Sanierung von privaten Entwässerungsleitungen

29.11.2004

Was ist zu tun, wenn dem öffentlichen Abwassernetz Fremdwasser aus privaten Hausanschlüssen zufließt? Wie kann der Netzbetreiber dem meist überforderten Bürger bei privaten Planungs- und Sanierungsarbeiten helfen? Das IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur steht der Stadt Rheine bei Planung und Umsetzung ebensolcher Maßnahmen beratend zur Seite.

Viele Kommunen haben in der Vergangenheit feststellen müssen, dass eine Fremdwassersanierung nicht allein durch das Abdichten des öffentlichen Kanals zu erreichen ist. Meist fließt ein großer Anteil des Fremdwassers durch Undichtigkeiten der privaten Entwässerungsleitungen und durch Hausdränagen dem öffentlichen Kanalnetz zu.
Was ist in einem solchen Fall zu tun? Prinzipiell stehen die entsprechenden Rechtsmittel zur Verfügung, um eine Sanierung der privaten Leitungen durchzusetzen. In der Realität aber zeigt sich immer wieder, dass die Sanierung durch Einlage von Rechtsmitteln durch die betroffenen Bürger oftmals erheblich verzögert, wenn nicht sogar verhindert wird. Der Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürger ist die reine Fristsetzung ebenfalls nicht zuträglich.
Anders kann sich die Situation darstellen, wenn man dem Bürger sowohl eine Minderung der Kosten als auch der Verantwortung in Aussicht stellt. Dies kann erreicht werden, wenn der öffentliche Netzbetreiber die Koordinierung der Inspektion, Dichtheitsprüfung und anschließender Sanierung privater Leitungen für den Bürger übernimmt.
Auch für den öffentlichen Netzbetreiber selbst bietet dieses Vorgehen Vorteile. Er kann gezielt die Problemzonen in seinem Leitungsnetz angehen und vor allem seine Qualitätsansprüche geltend machen. Zusätzlich wird das Image der Verwaltung als kommunalem Dienstleister für den Bürger verbessert.
Durchgeführte Maßnahmenin der Stadt Rheine
Die Stadt Rheine hat die Möglichkeiten eines solchen Vorgehens erkannt und ist gewillt, ihren Bürgern unter die Arme zu greifen. Um erste Erfahrungen bei der Umsetzung solcher gebündelter Maßnahmen zu sammeln, führte sie ein Modellprojekt in einem Stadtteil durch. Insgesamt 163 Besitzern von fremdwasserbelasteten Hausanschlüssen wurde die Unterstützung bei der Inspektion sowie der Planung und Umsetzung von notwendigen Sanierungsmaßnahmen angeboten. Das IKT? Institut für Unterirdische Infrastruktur begleitete das Vorhaben und stand der Stadt Rheine beratend und unterstützend zur Seite.

Im Folgenden werden die Ergebnisse des Vorhabens dargestellt. Auf der Basis der gesammelten Erfahrungen werden Hinweise zu einem sinnvollen Vorgehen bei der Koordinierung von Planungs- und Sanierungsmaßnahmen an privaten Abwasserleitungen unter dem besonderen Ziel der Fremdwasserverminderung gegeben.
Bürgerbeteiligung
Ca. 18 % der Grundstückseigentümer, bei denen ein Fremdwasserzulauf bei der Inspektion des öffentlichen Kanals festgestellt worden war, wünschten eine Koordinierung der Sanierungen durch die Stadt Rheine. Ein fast ebenso großer Prozentsatz, nämlich ca. 15 %, wurde nach den von der Stadt Rheine koordinierten TV-Untersuchungen selber tätig und beauftragte eigenständig die Sanierung der Entwässerungsanlagen. Bei ca. einem Drittel der Grundstückseigentümer (ca. 31 %) wurden die Leitungen nach TV-Inspektion als dicht befunden und kein weiterer Handlungsbedarf festgestellt. Bei etwas mehr als einem Drittel der Grundstückseigentümer (ca. 36 %) war die Ausstellung von Verfügungen notwendig, um eine Sanierung der privaten Leitungen durchzusetzen.
Untersuchungs- und Sanierungsumfang
Speziell bei den hohen Grundwasserständen in Teilbereichen des Stadtgebiets Rheine ist die alleinige Sanierung der Hausanschlussleitungen kein geeignetes Mittel zur erfolgreichen Verringerung der Fremdwasserzuflüsse in die öffentliche Kanalisation. Vielmehr ist eine Untersuchung und u.U. die Sanierung des kompletten privaten Abwassernetzes erforderlich.Dafür ist in der Regel eine Kombination von mehreren Sanierungsverfahren notwendig. Hier wurden Schlauchlinersanierungen, der Einsatz von Kurzlinern, eine Neuverlegung von Teilstrecken in den Kellern der Gebäude oberhalb der Bodenplatte sowie eine Neuverlegung von Leitungsstrecken im Außenbereich der Gebäude kombiniert. Die Verfahren wurden unter wirtschaftlichen und technischen Aspekten sowie unter Berücksichtigung der Wünsche der Anwohner ausgewählt.
Sanierungserfolg
Die abschließend durchgeführten Dichtheitsprüfungen bestätigten die Dichtheit der sanierten privaten Entwässerungsanlagen. Bei einer abschließenden Befragung konnte die Zufriedenheit der teilnehmenden Grundstückseigentümer festgestellt werden.
Bürgerberatung/Öffentlichkeitsarbeit
Für eine erfolgreiche Durchsetzung von Sanierungsmaßnahmen an privaten Abwasserleitungen ist eine intensive Bürgerbetreuung notwendig. Diese beinhaltet einen zielführenden Schriftverkehr und persönliche Gespräche während der Planungs- und Sanierungsphase. Speziell zu Beginn der Maßnahmen muss viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Um die Zufriedenheit der Bürger sicherzustellen, sollte bei der Sanierungsplanung auf die individuellen Bedürfnisse der Bewohner eingegangen werden. Öffentlichkeitsarbeit wie z.B. die Veröffentlichung von Artikeln in der lokalen Presse, kann die Akzeptanz für die Maßnahmen erhöhen.
Kosten
Eine Einbeziehung der vor und während der Sanierungsmaßnahmen entstehenden Beratungs- und Planungskosten sowie der Sanierungsmaßnahmen selbst in die Abwassergebühr ist mit rechtlichen Risiken verbunden. Es empfiehlt sich, entsprechende Vereinbarungen mit dem jeweiligen Grundstückseigentümer zu treffen und vertragliche Regelungen zwischen der Stadt und dem Bürger zur Übernahme der entstehenden Kosten zu treffen. Es zeigte sich, dass betroffene Grundstückseigentümer i.d.R. erst zur Unterschrift einer Kostenübernahmeerklärung bereit sind, wenn sich diese auf eine zuverlässige Kostenschätzung bezieht.

