CoJackHydra - Premiere in Burscheid - Die optimierte Hydraulische Fuge

15.11.2016

CoJackHydra, eine neue, in mehrfacher Hinsicht optimierte Hydraulische Fuge erweitert in Kombination mit einem speziellen Überwachungssystem den Einsatzbereich des wassergefüllten Schlauchs als sicheres und modernes Druckübertragungsmittel beim Rohrvortrieb. Vertrieben wird CoJackHydra von der TuSo GmbH. Die Premiere fand in Burscheid statt.

Abbildung 1: Ein oder zwei konzentrisch in die Rohrverbindung eingelegte Hydraulikschläuche ersetzen den Druckübertragungsring aus Holz oder Spanplatte. [Grafik: visaplan GmbH]

1 Die Grenzen von Druckübertragungsringen aus Spanplatte

Der grabenlose Leitungsbau hat durch nationale und internationale Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie stetige Optimierung der Maschinen- und Verfahrenstechniken ein sehr hohes technisches Niveau erreicht, welches es ermöglicht, praktisch alle Arten von Ver- und Entsorgungsleitungen unabhängig von der Nennweite bzw. dem Außendurchmesser sowie den geologischen und hydrogeologischen Randbedingungen in geschlossener Bauweise, d.h. unterirdisch, zu verlegen [1].

Das umweltschonende Bauverfahren des Rohrvortriebs gehört inzwischen zu den Standardverfahren des Kanalbaus und gewinnt derzeit dank modernster Überwachungs- und Steuerungsmethoden zunehmend an Bedeutung.

Im Sinne eines wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Vortriebs wird generell das Erreichen einer großen Vortriebslänge angestrebt, da insbesondere die Herstellung der Start- und Zielbaugruben einen erheblichen Kostenfaktor darstellt. Derzeit werden bereits Vortriebslängen von mehr als 1200 m problemlos realisiert.

Allein beim vor wenigen Wochen fertiggestellten Hauptkanal des Bauabschnitts 30 des Abwasserkanals Emscher (AKE) hatten 11 der insgesamt 52 Vortriebsstrecken eine Länge über von mehr als 1000 m mit Nennweiten zwischen 1600 mm und 2800 mm. Viele dieser Langstreckenvortriebe hatten eine oder sogar mehrere planmäßige Kurven.

Ein maßgebliches statisches Problem bei der Übertragung der Vortriebskräfte von Rohr zu Rohr besteht darin, dass sich bei Kurvenfahrten und Steuerbewegungen der Rohrstrang nicht kontinuierlich krümmt, sondern das recht steife Rohr weitgehend gerade bleibt und in den Rohrverbindungen Abwinklungen entstehen.

Abbildung 2: Restdicke des Druckübertragungsringes (DÜR) in Abhängigkeit von der Vorbelastung bei Abwinklung der Vortriebsrohre („klaffende Fuge“) [Grafik: visaplan GmbH]

Um dennoch die erforderlichen Vortriebskräfte von Rohr zu Rohr übertragen zu können, werden Druckübertragungsringe eingelegt, die heute vorwiegend aus Span- oder OSB-Platten gefertigt sind. Diese Holzwerkstoffe können aufgrund ihrer Nachgiebigkeit in der Anfangsphase jeder Vortriebsstrecke die Längskräfte sehr effizient auf eine große Fläche verteilen und so die Rohrbeanspruchungen klein halten.

Allerdings nimmt diese für die Übertragung der Vortriebskräfte erforderliche Wirkung des „hölzernen“ Druckübertragungsrings infolge seines plastischen Werkstoffverhaltens mit zunehmender Vortriebslänge immer mehr ab. Die häufigen Lastwechsel insbesondere in Verbindung mit gegensinnigen Steuerbewegungen und/oder wechselnder, gekrümmter Linienführung führen zu einer Verhärtung des Werkstoffs und somit zu einer schwer zu kalkulierenden Erhöhung der Rohrbeanspruchungen.

Um dieser Problematik Rechnung zu tragen, ist nach dem im vergangenen Jahr erschienenen DWA Arbeitsblatt A 161 [2] vorgeschrieben, das Druckspannungs-/Stauchungsverhalten der verwendeten Druckübertragungsringe für jeden Vortrieb über Druckversuche im Labor zu bestimmen und die Belastungsgeschichte der Druckübertragungsringe zumindest näherungsweise für standardmäßig trassierte Vortriebsstrecken abzuschätzen.

