis der Studie. In konkreten Zahlen bedeutet dies, dass mehr als 36 % aller Sanierungsverfahren in 2009 mit Ausbesserungs-, Injektions- oder Abdichtungsverfahren ausgeführt wurden. „Grund genug, Hersteller, Planer und Anwender an einen Tisch zu bringen, um über den Stand der Technik in Bezug auf Verfahren und Materialien zu diskutieren und Entwicklungspotentiale aufzuzeigen“ so der 1. Vorsitzende der TAH. Aber auch um zu ergründen, warum die Reparatur von Einzelschäden – hierzu zählen unter anderem Injektions- und Roboterverfahren sowie der Einbau von Kurzlinern und auch die partielle Sanierung mit Manschetten – in der Wahrnehmung der Branche noch nicht den Stellenwert genießen, der ihnen eigentlich zukommt.

In der abschließenden Podiumsdiskussion unter Leitung von Dipl.-Oec. Waniek, IKT, tauschten Hersteller, Planer und Auftraggeber ihre Erfahrungen mit Reparaturtechniken aus (Foto: VSB)

Vieles im Argen

Eine erste Antwort gab Dipl.-Ing. (FH) Markus Vogel, einer der Initiatoren der Veranstaltung in seinem durchaus kritischen Einführungsvortrag zur „aktuellen Situation der Reparaturtechniken und deren potenzielle Auswirkungen“. „Viele Reparaturtechniken sind seit über 20 Jahren am Markt verbreitet im Einsatz. Eine ganzheitliche und wirtschaftliche Instandhaltung der Entwässerungssysteme wäre heute ohne Reparaturverfahren nicht mehr möglich“, machte der Vorsitzende des Vorstandes des Verbandes Zertifizierter Sanierungsberater für Entwässerungssysteme e. V. deutlich. Das steht in einem scheinbaren Widerspruch zu den nach wie vor vorhandenen Vorurteilen, die über diese Verfahrensgruppe existieren. Die Ursachen hierfür sind laut Vogel vielschichtig. In erster Linie gehören die Vielfalt und Komplexität der Verfahren, die fehlende Entwicklung einer entsprechenden Normung, minderwertige Ergebnisse ganzer Technikgruppen in der Vergangenheit, die fehlende Attraktivität der Verfahren für Planer sowie die Verunsicherung durch das Verhalten mancher Marktteilnehmer dazu. Vor allem der zunehmende Marktdruck und die ungesunde Wettbewerbsentwicklung infolge unzureichender Planungen und oft VOB-widriger Vergaben führen dazu, dass die Technikhersteller und -anwender alle Mittel einsetzen, um die eigenen Technikanwendungen im besten Licht erscheinen zu lassen. „Leider ist es bislang oft nicht üblich, die Stärken der eigenen Technik in den Vordergrund zu stellen und vermeintlich viel leichter, die Schwächen der Mitbewerber besonders zu beleuchten“, so Vogels kritisches Fazit. Auch die im Verlauf der Jahre publizierten Ergebnisse von Eignungstests auch renommierter Institute, die eigentlich zur Klärung der Technikzuverlässigkeit führen sollten, seien teilweise in Frage zu stellen. Dies insbesondere dann, wenn Test-Schadensbilder generiert würden, für die einzelne zu beurteilende Sanierungstechniken per se ungeeignet seien und ein kompetenter Planer kaum auf den Gedanken käme, solche bei entsprechenden realen Schadensbildern zum Einsatz vorzusehen.