Die Kosten für eine TV-Inspektion und Reinigung der Hausanschlussleitung und der Hauptleitungsstrecke im Grundleitungsbereich ausgehend vom Revisionsschacht auf den Grundstücken lagen durch die Sammelbeauftragung bei ca. 100 €. Um die TV-Inspektionen zukünftig als konkrete Planungsgrundlage im Fall der Sanierungsnotwendigkeit der Entwässerungsleitungen besser nutzen zu können, sollen bei den Inspektionen Protokolle gemäß ATV-M 143 angefertigt werden. Aufgrund des erhöhten Gesamtaufwands für diese Untersuchungen ist für die Zukunft von einer höheren Kostenpauschale auszugehen. Für eine erste Abschätzung der reinen Sanierungskosten (ohne Planungs- und Beratungskosten) bietet sich eine Unterteilung in verschiedene Entwässerungsnetztypen an (siehe Tabelle 1). Ausgehend von den Erfahrungen liegen die Kosten je nach Netztyp zwischen 1.000 € und 5.500 €.
Personalaufwand
Der Personalaufwand für die komplette Bearbeitung eines Grundstücks ist hoch, der ungefähre Zeitbedarf pro Grundstück, bei dem Sanierungsarbeiten anfallen, liegt für den planenden Ingenieur bei ca. 16,5 h. Es kann davon ausgegangen werden, dass einem Ingenieur innerhalb eines Jahres die Bearbeitung von ca. 105 Grundstücken möglich sein wird. Allein durch das vorhandene Personal der Stadt Rheine ist eine Umsetzung der Maßnahmen im gesamten Stadtgebiet von Rheine nicht zu leisten. Alle planerischen Tätigkeiten bis auf den offiziellen Schriftverkehr, die Ausstellung der Dichtheitsbescheinigungen und die Ausschreibung und Vergabe der Arbeiten sollen daher an qualifizierte Ingenieurbüros vergeben werden.
Umsetzung im gesamten Stadgebiet
Für die Umsetzung der Maßnahmen auch in anderen Stadtgebieten von Rheine kann ein Vorgehen in mehreren Einzelschritten als zielführend angesehen werden (siehe Bild 2).
Rechtlicher Hintergrund
In diesem Kapitel sollen Antworten auf die folgenden Fragengegeben werden:
  • Muss der öffentliche Netzbetreiber Fremdwasser ableiten?
  • Welche rechtlichen Möglichkeiten hat er, Fehlanschlüsse zu unterbinden?
  • Können TV-Inspektionen aus dem öffentlichen Kanal heraus für Sanierungsverfügungen genutzt werden?
  • Dürfen die Planungs- und Beratungskosten vor und während der Sanierungsmaßnahmen in die Abwassergebühr eingerechnet werden?
Muss der öffentliche Netzbetreiber Fremdwasser ableiten?
Fremdwasser gilt vor dem Hineingelangen in die öffentliche Abwassereinrichtung nicht als Abwasser. Dementsprechend ist die Stadt Rheine auch nicht verpflichtet, das Fremdwasser abzuleiten.
Umgekehrt kann aber auch kein Anschluss- oder Benutzungszwang angeordnet werden, wenn sich die Stadt Rheine entschließen sollte, für die Ableitung des Fremdwassers eine spezielle "Fremdwasserkanalisation" zu bauen. Nur wenn sich Grundstückseigentümer von selbst dazu entschließen, solch eine Fremdwasserkanalisation zu nutzen und einen Anschluss von z.B. vorhandenen Drainageleitungen vorzunehmen, können auch Gebühren erhoben werden.
Welche rechtlichen Möglichkeiten hat der öffentliche Netzbetreiber, Fehlanschlüsse zu unterbinden?
Wegen des oben genannten Sachverhaltes kann die Stadt Rheine die Einleitung von Fremdwasser in die öffentliche Kanalisation mit einem entsprechenden Eintrag in der Entwässerungssatzung - unabhängig von baurechtlichen Vorschriften - verbieten.
Durch dieses satzungsrechtliche Verbot kann die Stadt Rheine Verwaltungsakte zur Untersagung der Einleitung von Fremdwasser erlassen. Auch wenn noch keine satzungsrechtlichen Änderungen vorgenommen worden sind, können entsprechende Sanierungsverfügungen erlassen werden, diese müssen nur inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies ist z.B. bereits dann erfüllt, wenn die Stadt Rheine dem Grundstückseigentümer den Zufluss von Grundwasser in die öffentliche Kanalisation untersagt.
Übrigens besteht auch die Möglichkeit, eine Sanierungsverfügung für sofort vollziehbar zu erklären. Dadurch kann verhindert werden, dass die Sanierungsarbeiten durch den Widerspruch eines Grundstückseigentümers verzögert werden.
Im Einzelfall, z.B. wenn steigende Grundwasserstände die Gebäudesubstanz gefährden und keine alternative Ableitung für das Grundwasser gefunden werden kann, ist es auch möglich, eine Benutzungsgebühr für die Einleitung von Fremdwasser in die öffentliche Abwassereinrichtung zu verlangen. Durch einen entsprechend hohen Gebührensatz kann die Einleitung von Fremdwasser so unattraktiv für die Grundstückseigentümer gestaltet werden, dass diese Lösung nur als letzter Ausweg angesehen wird.

Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass die Drainage durch undichte Leitungen keinen rechtmäßigen Zustand darstellt. Durch eine Sanierung des Abwasserkanals wird nur der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt. Daher haben die Grundstückseigentümer in Rheine auch keinen Anspruch aus Amtshaftung, falls das Grundwasser nach den Sanierungen soweit ansteigen sollte, dass es in die Keller der Grundstückseigentümers eindringt und diese überschwemmt.
Können TV-Inspektionen aus dem öffentlichen Kanal heraus für Sanierungsverfügungen genutzt werden?
Die Stadt Rheine kann TV-Inspektionen des privaten Entwässerungsnetzes, die aus dem öffentlichen Kanal heraus vorgenommen worden sind, als Grundlage für Sanierungsverfügungen benutzen. Hier gilt das Betretungsrecht der Stadt Rheine. Auch wenn es bei der Kamerabefahrung versäumt wurde, die Grundstückseigentümer zu informieren oder aber wenn vor der Befahrung niemand angetroffen wurde, dürfen die aufgezeichneten Ergebnisse verwendet werden.

Dürfen die Planungs- und Beratungskosten vor und während der Sanierungsmaßnahmen in die Abwassergebühr eingerechnet werden?
Durch eine Einrechnung der Sanierungskosten inkl. der Beratungskosten und des Personalaufwandes in die Abwassergebühr würde eine koordinierte Abwicklung der Sanierung von privaten Leitungen wesentlich vereinfacht werden. So würde z.B. die Hürde entfallen, jeden einzelnen Grundstückseigentümers mit den (teilweise sehr hohen) Kosten zu konfrontieren.
Die Einrechnung der Kosten in die Abwassergebühr ist jedoch in NRW mit erheblichen Risiken verbunden. Daher empfiehlt es sich, entsprechende Vereinbarungen mit dem jeweiligen Grundstückseigentümer zu treffen.In der Stadt Rheine wurden vertragliche Regelungen zwischen der Stadt und dem jeweiligen Grundstückeigentümer zur Übernahme der entstehenden Beratungs-, Planungs- und Sanierungskosten getroffen.
Bürgerkontakt
In dem folgenden Kapitel geht es um den Kontakt mit den Grundstückseigentümern bei der Prüfung und Sanierung von privaten Entwässerungsleitungen mit folgenden Fragestellungen:
  • Welche Beratungsleistungen erwartet der Grundstückseigentümer?
  • Wie konkret müssen die Kosten im Vorfeld abgeschätzt werden?
  • Wie intensiv sollte der Eigentümer in die Sanierungsplanung einbezogen werden?
Welche Beratungsleistungen erwartet der Grundstückseigentümer?
Nachdem die Stadt Rheine alle 163 Anwohner, deren Hausanschlüsse offensichtlich Fremdwasser einleiteten, angeschrieben und aufgefordert hatte, den Missstand abzustellen, ging eine wahre Lawine an Telefonaten bei der Stadt ein. Viele Bürger wollten weitere Informationen und waren mit der Forderung der Stadt nicht einverstanden.
Schnell wurde klar, dass eine Umsetzung der Maßnahmen allein durch eine behördliche Fristsetzung ohne weitere Hilfestellung wahrscheinlich nicht in der erforderlichen Qualität möglich ist. Daher wurden die Grundstückseigentümer umfassend über die Notwendigkeit der Sanierung und Sanierungsmöglichkeiten aufgeklärt:
  • Als erstes wurden dazu Briefe an die betroffenen Grundstückseigentümer verschickt, um grundsätzlich über die Problematik aufzuklären.
  • Unterstützend wurden Zeitungsartikel in der lokalen Presse veröffentlicht, die auf die Vorteile bei einer Bearbeitung durch den öffentlichen Netzbetreiber hinweisen.
  • Trotzdem kam man um weiteren Beratungsaufwand nicht herum: Viele der Grundstückseigentümer konnten nur durch persönliche Vor-Ort-Termine mit dem bearbeitenden Ingenieurbüro von der Notwendigkeit einer Sanierung ihrer Leitungen überzeugt werden.
Die Notwendigkeit eines persönlichen Gespräches war unübersehbar. Trotz der bereits per Brief erfolgten Vorab-Informationen und der veröffentlichten Zeitungsartikel mussten bei den persönlichen Gesprächen zuerst einmal grundlegende Vorurteile wie z.B.:
"Die Überlastung des Pumpwerkes stammt bestimmt nicht von dem bisschen Wasser, das aus unserem Anschluss läuft" oder
"Die Stadt hat noch zusätzliche Neubaugebiete an die alte Kanalisation angeschlossen, so ist es doch klar, dass die Kapazität nicht mehr ausreicht" oder
"Die Stadt soll erst mal sehen, dass sie ihre eigenen Kanäle dicht macht und nicht sofort dem Bürger alles auflasten" entkräftet werden.
Wie konkret müssen die Kosten im Vorfeld abgeschätzt werden?
Damit die Kostenübernahmeerklärungen von den Grundstückseigentümern unterschrieben wurden, mussten die Kosten der kompletten Sanierung auf dem Grundstück relativ genau abgeschätzt werden. Es reichte nicht aus, die Kosten nur ungefähr zu überschlagen.