Auf dieser Grundlage kann eine Statik für Standardvortriebsstrecken angefertigt werden und der Vortrieb mit einer ausreichenden Sicherheit durchgeführt werden. Diese Vorgehensweise reicht bei anspruchsvollen Vortriebsstrecken mit großer Länge, mehreren Kurven oder sogar S-Kurven nicht aus, um eine Überbeanspruchung der Vortriebsrohre mit ausreichender Sicherheit auszuschließen. Hier ist eine kontinuierliche statische Begleitung unerlässlich. In dieser Hinsicht hat sich das Überwachungssystem CoJack (www.cojack.eu) seit vielen Jahren bestens bewährt, so dass es u.a. auch bei allen Vortriebsstrecken des Hauptkanals des o.g. Bauabschnitts 30 des AKE zum Einsatz kam.

Vortriebsbegleitende Überwachungssysteme wie CoJack können zwar drohende Überbeanspruchungen der Rohre prognostizieren und so Rohrschäden vermeiden, aber die physikalischen Grenzen der Druckübertragungsringe aus Spanplatte nicht überwinden. Im Vorfeld des Vortriebs nur unzureichend abschätzbare Steuerbewegungen führen bei einer Begleitung mit CoJack zwar nicht zu Beschädigungen der Rohre, können aber die zulässigen Vortriebskräfte auf ein so niedriges Niveau absenken, dass der Vortrieb nicht mehr fortsetzbar ist. [3, 4, 5, 6]

2 CoJackHydra – die optimierte Hydraulische Fuge

Eine elegante Lösung zur Vermeidung der geschilderten Problematik ermöglicht in idealer Weise ein wassergefüllter, ringförmiger und hochdruckfester Schlauch, welcher anstelle des herkömmlichen Druckübertragungsringes im Fugenspalt zwischen zwei Rohren angeordnet wird.

Nach umfangreichen Forschungsarbeiten, der Durchführung von zum Teil aufwändigen Laborversuchen und der Entwicklung mathematischer Modelle ist inzwischen eine optimierte Bauart der Hydraulischen Fuge einsatzbereit. Das neue Komplettsystem namens CoJackHydra besteht aus zwei Hauptkomponenten:

  • kreisringförmige Hydraulikschläuche und
  • eine spezielle Variante des Online-Kontrollsystems CoJack

Für CoJackHydra werden handelsübliche Hydraulikschläuche als Vormaterial verwendet. Jedoch wurden spezielle Pressarmaturen entwickelt, die auf die Anforderungen des Rohrvortriebs abgestimmt sind. Um Schlauchplatzer auszuschließen, sind allerdings die genaue Kenntnis der „inneren“ Schlaucheigenschaften und deren praktische Übertragung auf die Einsatzbedingungen beim Rohrvortrieb erforderlich.

Je nach den projektspezifischen Anforderungen werden der Schlauchdurchmesser und die Anzahl der konzentrisch angeordneten Schlauchringe festgelegt. Die zugehörige prüffähige Statik berücksichtigt alle in der Neufassung des DWA-Arbeitsblattes A 161 [2] gestellten Anforderungen und Nachweise. Dazu gehören neben der Festlegung der zulässigen Vortriebskraft insbesondere auch die erforderlichen Nachweise für die Querbeanspruchung der Fuge.

Die Begleitung der Vortriebsmaßnahmen mit CoJackHydra erfolgt in bewährter Weise mit dem Online-Überwachungssystem CoJack, für das die S&P Consult GmbH eine spezielle Variante entwickelt hat. In gewohnter Weise werden die vorhandenen Vortriebskräfte in Echtzeit in einem geschützten Bereich des Internets grafisch abgebildet und den zulässigen Vortriebskräften gegenübergestellt. Genauso erfolgt die Darstellung der tatsächlich erzeugten Fugenabwinklungen in Echtzeit und die entsprechende Gegenüberstellung der zulässigen Abwinklungen.

Das Verhalten des CoJackHydra-Schlauchs bei Kurvenfahrt ist in der Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3a: Verhalten des CoJackHydra-Schlauchs bei geradem Vortrieb [Grafik: visaplan GmbH]

Abbildung 3b: Verhalten des CoJackHydra-Schlauchs bei Abwinklung der Vortriebsrohre (Kurve) [Grafik: visaplan GmbH]

Abbildung 3c: Verhalten des CoJackHydra-Schlauchs bei Abwinklung der Vortriebsrohre (Gegenkurve) [Grafik: visaplan GmbH]

Bei einer idealen Geradeausfahrt (Abbildung 3a) ohne Abwinklung in der Rohrfuge bleibt der Schlauch in Abhängigkeit von der in der Statik festgelegten Füllmenge rundum gleichmäßig verformt. Der Wasserdruck im Schlauch entspricht (näherungsweise) der Vortriebskraft geteilt durch die Kontaktfläche, wobei die Breite der Kontaktfläche vom Schlauchdurchmesser und von dem in den Schlauch eingefüllten Wasservolumen abhängt. Die genauen mathematischen Beziehungen werden in Abhängigkeit vom Schlauchmodell vortriebsspezifisch in der zugehörigen Statik dargestellt.

