Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Zustandsbewertung

Nach der Klassifizierung der Einzelschäden erfolgt eine Klassifizierung des baulichen Zustandes der Haltungen, wobei der größte Einzelschaden innerhalb der Haltung maßgeblich die Haltungsklasse bestimmt.

Zunächst wird im Zuge einer Grundbewertung eine vorläufige Haltungszahl gemäß (Tabelle 4.7.4.4.1-1) zugeordnet, Haltungen ohne festgestellte Schäden erhalten den Wert 0.

Für die weitere Zustandsbewertung werden die baulichen Schäden zu weiteren Einflußgrößen in Beziehung gesetzt. Zunächst werden Merkmale der Umwelt berücksichtigt, um dem besonderen Schutzbedürfnis des Grundwassers Rechnung zu tragen. Hierzu zählen:

  • die Art des transportierten Abwassers
  • die ausgewiesenen Trinkwasser-Schutzzonen
  • die anstehenden Bodenverhältnisse
  • der Abstand des Kanals zur Grundwasseroberfläche.

Des weiteren werden zur Bewertung der Haltung

  • die Schadensdichte (Quotienten aus Anzahl aller Einzelschäden der Haltung in der Schadensklasse ≥ 2 und Länge der Haltung in Metern)
  • die Schadenslänge (Summe aller Streckenschäden bezogen auf die Haltungslänge)

berücksichtigt.

Für die genannten Einflußgrößen sind in (Tabelle 4.7.4.4.1-2) Zusatzpunkte definiert, die im Rahmen einer Summenbildung die endgültige Haltungszahl ergeben. Sie berechnet sich nach folgender Gleichung:

HZendg = HZvorl + M + SC + U + GW + SD + SL

M = Medium
SC = Schutzzone
U = Untergrund
GW = Grundwasserstand
SD = Schadensdichte
SL = Schadenslänge.

Hierbei gilt die Bedingung: HZendg = 0, wenn HZvorl = 0.

Die Einflußgrößen führen in der Regel zu einer Erhöhung der Haltungszahl und somit zu einer schlechteren Bewertung der Haltung.

 
Tabelle 4.7.4.4.1-1: 

Zusatzpunkte für Einflußgrößen auf die Zustandsbewertung [ISYBAU96]

Einflußgröße Kriterium Zusatzpunkte
Medium Regenwasser 0
Schmutz−⁄Mischwasser 40
wassergefährdende Stoffe 150
Schutzzone außerhalb 0
Schutzzone IIIb 20
Schutzzone IIIa 40
Schutzzone II 250
Untergrund Ton, Lehm 0
sL, lS, Feinsand 20
Mittel−⁄Grobsand, Feinkies 40
Grundwasserstand Haltung stets oberhalb GW
ja 0
nein 10
Schadensdichte bis 0,05⁄m 0
0,05⁄m − 0,2⁄m 10
größer 0,2⁄m 20
Schadenslänge bis 10 % 0
10 − 50 % 10
größer 50 % 20

Die sich ergebenden endgültigen Haltungszahlen werden in Haltungsklassen eingruppiert, die Klassengrenzen sind in (Tabelle 4.7.4.4.1-3) aufgeführt. Haltungen, die in Klasse 5 fallen, haben in der Regel einen sofortigen Handlungsbedarf zur Folge.

Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Haltungslängen und der dazugehörigen Haltungszahlen kann abschließend eine längengewichtete Systemzahl berechnet werden (Formel 4.7.4.4.1) :

 
formula
None 4.7.4.4.1-1: 

Systemzahl

SYH = Systemzahl Haltung
HZendg,i = endgültige Haltungszahl der Haltung i
Li = Länge der Haltung i in m
Lges = Gesamtlänge der berücksichtigten Haltung in m
n = Anzahl der berückschtigten Haltungen

Systemklassen lassen sich in Analogie zu den Haltungsklassen aus der Systemzahl ableiten (Tabelle 4.7.4.4.1-3) .

Für die Anwendung des ISYBAU-Zustandsbewertungsmodells zeigen (Tabelle 4.7.4.4.1-3) die Ermittlung der Haltungsklasse einer Haltung sowie (Tabelle 4.7.4.4.1-6) die Ermittlung der Systemklasse eines Netzabschnittes.

 
Tabelle 4.7.4.4.1-2: 

Einteilung der Haltungen in Haltungsklassen [ISYBAU96]

endgültige Haltungszahl Haltungsklasse
0 1
100 − 199 2
200 − 299 3
300 − 399 4
400 − 890 5
 
Tabelle 4.7.4.4.1-3: 

Bestimmung der Systemzahl [ISYBAU96]

Haltungsklasse Priorität Haltungszahl
(HZ)
Haltungslänge
(L)
HZ x L
4 2. 320 27,6 8832
3 3. 290 37,1 10759
4 2. 390 45,6 17784
5 1. 490 32,7 16023
4 2. 390 23,4 9126
Summe 166,4 62524
Systemzahl 62524 ⁄ 166,4 = 376
Systemklasse 4

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)