Wilhelmshaven macht das Rathausviertel fit für den Starkregen
18.01.2018
Flowtite GFK-Rohre mit Drachenprofil sorgen für einen optimalen Abfluss.
Leicht zu verlegen, wirtschaftlich einsetzbar und größtmögliche Stabilität bei vergleichsweise geringer Wandstärke – das waren die Parameter, die bei der Auswahl des am besten geeigneten Werkstoffes für die Sanierung der Mischwasserkanalisation in der Mitscherlichstraße in Wilhelmshaven den Ausschlag gaben. Die Technischen Betriebe Wilhelmshaven (TBW), ein Eigenbetrieb der Stadt Wilhelmshaven, entschieden sich für Flowtite GFK-Rohre der Amiantit Germany GmbH.
Entsprechend den Planungsvorgaben der LINDSCHULTE Ingenieurgesellschaft mbH kam eine Ausführung mit profilierter Sohle im Drachenprofil in der Nennweite DN 1500 zum Einsatz. Die 3 m langen Rohre verfügen über eine Nennsteifigkeit von SN 10.000 und wurden im Werk mit einer Nummerierung versehen, die der STRABAG AG, Direktion Nordwest, Bereich Weser-Ems, Gruppe Wilhelmshaven, die Verlegung und die Berücksichtigung verschiedenster Anschlusssituationen erleichterte.
Im April 2017 begannen die Sanierungsarbeiten zwischen der Bremer Straße und der Bismarckstraße. Auf einer Gesamtlänge von etwa 320 Meter wurden der Mischwasserkanal und die Hausanschlussleitungen erneuert, zudem fünf große Schachtbauwerke in diesem Bereich neu gesetzt. Im ersten Bauabschnitt wurden auf einem rund 160 m langen Teilstück zwischen Bremer Straße und Rüstringer Straße die ersten Flowtite GFK-Rohre verlegt. Die Erweiterung des Kanalquerschnittes von DN 700 auf eine Nennweite von DN 1500 soll laut Dipl.-Ing. (FH) Jan-Markus Müller, LINDSCHULTE Ingenieurgesellschaft mbH, Aurich, zu einer hydraulischen Verbesserung im Rathausviertel beitragen.
Hier handelt es sich um einen der neuralgischen Punkte in der ca. 520 km langen Wilhelmshavener Kanalisation, die durch ein Trennsystem in den nördlichen Stadteilen und einer historisch gewachsenen Mischwasserkanalisation in den südlichen Stadtteilen gekennzeichnet ist. „Teilweise sind die Abwasserkanäle mehr als 100 Jahre alt und weisen einen entsprechenden Abnutzungsgrad mit den typischen Schadensbildern auf“, erklärt Müller. „Hinzu kommt, dass die Haltungen meist unterdimensioniert ausgelegt wurden und deshalb Starkregenereignissen wie dem im Sommer 2015 mit mehr als 70 Liter Niederschlag pro Quadratmeter nicht gewachsen sind.“
Ideal bei geringem Gefälle
Hydraulische Engstellen wie diese finden in einem Generalentwässerungsplan (GEP) Berücksichtigung, den die LINDSCHULTE Ingenieurgesellschaft im Auftrag der TBW erstellt hat. Insbesondere Leitungsabschnitte mit relativ hoher Überstauhäufigkeit wie die Mitscherlichstraße werden auf Basis der Bemessung und Berechnung der Niederschläge über einen Zeitraum von mehreren Jahren sukzessive saniert. Hierbei gibt es nach Aussage des planenden Ingenieurbüros einige Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Unter anderem das geringe Gefälle.
Da das Stadtgebiet kaum über natürliches Gefälle verfügt, wird das Schmutzwasser über ein Freigefälle-Kanalnetz den rund 60 Pumpwerken im Abwassersystem zugeführt und dann über Druckrohrleitungen zur Zentralkläranlage gepumpt.