Durch die sehr hohe Dehnsteifigkeit des Schlauches bleibt der Schlauchumfang auch bei zunehmender Vortriebskraft und damit zunehmenden Innendruck im Schlauch praktisch unverändert, d.h. die Fuge wird nicht zusammengedrückt und die Kontaktfläche zwischen Schlauch und Rohrspiegel bleibt ohne Abwinklung gleich.

In einer Kurve (Abbildung 3b) d.h. bei einer Abwinklung der Rohrverbindung und entsprechend ungleichmäßigen Fugenspaltweiten wird der Schlauch in der Innenkurve stärker zusammengedrückt als in der Außenkurve. Da das Volumen des Wassers im Schlauch aber konstant bleibt, entsteht zwangsläufig eine Umverteilung des Wassers in Ring- bzw. Umfangsrichtung. Das bei einer stärkeren Ovalisierung überschüssige Wasser wird verdrängt und fließt ungehindert auf die gegenüberliegend aufgehende (aber nie klaffende) Seite.

Bei einer Gegenkurve (Abbildung 3c) entsteht eine spiegelbildliche Situation, wobei sich die  Wasserfüllung wiederum umverteilt. Infolge der geringen Viskosität von Wasser sowie wegen der nur geringen Exzentrizität des Kontaktflächenschwerpunktes entstehen bei diesem Vorgang kaum zusätzliche Kräfte; der Verdrehungswiderstand ist gering.

Bei einer anschließenden (idealen) Geradeausfahrt (Abbildung 3a) kehrt der Schlauch wieder in seinen Ausgangszustand zurück, wobei die Exzentrizität und die Vortriebskraft rückstellend wirken. Die Ovalisierung entspricht selbst nach mehreren S-Kurven der des Ausgangszustandes.

Damit steht im Gegensatz zu den konventionellen Druckübertragungs­ringen z.B. aus Holz, die stets als Festkörper mit elastischen und plastischen Werkstoffeigenschaften zu betrachten sind, auch nach zahlreichen Lastwechseln die bei Vortriebsbeginn eingestellte Kontaktfläche und damit dieselbe maximale Vortriebskraft zur Verfügung.

Abbildung 4: Der Hydraulikschlauch des Systems CoJackHydra im Eingebauten Zustand [Foto: TuSo GmbH]

Auch ein weiteres Phänomen trägt in einem erheblichen Ausmaß an der besonderen Eignung des Hydraulikschlauchs als Druckübertragungsmittel beim Rohrvortrieb bei. Interessanterweise steigt der Wasserdruck linear mit der Vortriebskraft, er ist aber nur geringfügig abhängig von der Fugenabwinklung. Für die Praxis bedeutet dies, dass Kurven und sogar S-Kurven bis zu einer definierten Grenze mit nahezu derselben Vortriebskraft aufgefahren werden können wie die gerade Strecke.

Darüber hinaus steigt die Sicherheit während des Vortriebs, da die Sensibilität des Vortriebs gegenüber unerwarteten Steuerbewegungen um ein Vielfaches kleiner ist als bei einer konventionellen Fugenkonstruktion mit einer Spanplatte.

Der zentrale Vorteil von CoJackHydra gegenüber der „Holzfuge“ liegt in der Nutzung höherer zulässiger Vortriebskräfte in Strecken mit Kurven, insbesondere wenn sich mehrere Kurven aneinanderreihen. Daraus lassen sich zahlreiche Kriterien ableiten, die den Vortrieb wirtschaftlicher und sicherer machen:

  • Planbarkeit von langen Vortriebsstrecken mit mehreren Kurven
  • Flexible Linienführung mit beliebig vielen Kurven
  • Einsparung von Baugruben durch Verlängerung der Vortriebsstrecken
  • Erhöhung der Rohrlängen (Einsparung von Rohrverbindungen)
  • Reduzierung der Anzahl der Zwischenpressstationen
  • Höhere Vortriebsgeschwindigkeit durch seltenere Nutzung von Zwischenpressstationen
  • Höhere Reserven bei unerwartet großen Vortriebswiderständen
  • Höhere Reserven bei unplanmäßig großen Steuerbewegungen

Insbesondere der letztgenannte Punkt kann einen unschätzbaren Vorteil gegenüber dem Druckübertragungsring aus Spanplatte bedeuten. Gelegentlich entsteht bei der Auffahrung einer Vortriebsstrecke eine unerwartet starke Abwinklung. Die Gründe für einen solchen „Knick“ sind vielfältig; er ist trotz aller Sorgfalt auch von erfahrenen Vortriebsfirmen nicht immer zu vermeiden.