Nur fünf von insgesamt 41 Grundstückseigentümern erklärten sich bei den ersten Vor- Ort- Gesprächen bereit, ohne Kenntnis der genauen Sanierungskosten eine Kostenübernahmeerklärung zu unterzeichnen. Erst nachdem die Kosten für jedes einzelne Grundstück kalkuliert worden waren, unterschrieb ein Großteil der Grundstückseigentümer die Kostenübernahmeerklärung.
Als Orientierungshilfe für das zukünftige Vorgehen in Rheine konnten durchschnittliche Kostenpauschalen für die Sanierung verschiedener Entwässerungsnetztypen ermittelt werden. Diese Kostenpauschalen können dann aufgrund einer Ortsbegehung weiter konkretisiert werden, so dass es auch ohne jeweilige Einzelkalkulation möglich sein wird, die Sanierungskosten relativ genau einzugrenzen.
Wie intensiv sollte der Eigentümer in die Sanierungsplanung einbezogen werden?
Bei den persönlichen Gesprächen hörten die Grundstückseigentümer sehr interessiert zu, als ihnen erklärt wurde, was durch die undichten Leitungen verursacht werden kann und welche Sanierungsmöglichkeiten grundsätzlich zur Verfügung stehen. Fotos von defekten Rohrleitungen und fertigen Sanierungen waren dabei sehr hilfreich. Relativ schnell war den Grundstückseigentümern klar, welche Sanierungsmethode für sie in bestimmten Bereichen des Hauses zum Einsatz kommen sollte. Einige schlugen von sich aus vor, im Keller installierte Entwässerungsgegenstände wie z.B. Bodeneinläufe oder Toiletten nicht mehr zu nutzen. Dadurch konnten teilweise ganze Bereiche der Entwässerung aufgegeben werden, der Eigentümer sparte viel Geld.
Zustandserfassung und Prüfung
In diesem Kapitel geht es um die folgenden Fragestellungen:
  • Welche Methoden sollten zur grundstücksgenauen Eingrenzung von (potentiellen) Fremdwasserzuläufen wie eingesetzt werden?
  • Was ist bei der Zulassung von Sachkundigen zu beachten?
  • Wie kann eine Gleichbehandlung aller Grundstückseigentümer sichergestellt werden?
  • Wie können durch den geschickten Einsatz von Dichtheitsprüfungen Kosten bei der Sanierung eingespart werden?
  • Wie sollten die Sanierungsmaßnahmen abgenommen werden?
Welche Methoden sollten zur grundstücksgenauen Eingrenzung von (potentiellen) Fremdwasserzuläufen wie eingesetzt werden?
Um eine grundstücksgenaue Zuordnung von (potentiellen) Fremdwasserzuläufen vornehmen zu können, wurden in Rheine zwei verschiedene Kampagnen gestartet:
  • Zuerst wurden alle Grundstücke des betroffenen Stadtgebietes benebelt, um möglichst viele Fehlanschlüsse zu erfassen. Hierbei wurden bei ca. 6,5 % aller untersuchten Grundstücke Fehlanschlüsse entdeckt.
  • Nachdem den Anwohnern genügend Zeit für die Behebung der Missstände gegeben und die betroffenen Grundstücke nochmals mittels Benebelung überprüft worden waren, wurde eine TV-Befahrung des öffentlichen Kanals bei hohen Grundwasserständen durchgeführt. Dabei sollte der Kanal idealerweise während des nächtlichen Abflussminimums inspiziert werden, d.h. wenn wenig Schmutzwasserabfluss zu erwarten ist. Mit dieser Vorgehensweise war es möglich, aus insgesamt 505 Grundstücken 163 Fremdwassereinleiter herauszufiltern.
Empfehlenswert ist es nach Erfahrungen aus Rheine hierbei, bei festgestelltem Fremdwasserzufluss direkt auch eine kurze TV-Befahrung des Hausanschlusses durchzuführen. So kann den Grundstückseigentümern im Bedarfsfall der vorhandene Handlungsbedarf auf einfache Art und Weise verdeutlicht werden.
Was ist bei der Zulassung von Sachkundigen zu beachten?
Die Stadt Rheine hat die Anforderungen, die sie an eine Fachfirma für Dichtheitsprüfungen gemäß §45 BauO NW stellt, in ihrer Entwässerungssatzung definiert.
Dies birgt folgende Vorteile:
  • Erstens kann sichergestellt werden, dass die entsprechenden Firmen die notwendige Sachkenntnis und Gerätschaften für die Prüfungen an den privaten Abwasserleitungen besitzen.
  • Zusätzlich bleibt die Anzahl der Firmen, die Dichtheitsbescheinigungen ausstellen dürfen, überschaubar und damit die einzelnen Betriebe besser kontrollierbar.
Bei früheren Untersuchungen des IKT zeigte sich bereits, dass nur wenige der für die Untersuchungen eingesetzten Firmen trotz der Vorlage von Gütesiegeln tatsächlich hinsichtlich Personalqualifikation und Gerätetechnik in ausreichendem Maße auf die Verhältnisse im häuslichen Leitungsnetz vorbereitet waren. Daher sollten die Fähigkeiten der zu beauftragenden Firma z.B. über die Begutachtung von Referenzbaustellen oder im Idealfall auf einer Probebaustelle im zu inspizierenden Gebiet überprüft werden. Grundsätzlich bietet es sich an, die auszuführenden Arbeiten bereits im Vorfeld in einem persönlichen Gespräch genau zu definieren.