Vergleichsweise dünnwandig, trotzdem stabil
Zur Verbesserung des Trockenwetterabflusses wurden die ausgewählten GFK-Rohre ebenso wie die GFK-Schächte mit einem Drachenprofil ausgestattet. Die Profilierung trägt dazu bei, dass Feststoffe auch bei geringen Abflussmengen befördert werden und eine mögliche Geruchsbelästigung weitestgehend vermieden wird. „Auch aufgrund der guten Fließeigenschaften und der guten Hydraulik ist der Werkstoff deshalb für einen Einsatz unter diesen Rahmenbedingungen besonders geeignet“, erklärt Manuela Wendt, Projektingenieurin, bei der Amiantit Germany GmbH. „Das leichte Gewicht der Rohre hat zudem bei eingeschränkten Arbeitsräumen Vorteile, ebenso wie bei geringen Lagerkapazitäten.“ Das machte sich auch in der Innenstadtlage in Wilhelmshaven positiv bemerkbar, da der Verkehr – insbesondere die Rettungsdienste – nicht behindert werden durften.
Auf der anderen Seite überzeugen die Rohre mit ihrer Stabilität. Ein Umstand, der insbesondere in der Mitscherlichstraße zum Tragen kam, da die Überdeckung in einigen Bereichen gerade einmal 63 cm beträgt. „Damit bewegt man sich in einem Bereich, der den frostsicheren Straßenaufbau tangiert“, verdeutlicht Müller. Die GFK-Rohre mit einer Wandstärke von unter 30 mm waren deshalb besonders geeignet, während Rohre aus anderen Werkstoffen aufgrund einer deutlich höheren Wandstärke bis an die Schottertragschicht gereicht hätten.
Hervorragende Passgenauigkeit
„Auch in anderer Hinsicht galt es, auf die besonderen Rahmenbedingungen einzugehen“, erklärt der Bauleiter der STRABAG, Dipl.-Ing. Tim Puzicha. Aufgrund der Situation vor Ort mussten vorhandene Hausanschlussleitungen teilweise direkt oberhalb der Berme eingebunden werden – eine Vorgehensweise, mit der verhindert werden konnte, dass auf den Grundstücken Hebeanlagen installiert werden mussten. „Um eine reibungslose Verlegung sicherzustellen, wurden die Rohre bei Amiantit in Döbeln bereits mit den erforderlichen Anschlüssen für die Hausanschlussleitungen ausgestattet und auf Basis des Verlegeplans durchnummeriert“, so Puzicha.
Während der Bauphase erfolgte ein regelmäßiger Abgleich zwischen tatsächlichem Arbeitsfortschritt und einem im Rahmen der Arbeitsvorbereitung angenommen Baufortschritt. Anhand des Verlegeplans und einer festgelegten Lieferreihenfolge konnte die STRABAG in Abstimmung mit dem Hersteller flexibel auf die örtlichen Bedingungen reagieren. Eine extreme Passgenauigkeit der gelieferten Produkte trug dazu bei, dass Fugen und Spalten auf ein Minimum reduziert wurden und ein Absetzen der Mischwasserfrachten wirkungsvoll verhindert wird.
In diesem Zusammenhang weist Müller auch auf die Flexibilität des eingesetzten Rohrsystems hin: „Falls nötig, sorgten Passstücke für den nötigen Spielraum an der Einbaustelle. Zudem bietet der Werkstoff auch die Möglichkeit, vor Ort Änderungen vorzunehmen – zum Beispiel, wenn ein Anschluss doch mal an der falschen Stelle liegt.
Mit Blick auf zukünftige Kanalsanierungsarbeiten in den einmündenden Seitenstraßen wurden während der Baumaßnahme bereits Vorbereitungen für den späteren Anschluss dieser Haltungen angelegt. Ende Oktober konnten die Kanalbauarbeiten dann trotz zahlreicher hindernder Umstände während der Ausführung planmäßig abgeschlossen werden.
„Hierzu zählten neben kreuzenden Versorgungsleitungen und unbekannten Hindernissen im Rohrgraben insbesondere Herausforderungen aufgrund von Starkregenereignissen sowie den instabilen Bodenverhältnissen“, so Bauleiter Puzicha, der abschließend noch einmal betont, dass vor allem die eingesetzte Technik und das große Engagement aller an der Maßnahme beteiligten Personen zum erfolgreichen Abschluss beigetragen haben.
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