Insbesondere über eine längere Strecke vorbelastete Spanplatten können in solchen Fällen vielfach nicht mehr die erforderliche Lastverteilungswirkung bereitstellen, so dass die zulässige Vortriebskraft so weit absinkt, dass der Vortrieb nicht fortgesetzt werden kann. Finanzielle Katastrophen dieser Art lassen sich durch die hydraulische Fuge des Systems CoJackHydra von vorne herein vermeiden.

Den Schlauch stören größere Abwinklungen (bis zu der vorab eingestellten Grenze) überhaupt nicht, so dass der Vortrieb nicht nur fortgesetzt werden kann, sondern sogar kaum Einschränkungen hinsichtlich der Vortriebskraft oder des Dehnereinsatzes hinnehmen muss. Vielmehr kommt es in einer solchen kritischen Situation mit Erreichen der maximalen Abwinkelbarkeit einzelner Fugen zu einer Übertragung des noch „fehlenden“ Fugenwinkels auf die benachbarten Fugen.

Außerdem verfügen die Fugenringe bei maximaler Abwinkelung und der dafür zulässigen Vortriebskraft über eine tatsächlich vorhandene Sicherheit von mindestens 50% bis zum Platzen des Schlauches, die im „Notfall“ und bei entsprechend sensibler Fahrweise des Vortriebs (unter Aufsicht) teilweise für eine größere Vortriebskraft genutzt werden kann und dies, ohne die deutlich größere Sicherheit bei der Rohrbeanspruchung zu gefährden.

3 CoJackHydra - Einsatz in Burscheid

Im Rahmen der Baumaßnahme „B51 Ortsdurchfahrt Hilgen, Los 2“ in Burscheid war zwischen den Baugruben VTDS und VTZ-SS ein knapp 150 m langer Kurvenvortrieb mit Stahlbetonrohren DN/ID 2000 unter der extrem stark befahren Kölner Straße (B51) im Ortsteil Hilgen aufzufahren. Wegen des verkehrstechnisch sehr sensiblen Umfelds kam die Hydraulische Fuge des Systems CoJackHydra zum Einsatz.

Lediglich die letzten 8 Rohre, die ihre Endlage bereits vor der Kurve erreichten, wurden mit einer konventionellen OSB-Platte ausgerüstet. Obwohl die 89 m lange Kurve mit einem Radius von 400 m rechnerisch mit konventioneller Fugentechnik und einer OSB-Platte hätte aufgefahren werden können, hat sich die Stadt Burscheid für CoJackHydra entschieden, um ein Höchstmaß an Sicherheit zu erreichen.

Die statische Berechnung für die Einwirkungen in Richtung der Rohrachse (zur Ermittlung der zulässigen Vortriebskraft) wurde in enger Anlehnung an das DWA-Arbeitsblatt A 161 (März 2014) aufgestellt. Die in diesem Regelwerk für die Hydraulische Fuge genannten Anforderungen wurden natürlich vollständig erfüllt. Darüber hinaus enthält die Statik die detaillierten Nachweise der Tragfähigkeit des Schlauchs insbesondere hinsichtlich der einzelnen Geflechtlagen (Bewehrung des Schlauchs) unter den auftretenden Einwirkungen inklusive dem Bruchnachweis für die 0,3 mm dicken Einzeldrähte [7].

Zum Einsatz kam ein Schlauch DN51 mit einem Außendurchmesser von 68,6 mm und einer Wanddicke von 8,7 mm. Das Wasservolumen wurde so festgelegt, dass das Spaltmaß der nicht abgewinkelten Fuge 29 mm betrug und eine Kontaktflächenbreite zwischen Gummi und Beton von 62 mm erzeugte. Bei einer maximalen Abwinklung gemäß DWA-A 161 von φges = 0,62°  schließt sich die Fuge unabhängig von der Vortriebskraft auf minimal 16,1 mm während sie sich auf der gegenüberliegenden Seite auf 44,7 mm erhöht.