Auch nach der Zulassung sollte stichpunktartig die Qualität der ausgeführten Prüfungen kontrolliert und im Bedarfsfall auch die Zulassung wieder entzogen werden.
Wie kann eine Gleichbehandlung aller Grundstückseigentümer sichergestellt werden?
Um eine Ungleichbehandlung der Grundstückseigentümer zu vermeiden, sollte auf die folgenden Punkte geachtet werden:
  • Die Kommune sollte frühzeitig die Prüfmethoden festlegen, die sie zur Bescheinigung der Dichtheit der Leitungen zulassen will. Grundlage für die Festlegung der Prüfmethoden bietet in Nordrhein-Westfalen z.B. der §45 BauO NW, Absatz 6.
Grundstückseigentümer, die nicht an einer Kooperation zwischen Stadt und Bürger teilnehmen wollen, sollten ebenfalls die Dichtheit ihrer Leitungen mit der gleichen Prüfmethode nachweisen müssen. Natürlich sollten dabei auch die gleichen Anforderungen z.B. bzgl. der Abnahme durch ein Ingenieurbüro oder einen Mitarbeiter der Stadt wie bei einer koordinierten Umsetzung gelten.
Wie können durch den geschickten Einsatz von Dichtheitsprüfungen Kosten bei der Sanierung eingespart werden?
Wenn ein Hausanschluss als Fremdwassereinleiter identifiziert wurde und somit eine Sanierung unumgänglich wird, kann der Grundstückseigentümer durch eine kombinierte Durchführung von Dichtheitsprüfung und Sanierung viel Geld sparen:
  • Bei den TV-Untersuchungen zur Vorbereitung der Sanierung werden Drainagen etc. erkannt.
  • Vor der Sanierung können die von der Hauptleitung abzweigenden Leitungen durch eine einfache Wasserfüllstandsprüfung schnell auf ihre Dichtheit überprüft werden.
Mit diesem Vorgehen konnten die Sanierungsmaßnahmen an den Abwassernetzen auf den Grundstücken auf das wirklich Notwendige reduziert werden. Zusätzlich konnten so die Kosten für eine zusätzliche, separate Dichtheitsprüfungsmaßnahme inkl. Baustelleneinrichtung etc. eingespart werden.
Wie sollten die Sanierungsmaßnahmen abgenommen werden?
Grundsätzlich sollten bei der Abnahme von Sanierungsmaßnahmen eine TV-Befahrung der sanierten Bereiche mit einer Dichtheitsprüfung mit Wasser oder Luft kombiniert werden. Bei der Abnahme der Sanierungsarbeiten in Rheine wurde vorrangig darauf geachtet, dass die Funktionsfähigkeit der Leitungen ? die Ableitung des Abwassers - nicht beeinträchtigt war.
Geringe Faltenbildungen der Schlauchliner besonders in den Bereichen der Bögen wurden toleriert, da die komplette Vermeidung von Faltenbildungen unter den teilweise sehr beengten Platzverhältnissen in den Kellerräumen, dem Zugang über Revisionsöffnungen in Fallleitungen und den zumeist mehreren Bögen in den Leitungen kaum möglich erschien.
Auf eine Probenentnahme für Laborprüfungen wurde verzichtet, da sich kaum Möglichkeiten boten, diese Proben zu entnehmen und ausgehend von den zu erwartenden Belastungen der Schlauchliner außer der Dichtheit keine besonderen Anforderungen z.B. an die Tragfähigkeit der Schlauchliner gestellt wurden.
Sanierungsarbeiten
In diesem Kapitel geht es um die folgenden Fragestellungen:
  • Mit welcher Methodenkombination kann ein für alle Beteiligten erfolgreiches Ergebnis erzielt werden?
  • Wie können Sanierungen an privaten Entwässerungsleitungen effizient geplant werden?
  • Wie sollten die Sanierungen ausgeschrieben werden?
  • Worauf sollte bei der Firmenbeauftragung geachtet werden?
Mit welcher Methodenkombination kann ein für alle Beteiligten erfolgreiches Ergebnis erzielt werden?
Vor allem wenn die Reduzierung von Fremdwasser im Vordergrund steht, sollte bei der Sanierungsplanung das komplette private Entwässerungsnetz betrachtet werden. Hierfür kann in der Regel nicht auf ein einzelnes Sanierungsverfahren zurückgegriffen werden; vielmehr müssen mehrere Verfahren kombiniert werden.
Bei den in Rheine durchgeführten Sanierungen konnten sehr gute Ergebnisse mit einem kombinierten Einsatz von
  • Schlauchlinern,
  • Kurzlinern,
  • der Neuverlegung von Teilstrecken in den Kellern oberhalb der Bodenplatte und
  • der Neuverlegung von Leitungsstrecken in offener Bauweise im Außenbereich der Gebäude sowie
  • dem Verfüllen von nicht mehr benötigten Leitungsstrecken
erzielt werden.