Transparenz gefragt

Dies trägt bei Netzbetreibern und Planern zur Verunsicherung und schadet dem Markt eher als es ihm hilft. Hierin befindet sich der Inhaber eines renommierten Ingenieurbüros mit anderen Fachleuten aus der Branche im Schulterschluss. Doch das soll sich ändern: „Wir wollen alle gute und saubere Sanierungsergebnisse liefern“, so der Appell Vogels an das Auditorium. Deshalb sei es von entscheidender Bedeutung, dass die heterogene Vielfalt an Reparaturverfahren zwischen den einzelnen Technikgruppen der DIN EN 15885 wie auch innerhalb dieser Technikgruppen transparent wird. Hierbei gelte es, objektive Kriterien zur Klärung der Grenzen des jeweiligen Technikeinsatzes sowie der damit jeweils verbundenen Einsatzrisiken zu definieren. Gleichzeitig müsse die Techniknormung vorangetrieben werden, um die Reparaturverfahren in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – VOB/C zu verankern, so die direkte Aufforderung Vogels in Richtung der Hersteller. Diese Punkte werden in der Zukunft von besonderer Wichtigkeit sein, zum Beispiel für Auftraggeber, um sachgerechtere Entscheidungen bei der Technikauswahl treffen zu können.

Fachwissen erforderlich

Wie das in der Praxis einer großen deutschen Kommune gehandhabt wird, stellte Dipl.-Ing. Caroline Körner von den Stadtentwässerungsbetrieben Köln AöR in ihrem Vortrag zur „Bedeutung der Reparaturtechniken für Kanalnetzbetreiber“ vor. Nach wie vor wird an dem rund 2.400 km langen Kanalnetz der Domstadt noch vieles nach dem Feuerwehrprinzip in Angriff genommen. „Dabei können mit der gestuften Reihenfolge der Sanierungsverfahren von Reparaturen über die Renovationen bis zu Erneuerungen die Bautätigkeiten in den einzelnen Stadtteilen vor Ort verkehrsrechtlich und betrieblich gut koordiniert werden“, so Körner, die allerdings unmissverständlich deutlich machte, dass gerade Reparaturverfahren, unter denen in Köln durchaus nicht nur „Tapete und Spachtel“ sondern seriöse Verfahren verstanden würden, eine gute Planung und viel Betreuung voraussetzen würden, um nachhaltige Ergebnis zu erzielen. Zudem setze das viel Fachwissen der Beteiligten voraus. Sowohl in Bezug auf die technischen Möglichkeiten, als auch auf die normativen Rahmenbedingungen.

Regeln und Einsatzmöglichkeiten

Hierzu nahmen insbesondere Prof.-Dr.-Ing. Volker Wagner von der Hochschule Wismar und Dipl.-Ing. (FH) Mario Heinlein, Sprecher DWA-AG ES-8.15, mit einer „Einordnung der Reparatur im technischen Regelwerk“ und einer Vorstellung der „Technischen Einsatzmöglichkeiten der Reparaturtechniken nach DIN EN 15885“ Stellung. Während Prof. Wagner, der neben seinem Vortrag auch für die Moderation der Veranstaltung verantwortlich zeichnete, den Teilnehmern anschaulich vor Augen führte, wo sich in der fast unüberschaubaren Flut von deutschen und europäischen Normen, Merk- und Arbeitsblättern sowie Empfehlungen, Informationen und Richtlinien von Verbänden, Instituten und anderen Fachkreisen etwas konkretes zu den Reparaturverfahren findet, gab Heinlein einen aktuellen Überblick zum Stand der Technik bei Injektion, Robotern, Manschetten, Kurzlinern, Flutung und manueller Reparatur von Kanälen und Schächten. Sein Fazit beim Abgleich von Einsatzgrenzen und Firmenangaben: Aufgrund der teilweisen Widersprüche von DIN EN 15885 und Herstellerangaben ist eine Harmonisierung der Angaben zwischen Normung, Werbeaussage und Realität verschiedentlich erforderlich.