Abbildung 5: Zulässige Vortriebskraft von CoJackHydra in Abhängigkeit von der Abwinklung beim Einsatz in Burscheid. [Grafik: S & P Consult GmbH]

Ein Klaffung der Fuge, d.h. ein bereichsweises Abheben des Schlauchs von den Betonspiegeln wird bei CoJackHydra grundsätzlich nicht zugelassen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Schlauch, sollte er seine Solllage verlassen und sich verschieben, seine Aufgabe nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen kann. Die Abbildung 5 zeigt den sehr geringen Einfluss der Abwinklung auf die zulässige Vortriebskraft. Ausgehend von ideal parallelen Rohrspiegeln (Abwinklung 0°) muss die Vortriebskraft lediglich um 3% abgesenkt werden, um durch die Kurve mit einem Radius von 400 m zu fahren, wobei sogar alle Steuer- und Fertigungstoleranzen gemäß DWA-A 161 eingerechnet sind.

Im Vergleich dazu wären bei der Verwendung einer 30 mm dicken OSB-Platte die tatsächlichen Fugenspalte von der Historie der Abwinklungen und Vortriebskräfte abhängig gewesen, wobei bei gleicher Fugenabwinklung und großräumiger Klaffung deutlich größere Fugenspalte von bis zu 51,7 mm nicht auszuschließen gewesen wären. Ohne die Sicherheit zu reduzieren, hätten die Stahlführungsringe beim Schlauch somit 7 mm kürzer ausgeführt werden können. Dies wurde aber nicht im Sinne einer Einsparung ausgenutzt, sondern stattdessen die zusätzliche Länge des Stahlführungsrings als stille Reserve angesehen.

Abbildung 6: Vergleich der zulässigen Vortriebskraft in Abhängigkeit von der Fugenabwinklung. [Grafik: S & P Consult GmbH]

In ähnlicher Weise wurden bei diesem sensiblen Vortrieb die besseren Kraftübertragungseigenschaften von CoJackHydra vorwiegend zur Erhöhung der Sicherheit und nicht nur zur Erhöhung der planmäßigen Vortriebskraft genutzt. Wie die Abbildung 6 deutlich zeigt, ist bei geringen Fugenabwinklungen (gerade Strecke) die 30 mm dicke OSB-Platte sogar besser als CoJackHydra. Ab einer Abwinklung von 0,4° zeigt der Schlauch seine Stärke und erlaubt bei einem planmäßigen Radius von 400 m  bereits eine um 46% höhere Vortriebskraft, wenn die Toleranzen bei Steuerung des Vortriebs und bei der Rohrfertigung entsprechend dem Regelwerk berücksichtigt werden.

Maßgebend für die zulässige Vortriebskraft eines konkreten Vortriebs sind natürlich die Rohrbeanspruchungen bei den größten Abwinklungen; maßgebend für die statische Sicherheit ist somit die Sensibilität der Rohrbeanspruchung hinsichtlich einer Überschreitung der Grenzwerte für die Abwinklungen. Die entscheidende Größe ist somit nicht nur das absolute Niveau der zulässigen Vortriebskraft (dies lässt sich aus der Statik ablesen), sondern die Steigung der Kurve im sensiblen Bereich.

Ein Vergleich der Kurven in der Abbildung 6 zeigt, dass im entscheidenden Bereich der maximalen Abwinklung CoJackHydra im Vergleich zur OSB-Platte nicht nur eine um 46% höhere Vortriebskraft erlaubt, sondern auch eine fast horizontale Tangente aufweist und somit gegenüber unplanmäßig starken  Steuerbewegungen unempfindlicher ist.

Darüber hinaus zeigt die Abbildung 6 zusätzlich (blau gestichelt) die Situation, wenn die Vortriebstrasse mehr als eine Kurve (beispielsweise  eine S-Kurve) aufweist. Bei unverändertem Kurvenradius von 400 m für beide Bögen sinkt die zulässige Vortriebskraft gemäß dem Arbeitsblatt A 161 bei Verwendung der OSB-Platte noch einmal gewaltig ab, während CoJackHydra beliebig viele Kurven ohne Abminderung durchfahren kann.

In Burscheid blieben die tatsächlichen Steuerbewegungen im geplanten Rahmen und die zulässigen Vortriebskräfte für die Rohre wurden nicht einmal zur Hälfte genutzt, so dass die Rohrbeanspruchung stets extrem niedrig war. Die zulässigen Vortriebskräfte ergaben sich aus dem zulässigen Schlauchinnendruck von 20 MPa (200 bar) bei 1,5-facher Sicherheit gegen Platzen. Die hierbei zulässige Rohrbeanspruchung betrug aber 51 N/mm2 (510 bar) und bedeutet somit eine zusätzliche 2,5-fache Sicherheit für das Stahlbetonrohr, d.h. für das endgültige Bauwerk.