Welche der oben genannten Verfahren letztendlich wo zum Einsatz kamen, hing auch von der Abstimmung mit den Grundstückseigentümern ab. So zeigte sich, dass z.B. neu verlegte Leitungen oberhalb der Bodenplatte nicht für alle Bewohner eine annehmbare Lösung darstellten. Grundsätzlich aber konnten mit den oben genannten Verfahren immer Lösungen gefunden werden, die sowohl die Grundstückseigentümer zufrieden stellten, als auch zu einem technisch und wirtschaftlich gutem Ergebnis führten.
Wie können Sanierungen an privaten Entwässerungsleitungen effizient geplant werden?
Gerade wenn nicht für alle Leitungen TV-Inspektionen vorliegen, hat es sich als sehr sinnvoll erwiesen, die erforderlichen Maßnahmen direkt in die bei der Ortsbegehung angefertigten Skizzen des Entwässerungsverlaufes einzuarbeiten. Auf diese Art und Weise konnten der ausführenden Fachfirma auch zusätzliche, für die speziellen Belange der Sanierung von privaten Entwässerungsleitungen notwendige Informationen gegeben werden; so z.B. welche Entwässerungsgegenstände abmontiert werden konnten, oder wo ein Wanddurchbruch erfolgen sollte.
Wie sollten die Sanierungen ausgeschrieben werden?
Während des Pilotprojektes wurde eine Sammelausschreibung für die Sanierungsmaßnahmen erstellt. Eine Aufsplittung der Ausschreibung für jedes Grundstück stellte sich als zu zeitintensiv heraus. Um den einzelnen Bürgern trotzdem konkrete Kosten nennen zu können, wurden die Kosten pro Grundstück zusätzlich ermittelt. Damit jeder Bürger nach Beendigung der Arbeiten auch wirklich nur die bei ihm angefallenen Arbeiten bezahlen musste, wurden die Aufmaße für jedes Grundstück einzeln von der ausführenden Firma vor Ort direkt bei der Ausführung der Arbeiten erstellt.
Die Abschlussrechnungen der ausführenden Firma wurden anschließend für jedes einzelne Grundstück von dem beauftragten Ingenieurbüro geprüft und gegebenenfalls korrigiert.
Worauf sollte bei der Firmenbeauftragung geachtet werden?
Bei der Ausführung der Arbeiten kann es im Extremfall vorkommen, dass vier verschiedene Fachbereiche koordiniert werden müssen. So sind u.U. die Arbeiten von
  • Rohrreinigern,
  • Sanierern,
  • Tiefbauern und
  • Installateuren
aufeinander abzustimmen. Speziell die Schnittstellen zwischen den einzelnen Fachbereichen erfordern besondere Aufmerksamkeit.
Bei den Sanierungsarbeiten in Altenrheine wurde daher eine Fachfirma beauftragt, die für alle Arbeitsbereiche Fachpersonal beschäftigte. Werden mehrere Fachfirmen für die einzelnen Bereiche beauftragt, sollte sich bereits im Vorfeld mit allen Beteiligten darüber verständigt werden, wie die Übergangsbereiche auszubilden sind und wie der zeitliche Ablauf so geplant werden kann, dass es zu keinen Verzögerungen kommt.
Personal- und Kostenaufwand
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem Personal- und Kostenaufwand. Beantwortet werden die folgenden Fragestellungen:
  • Mit welchem Personalaufwand ist bei der Koordinierung von Sanierungsmaßnahmen zu rechnen?
  • Wie hoch sind die Kosten für Inspektions-, Reinigungs- und Dichtheitsprüfungsarbeiten?
  • Wie hoch liegen urchschnittlich die Sanierungskosten in Abhängigkeit der Netzstruktur?
Mit welchem Personalaufwand ist bei der Koordinierung von Sanierungsmaßnahmen zu rechnen?
Während des Projektes zeigte sich, dass die Koordination und Planung der Sanierungen neben dem normalen Tagesgeschäft nicht allein mit dem vorhandenen Personal des Fachbereiches der Stadt Rheine zu bewältigen ist.
Für die
  • Auswertung der Benebelungen,
  • die Beauftragung und Auswertung der TV-Inspektionen,
  • den Schriftverkehr mit den Grundstückseigentümern,
  • die Bürgergespräche,
  • die Ortsbegehung zur Aufnahme der Entwässerungssituation,
  • die Sanierungsplanung und
  • die Überwachung und Abnahme der Sanierungsarbeiten
ist ein intensiver Personaleinsatz erforderlich. In der Tabelle 1 ist dargestellt, welche Zeitansätze im vorliegenden Fall realistisch erschienen.
Für die komplette Abwicklung eines Grundstückes benötigt ein Ingenieur demnach ca. 16,5 h. Bei angenommenen 220 Arbeitstagen pro Jahr wäre demnach einem Ingenieur die vollständige Bearbeitung von ca. 105 Grundstücksfällen jährlich möglich.
Dies bestätigen auch Erfahrungen aus anderen Städten: In Göttingen wurde auf der Basis von mehrjährigen Erfahrungen ermittelt, dass ein Ingenieur, der nur mit diesen Aufgaben beschäftigt ist, im Jahr etwa 120 bis max. 150 Grundstücke abschließend bearbeiten kann. Wenn bei besonders vielen der bearbeiteten Grundstücke Sanierungsbedarf besteht, lassen sich nur wesentlich weniger Grundstücke bearbeiten.
Wie hoch sind die Kosten für Inspektions-, Reinigungs- und Dichtheitsprüfungsarbeiten?
Für die Reinigung und Inspektion der privaten Leitungen konnten von der Stadt Rheine feste Kostenpauschalen pro Grundstück mit einer Fachfirma ausgehandelt werden. Die Kostenpauschalen sind in Tabelle 2 dargestellt:
Es zeigte sich, dass eine qualitativ hochwertige TV-Inspektion des kompletten häuslichen Abwassernetzes nicht für diese günstigen Kostenpauschalen zu erwarten ist.
Aufgrund der erhöhten Anforderungen an die TV-Inspektion (genaue Metrierung, Aufnahme des Grundleitungsnetzes unterhalb des Hauses) wird bei zukünftigen Maßnahmen in der Stadt Rheine von doppelt so hohen Kostensätzen ausgegangen.
Wie hoch liegen durchschnittlich die Sanierungskosten in Abhängigkeit der Netzstruktur?
Ausgehend von den endgültigen Kosten der Sanierungen konnten durchschnittliche Kostenpauschalen für die Sanierung verschiedener Entwässerungsnetztypen als Orientierungshilfe für die zukünftige Umsetzung von koordinierten Sanierungen unter ähnlichen Randbedingungen abgeleitet werden.In der nachfolgenden Tabelle sind die ungefähren Kosten für unterschiedliche Netztypen bei Einfamilienhäusern dargestellt.
Die dargestellten Kosten beziehen sich nur auf die eigentlichen Sanierungsarbeiten. Der Aufwand für eine Begleitung durch ein Ingenieurbüro ist nicht eingerechnet.
Inwieweit die o.a. Kostenpauschalen tatsächlich auf die örtliche Situation übertragbar sind, sollte auf der Basis von Ortsbegehungen sowie unter Einbeziehung der individuellen Wünsche der Eigentümer im Einzelfall geprüft werden.
Handlungsempfehlung