Kombination der richtige Weg

Harmonie mahnte auch PD Dr.-Ing. Bert Bosseler vom IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH an. Nach seiner umfassenden Darstellung von „Reparaturverfahren in Forschung, Prüfung und Warentest“ forderte er die Auftraggeber auf, sich eher für eine sinnvolle Kombination von verschiedenen Verfahren statt einer Vorgehensweise nach dem Motto Reparatur versus Renovierung zu entscheiden. Vor allem in Bezug auf die Lebensdauer der Kanalisation und damit auf die Anforderungen der Generationengerechtigkeit gelte es betriebswirtschaftliche Aspekte ebenso ins Kalkül zu ziehen wie gebührentechnische und qualitative Gesichtspunkte. „Eine Lösung ist dann „vertretbar“, wenn sie mich anspricht, ich sie verstehe, ich sie erklären kann und andere sie auch verstehen werden“, so Bosselers Credo.

Der große Andrang auf der begleitenden Fachausstellung machte deutlich, wie groß der Bedarf an Informationen über Reparaturverfahren tatsächlich ist (Foto: VSB)

Hohe Erwartungen

Welche hohen Erwartungen an die Kompetenz und die Arbeitsintensität der Planer geknüpft sind, schilderten Dipl.-Ing. Rico Nock von Vogel Ingenieure und Dipl.-Ing. Bianca Burger von den Göttinger Entsorgungsbetrieben am Beispiel der Reparaturverfahren. „Anforderungen an die Planung zum Einsatz von Reparaturverfahren – Herausforderungen am Beispiel der Zulaufanbindungssanierung“ und „Reparatur im Spannungsfeld des Einsatzziels“ lauteten die Titel ihrer Vorträge. Auch sie stellten anschaulich dar, dass die Reparatur von lokalen Schäden an unserer unterirdischen Infrastruktur ein hohes Maß an Fachwissen von allen Beteiligten erfordert – angefangen beim Hersteller über den Planer und das ausführende Unternehmen und den Auftraggeber – hierin waren sich die Referenten einig. Und das wurde auch in der anschließenden Podiumsdiskussion unter der Leitung von Dipl.-Oec. Roland Waniek, IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH klar formuliert. Hersteller, Planer und Auftraggeber tauschten ihre Erfahrungen mit Reparaturverfahren aus. Dabei standen die Fragen, welche Erwartungen und Ziele es hinsichtlich der Nutzungsdauern gibt und auf welcher Grundlage Annahmen hierzu getroffen werden können, besonders im Fokus.

Eine sachgerechte Kanalsanierung ist ohne die Nutzung von bewährten Reparaturverfahren weder technisch noch wirtschaftlich möglich – so die Bilanz. Hierbei stehen dem Markt vielfältige, allerdings auch sehr unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Wie gut sie wirklich sind, wie man verschiedene Verfahren noch weiterentwickeln kann und welche Faktoren bei der Ausschreibung, Vergabe und Bauüberwachung berücksichtigt werden müssen, darüber muss wesentlich mehr als bisher offen gesprochen werden. Wie kommt die richtige Technik bezüglich des Schadensbildes, der Rahmenbedingungen und in Bezug auf den Erfolg einer Sanierungsmaßnahme auf die richtige Baustelle?

Erste Antworten auf diese und andere Fragen konnte der 1. Deutsche Reparaturtag in Mainz geben. „Wir stehen am Beginn spannender und wichtiger Diskussionen, um die Einsatzgrenzen und die Techniken der verschiedenen Verfahren untereinander besser einordnen zu können. In dieser Hinsicht wurden die Erwartungen der Teilnehmer erfüllt, gleichzeitig aber auch Appetit auf mehr gemacht“, lautet das positive Fazit von Markus Vogel über das Debüt in der Phönix-Halle. In seiner Schlussansprache dankte er vor allem den Sponsoren, ohne deren Engagement die Veranstaltung nicht möglich gewesen wäre. Trotzdem seien noch viele Fragen offen, auch das hätten die vielen Gespräche in Mainz ergeben und deshalb sei eine Fortsetzung des Austausches im nächsten Jahr mehr als nur wünschenswert.

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