Eine Erhöhung der planmäßig zulässigen Vortriebskraft auf das nahezu Doppelte wäre durch die Verwendung eines zweiten konzentrischen Schlauchringes mit kleinerem Durchmesser problemlos möglich gewesen, ohne die Rohre an den maßgebenden Stellen höher zu beanspruchen. Darauf wurde im vorliegenden Fall allerdings verzichtet, da zum einen die übertragbare Vortriebskraft eines Schlauchringes vollkommen ausreichte und zum Zweiten das Widerlager für die Hauptpresse im Startschacht ohnehin nicht höhere Lasten aufnehmen konnte.

4 CoJackHydra - Baustellenerfahrung in Burscheid

Der Einbau der Schläuche auf der Baustelle in Burscheid gestaltete sich denkbar einfach, da bei CoJackHydra nicht nur die Rohre, sondern auch die Schläuche bereits nahezu vollständig vorgefertigt angeliefert werden. Die Vortriebsrohre unterscheiden sich von den Standardvortriebsrohren lediglich durch eine Vertiefung im Rohrspiegel der Muffe, die Platz für die Armaturen des Schlauchs bietet und vorzugsweise im Scheitel angeordnet ist.

Die Schläuche von CoJackHydra werden grundsätzlich bereits mit der korrekten Wassermenge ohne Luftanteil (drucklos) gefüllt und mit kleinen Endarmaturen verschlossen auf der Baustelle angeliefert. Da die Schläuche gewickelt bzw. als Ringbund transportiert werden, erfolgt die Verbindung der Endarmaturen vor Ort.

Abbildung 7: Zusammenfügen der beiden Schlauchenden auf der Baustelle [Foto: S & P Consult GmbH]

Abbildung 8: Verbundene Schlauchendverschlüsse mit Koppelring und Dorn. Deutlich sichtbar ist der wesentlich kleinere Durchmesser der Stahl-Presshülsen im Vergleich zum Schlauch [Foto: S & P Consult GmbH]

Abbildung 9: Styropor-Klötzchen zur Lagesicherung des Schlauchs [Foto: S & P Consult GmbH]

Abbildung 10: Styropor-Klötzchen zur Lagesicherung des Schlauchs [Foto: S & P Consult GmbH]

Dazu müssen lediglich die beiden Endverschlüsse in ein spezielles Kopplungselement gesteckt und mit Splinten gesichert werden. Dies ist aus statischer Sicht vollkommen ausreichend, da die mechanische Verbindung im späteren Betrieb lediglich Kontaktdruckkräfte übertragen und nur gegen Verschieben gesichert sein müssen. Eine hydraulische Verbindung ist (bei nur einem Schlauchring) nicht erforderlich wurde somit auch nicht hergestellt.

In der Abbildung 7 baut  das Baustellenpersonal gerade die beiden Schlauchenden mit dem mitgelieferten Werkzeug innerhalb weniger Minuten zusammen. Die Abbildung 8 zeigt die über das Koppelelement mit Dorn zusammengefügten Schlauchenden. Deutlich sichtbar ist der wesentlich kleinere Durchmesser der Stahl-Presshülsen im Vergleich zum Schlauch.

Abbildung 11: Auf dem Rohrspiegel fertig positionierter Schlauch [Foto: S & P Consult GmbH]

In einem zweiten Arbeitsgang wird der Schlauchring aufgestellt und in das Muffenende eingeführt. Die korrekte Orientierung des Schlauchringes und die Positionierung der Schlauchverbindung in der Vertiefung des Rohrspiegels gewährleistet der Dorn am Koppelelement, der in die werksseitig vorbereitete Bohrung eingeschoben wird (s. Abbildung 9). Die Lagesicherung erfolgt ohne Klebstoff oder Schrauben lediglich mit ca. 10 mitgelieferten kleinen Klötzchen aus Styropor, die umlaufend zwischen Stahlführungsring und Schlauch eingeklemmt werden (s. Abbildung 10).

Der gesamte Befestigungsvorgang des Schlauchrings im Rohr dauerte allenfalls zwei Minuten und erfolgte vorzugsweise in der Startgrube beim Einbau eines weiteren Rohres. Danach ist der Schlauchring so fest in der Muffe arretiert, dass seine Lage beim Einschieben des Folgerohres stets gesichert ist. Während des Vortriebs ist der Ring ohnehin dauerhaft über den gesamten Umfang zwischen den Rohrspiegeln eingeklemmt.