Auf Basis der Erfahrungen, die während der in der Stadt Rheine durchgeführten Maßnahmen gesammelt werden konnten, wird das folgende, gestaffelte Vorgehen für eine koordinierte Umsetzung von Prüfungs- und Sanierungsmaßnahmen an Leitungen der Grundstücksentwässerung speziell unter dem Aspekt der Fremdwasserverminderung vorgeschlagen:

I. Gebietsbildung
Fremdwasserbelastungsschwerpunkte werden z.B. mittels Durchflussmessungen im öffentlichen Kanalnetz bei hohen Grundwasserständen oder aufgrund von Betriebserfahrungen, z.B. bei Schmutzwasser-Pumpwerken, ermittelt. Anschließend wird das Kanalnetz in Abhängigkeit der Fremdwasserbelastung in einzelne Gebiete eingeteilt.

II. Festlegung des zeitlichen Ablaufs
Anschließend legt die Kommune per Satzungsbeschluss die Fristen für vorgezogene Dichtheitsprüfungen gemäß §45 BauO NW in den unter Punkt I ermittelten Gebieten fest. Die Benebelung, Kamerabefahrung und Sanierungsplanung werden an diesen Zeitplan gebunden. Es bietet sich an, das Vorgehen in den einzelnen Gebieten mit dem Bauprogramm im öffentlichen Bereich abzustimmen.

III. Abstellen von Fehlanschlüssen
In Gebieten mit einer Trennkanalisation werden Benebelungen der Hausanschlüsse in den ausgewählten Gebieten durchgeführt, um Fehlanschlüsse im Vorfeld zu erkennen und diese beheben zu können. Alle Grundstückseigentümer, bei deren Entwässerungsanlagen Fehlanschlüsse vorliegen, werden angeschrieben und aufgefordert, diesen Missstand abzustellen. Nach dem Ablauf einer ausreichenden Frist (z.B. nach drei Monaten) werden die Hausanschlüsse erneut benebelt, um zu überprüfen, ob die Grundstückseigentümer der Aufforderung nachgekommen sind. Wenn die Fehlanschlüsse nicht beseitigt worden sind, werden Sanierungsverfügungen erlassen.

IV. Inspektion aus Hauptkanal heraus
Im Anschluss werden bei einer Kamerabefahrung des öffentlichen Kanals Fremdwasserzuläufe aus Hausanschlüssen aufgenommen. Zusätzlich können alle Hausanschlüsse des Gebietes mit einer Satellitenkamera so weit wie möglich befahren werden. Die Kamerabefahrung wird nach Möglichkeit zu Zeiten hoher Grundwasserstände, d.h. im Regelfall in den Monaten Februar ? April, durchgeführt.

V. Information der Grundstückseigentümer / Erste Kostenübernahmeerklärung
Alle Bürger in dem betreffenden Gebiet werden angeschrieben und darauf hingewiesen, dass Handlungsbedarf besteht und welche Arbeitsschritte notwendig sein werden. Wurde bei der im Vorfeld erfolgten Befahrung des öffentlichen Kanals die Notwendigkeit für eine Sanierung der privaten Leitungen deutlich oder lässt das Alter der Entwässerungsleitungen auf die Sanierungsnotwendigkeit schließen, dann werden die betroffenen Anschlussnehmer bereits zu diesem Zeitpunkt darauf hingewiesen.
Den Bürgern wird mitgeteilt, dass in einem ersten Schritt die notwendige Dichtheitsprüfung sowie bei undichten Leitungen eine Reinigung und TV-Inspektion der Leitungen von der Kommune organisiert werden können und dass dies mit einer Kostenersparnis für den Bürger verbunden ist.
Mit dem Anschreiben werden Vordrucke für Kostenübernahmeerklärungen an die Grundstückseigentümer verschickt. In den Vordrucken sollten bereits näherungsweise Kosten für die Untersuchung genannt werden, die bereits die Begleitung der Maßnahmen durch einen Mitarbeiter eines beauftragten Ingenieurbüros enthalten.