Abbildung 12: Der eingebaute CoJackHydra-Schlauch. [Foto: S & P Consult GmbH]

Die Bauleiter der ausführenden Firma Bernhard Heckmann GmbH & Co. KG aus Hamm, Herr Kositzki und seine Mannschaft vor Ort waren von dem einfachen Einbau der hydraulischen Fuge des System CoJackHydra begeistert. Es musste nichts zeitraubend geschraubt oder geklebt werden. Auch nach Abschluss der Vortriebsarbeiten entfallen bei CoJackHydra jegliche Nacharbeiten. Ein lästiges und bei der Mannschaft sehr unbeliebtes Zurückschneiden nach innen hereinragender Endarmaturen des Schlauchs entfällt bei CoJackHydra vollkommen.

Wie die Abbildung 9 und die Abbildung 11 zeigen erstreckt sich die Vertiefung im Rohrspiegel für die Schlaucharmaturen nur auf den äußeren Bereich, allerdings mit einem definierten Abstand zum Stahlführungsring. Die innere Hälfte des Rohrspiegels ist eben und kann bei Bedarf nachträglich mit einem inneren Fugenverschluss versehen werden. Alternativ kann auch der Schlauch diese Funktion übernehmen, indem das Wasser an der ersten Fuge beginnend sukzessive aus den Schläuchen abgelassen wird, die Fugen nach und nach zusammengefahren werden. Die Schlauchwandung entwickelt dabei die gewünschte Dichtwirkung, wobei allenfalls im Bereich der Armaturen im Scheitel eine Nachverpressung erforderlich ist.

Überwachung des Vortriebs

Abbildung 13: Gemessene Fugenspaltdifferenzen zwischen den Kämpfern (horizontale Fugen-abwinklung) der drei Messfugen (durchgezogene Linien) und zulässige Fugenspaltdifferenzen (gestrichelte Linien) [Grafik: S & P Consult GmbH]

Während des Vortriebs wurden die Rohrbeanspruchungen kontinuierlich mit einer speziellen Variante von CoJack überwacht. In einem geschützten Bereich des Internets konnten mit der entsprechenden Zugangsberechtigung die tatsächlichen Vortriebskräfte und Fugenabwinklungen in Echtzeit beobachtet werden, die in grafischen Darstellungen den jeweils zulässigen Werten gegenübergestellt wurden. 

Die Abbildung 13 zeigt beispielhaft den Verlauf der gemessenen Fugenspaltdifferenzen zwischen den beiden Kämpfern (horizontale Fugenabwinklung) für jede der drei Messfugen (durchgezogene farbige Linien) und als Grenzwerte die zulässigen Fugenspaltdifferenzen (gestrichelte Linien).

Auf den ersten 22 Metern der Vortriebsstrecke waren die zulässigen Fugenspaltdifferenzen deutlich kleiner, da auf diesem Abschnitt auch die mit Spanplatten ohne CoJackHydra ausgestatteten Rohre geschoben wurden. Die dort gemessenen geringfügigen Überschreitungen der zulässigen Abwinklungen waren nicht schädlich, da die Vortriebskraft stets deutlich kleiner war als erlaubt.

5 Vorteile aus der Sicht des Bauherrn TWB

Die Technischen Werke Burscheid fordern grundsätzlich einen sehr hohen Qualitätsstandard bei den Baumaßnahmen ein. Zur Vorbereitung einer Maßnahme gehören dann neben vorhabenbezogener Fortbildung zum Beispiel auch die Kontrolle und Überwachung der Produktion der Fertigteile beim Hersteller.

Schüttgüter wie Sande und Schotter bestimmter Sieblinien werden neben gelieferten Rohrwerkstoffen oder anderen Kanalbauwerkstoffen, wie die Erfahrung zeigt, entsprechend der Anforderungen ebenfalls regelmäßig überprüft. Begleitende Untersuchungen und Kontrollen, wie durch die permanente Onlineüberwachung durch das System CoJack ermöglicht, ergänzen dann die Kontroll- und Überwachungsoptionen erheblich.

Diese hohen Anforderungen waren der Grund, weshalb sich die Abteilung Netzbetrieb, Erschließung, Kanal- und Straßenbau der TWB sich zusammen mit dem planenden Ingenieurbüro Gajowski für den Einsatz von CoJackHydra für den 3. Vortriebsabschnitt mit Kurve entschieden hat.

Für die Baufirma Bernhard Heckmann GmbH & Co. KG und insbesondere auch für den Bauherrn, den Technischen Werken Burscheid AöR (TWB) bedeutete der Einsatz von CoJackHydra eine erhebliche Minderung des Risikos einer Verzögerung oder eines Abbruch des Vortriebs und damit einer zusätzlichen Beeinträchtigung des Oberflächenverkehrs sowie des Wohn-und Geschäftsumfeld.

Alle Beteiligten stimmen aber darin überein, dass mit dem Einsatz einer permanenten Vortriebskontrolle, die das System CoJack sicherstellt und die durch das System CoJackHydra ermöglicht wird, die notwenigen hohen Anforderungen an die Qualität und Sicherheit beim Vortrieb ideal umgesetzt werden können. Die kontinuierliche Überwachung während des Vortriebes stellt damit einen wichtigen Baustein des Rohrvortriebsverfahrens dar.

6 Zusammenfassung

CoJackHydra eröffnet als optimierte Hydraulische Fuge mit kombiniertem Überwachungssystem einen erweiterten Einsatzbereich für den wassergefüllten Hydraulikschlauch als Druckübertragungsmittel beim Rohrvortrieb. Ein oder zwei ringförmige, konzentrisch zwischen den Rohrspiegeln angeordnete Schläuche ersetzen den konventionellen Druckübertragungsring aus Holz oder Spanplatte.

CoJackHydra ermöglicht starke Fugenabwinklungen ohne problematische Abminderungen der zulässigen Vortriebskraft, so dass der Vortrieb auch bei ungewollten Steuerbewegungen nicht eingestellt, sondern ohne nennenswerte Einschränkungen fortgesetzt werden kann.

Beim ersten harten Baustelleneinsatz in Burscheid zeigten sich zur Begeisterung der Baustellenmannschaft die großen Vorteile des einfachen Einbaus, da zeitraubendes Bohren, Schrauben oder Kleben sowie lästige Nacharbeiten nach Vortriebsabschluss gänzlich entfielen. Der Vortrieb gestaltete sich vollkommen problemlos, während CoJackHydra nicht nur der Vortriebsfirma, sondern auch dem Bauherrn ein Höchstmaß an Sicherheit bot.

Nun hat CoJackHydra den Praxistest bestanden und steht den zukünftigen Vortriebsmaßnahmen als Alternative zur konventionellen „Holzfuge“ zur Verfügung.


Literatur

[1] Stein, D.: Grabenloser Leitungsbau. Verlag Ernst & Sohn, Berlin 2003.
[2] Arbeitsblatt DWA-A 161, 2. Auflage vom März 2014, Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.
[3] Beckmann, D.; Stein, R.; Fabri, T., Uhlenbroch, A.: CoJack – A new statics method of computing and controlling pipe jacking. In: Tunneling and Underground Space Technology 22 (2007), Nr. 5 - 6, S. 587 – 599.
[4] Beckmann, D.: CoJack – Praktische Erfahrungen mit der statischen Online – Kontrolle bei Rohrvortriebsmaßnahmen. In: BFT – Betonwerk + Fertigteil-Technik (2006), Nr. 2, S. 90 – 91. Vorträge 50. Betontage Neu-Ulm 14.02. – 16.02.2006, Originalbeiträge.
[5] Beckmann, D.: CoJack – Praktische Erfahrungen mit der statischen Online – Kontrolle bei Rohrvortriebsmaßnahmen. In: tis Straßen- und Tiefbau (2006), Nr. 7 – 8, S. 42 – 45.
[6] Beckmann, D.; Stein, R.: Mathematische Simulation von Rohrbeanspruchungen bei schwierigen Vortriebsstrecken. In: Int. Soc. f. Trenchless Technology ISTT (Veranst.): NO DIG 2004 (Hamburg 2004). – Originalbeiträge.
[7] Bergemann, D.: Flexible Fugenringe mit Fluidfüllung für den Rohrvortrieb. bi umweltbau (2012), H. 5, S. 32–36

Autoren:

Dr.-Ing. Dietmar Beckmann, S & P Consult GmbH, Bochum
Dr.-Ing. Dieter Bergemann, Innovationen, Rosengarten
Dipl.-Ing. Frank Werner Grauvogel, Technische Werke Burscheid
Dipl.-Ing.(FH)  Kreutz, TuSo GmbH, Pulheim

Die Erstveröffentlichung dieses Artikels erfolgte in der bi -UmweltBau Nr. 5, Oktober 2015.

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