VI. Ausschreibung der Dichtheitsprüfungen/Voruntersuchungen als Sammelauftrag
Nach Eingang der Kostenübernahmeerklärungen beauftragt die Kommune Fachunternehmen mit der Durchführung der Dichtheitsprüfungen und der weitergehenden Untersuchungen sowie Ingenieurbüros mit der Begleitung der Prüfungen.

VII. Durchführung der Dichtheitsprüfungen
Im ersten Schritt sollte eine Wasserdichtheitsprüfung nach DIN 1986, Teil 30 am gesamten Entwässerungsnetz durchgeführt werden. Wird z.B. bereits beim Öffnen der Revisionsklappen im Vorfeld der Dichtheitsprüfung ein Fremdwasserfluss in den Leitungen festgestellt, sollte direkt von der Undichtigkeit der Leitungen ausgegangen werden.
Bürger, die es vorziehen, selber ein zugelassenes Fachunternehmen zu beauftragen, sollten die kompletten Untersuchungsergebnisse inkl. dem Dichtheitsprüfprotokoll der Kommune zur Verfügung stellen.
Ergibt sich die Dichtheit der Leitungen bei der Prüfung, werden Dichtheitsbescheinigung nach §45 BauO NW von der Kommune ausgestellt. Der Bürger zahlt eine geringe Kostenpauschale zur Deckung der Kosten für die Ausstellung der Bescheinigung.

VIII. Weitergehende Untersuchungen bei undichten Leitungen
Ergibt sich die Undichtigkeit der Leitungen, wird dem Bürger mitgeteilt, dass eine Sanierung seiner Abwasseranlagen durchzuführen ist. Gleichzeitig wird ihm durch den anwesenden Mitarbeiter des beauftragten Ingenieurbüros direkt vor Ort angeboten, dass die Planung und Ausführung der notwendigen Sanierung von der Kommune koordiniert werden kann.
Der Grundstückseigentümer kann das ausführende Fachunternehmen direkt mit der TV-Untersuchung der Leitungen als Basis für die Sanierungsplanung beauftragen.
Der Mitarbeiter des beauftragten Ingenieurbüros kann bei einer grundsätzlichen Zustimmung der Grundstückseigentümer parallel die Entwässerungssituation mit den Bauakten abgleichen bzw. eine neue Planskizze erstellen. Im Gespräch mit dem Grundstückseigentümer sollten spezielle Wünsche bzgl. der Sanierungsverfahren und der Sanierungsausführung geklärt werden.

IX. Zweite Kostenübernahmeerklärung
Die anhand der Netztypenbildung, der Informationen aus den Bürgergesprächen und den Ergebnissen der TV-Inspektion geschätzten Kosten für die Sanierung der Entwässerungsleitungen werden dem Bürger mit der Vorlage zur Kostenübernahmeerklärung mitgeteilt. In diesen Kosten sollten die beim ausführenden Ingenieurbüro anfallenden Planungs- und Beratungskosten ebenfalls enthalten sein.
Wiederum wird auf die Kostenersparnis für den Bürger hingewiesen, die sich durch die Bündelung möglichst zahlreicher Einzelmaßnahmen und der Umlegung der Kosten auf die einzelnen Grundstücke ergeben kann.
Dem Bürger steht es frei, die Sanierung selbst durchzuführen, allerdings müssen die Leitungen nach Fertigstellung unter Aufsicht der Kommune auf Dichtheit geprüft werden.

X. Planung der Sanierungen
Wird das Angebot der Kommune zur Koordinierung der Sanierungsmaßnahmen von den Grundstückseigentümern angenommen, beauftragt die Kommune ein Ingenieurbüro mit der Planung der Sanierungen auf den einzelnen Grundstücken.
Das Ingenieurbüro plant die Sanierungen unter Berücksichtigung der Vorgaben der Kommune z.B. bezüglich der einzusetzenden Sanierungstechnik und nach Rücksprache mit den Grundstückseigentümern. Für die Sanierung aller beteiligten Grundstücke wird ein Sammelleistungsverzeichnis erstellt.

XI. Ausschreibung der Sanierungen als Sammelleistungsverzeichnis
Die Kommune schreibt die Maßnahmen öffentlich aus und vergibt die Arbeiten als Sammelauftrag an eine geeignete Sanierungsfirma.

XII. Vorfinanzierung der Gesamtmaßnahme durch die Kommune
Die Kommune finanziert die Gesamtmaßnahme vor. Anschließend zahlen die Grundstückseigentümer die Einzelbeträge je Grundstück an die Kommune.
In Bild 2 ist die Empfehlung zu einem möglichen Gesamtvorgehen bei koordinierten Prüfungs- und Sanierungsmaßnahmen an Grundstücksentwässerungsleitungen als Ablaufschema dargestellt.


Erschienen in bi NoDig - Sonderausgabe 04.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der bi-Redaktion und René Puhl, IKT.

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