Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Kunststoffmodifizierte Zementmörtel

Eine Möglichkeit zur gezielten Verbesserung u.a. der Biegezugfestigkeit, Haftzugfestigkeit, Beständigkeit gegenüber chemischen Angriffen sowie des Diffusionswiderstandes von reinen Zementmörteln für Beschichtungen bietet die Verwendung von Kunststoffzusätzen zum Zementmörtel [Fiebr85] .

Diese Mörtel werden als kunstoffmodifizierte Zementmörtel und im englischen Sprachgebrauch auch als polymermodifizierte Zementmörtel (Polymer Cement Concrete - PCC) bezeichnet [Schor84] . Die Polymergehalte betragen maximal etwa 30 M.-% des Zementes mit einem deutlichen Schwergewicht zwischen etwa 5 und 10 M.-% entsprechend etwa 15 bzw. 30 Vol.-%, bezogen auf den Zement [Sasse94] .

Bei Harzgehalten bis 5 % reicht die Harzmenge nicht aus, um ein homogenes Gefüge mit gemeinschaftlicher Bindemittelwirkung von Harz und Zementstein zu erzeugen [Schor85] . Ab einem Polymergehalt von etwa 20 M.-% des Zementes erfolgt eine weitgehende "Umhüllung" der Zementkörner mit einem Kunststoff-Film, der die Hydratation stark verlangsamt oder sogar verhindert. Die technisch anzustrebenden Harzgehalte liegen nach [Schor85] bei etwa 10 M.-%, allenfalls bei 15 M.-%.

Als Kunststoffe kommen vornehmlich Epoxidharze, aber auch andere wasserverträgliche Reaktionsharze, verseifungsbeständige Dispersionen von Thermoplasten oder Elastomeren in Wasser und Polymere in Betracht, die gleichzeitig mit dem Zement zu festen Kunststoffen erhärten. In zunehmendem Maß werden redispergierbare Kunststoffpulver eingesetzt, die werkmäßig zusammengesetzten Trockenmörteln beigegeben werden.

Durch die Zugabe von Harzzusätzen entstehen Zwei-Bindemittel-Systeme: die Zementsteinmatrix und ein dazwischen gelagertes Kunststoffsystem. Bei Einsatz stabiler Kunstharzemulsionen und Tröpfchengrößen im Nanometerbereich füllt das aushärtende Harz die feinen Zwischenräume der Zementhydratkristalle aus und bildet dort eine "organische Bewehrung" im Zementstein [Fiebr85] .

Die mechanischen Eigenschaften der verwendeten Kunststoffe haben einen nur sehr geringen Einfluß auf die Eigenschaften des erhärteten kunststoffmodifizierten Mörtels. Von entscheidender Bedeutung sind dagegen die geometrisch-mechanische Einbindung in die Zementsteinmatrix und die adhäsive Anbindung an die Zuschlagkörner [Fiebr85] .

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Image 5.3.1.3.3-1: 

Schwindkurven von reaktionsharzmodifizierten Mörteln [Boue85a]

Eine Sondergruppe innerhalb der polymermodifizierten Zementmörtel stellen wegen ihrer speziellen Verarbeitungs- und Festbetoneigenschaften die epoxidharzmodifizierten Zementmörtel dar, die auch als ECC (Epoxi Cement Concrete) bezeichnet werden. Bei ihnen werden die in Wasser emulgierten Flüssigharze und Härter dem Frischbeton zugegeben. Die Polyaddition zum filmbildenden Festharz findet dann parallel zur Zementerhärtung statt.

Obwohl die Reaktionsharze gegenüber dem Wasser eine erhöhte Viskosität aufweisen, zeigen die polymeren Zusätze eine verflüssigende Wirkung. Dies erlaubt eine deutliche Wassereinsparung bei Herstellung eines kunststoffmodifizierten Zementmörtels gegenüber einem reinen Zementmörtel gleicher Konsistenz [Schor83a] .

Neben der Verbesserung der o.a. Eigenschaften tritt mit zunehmendem Harzgehalt jedoch eine Verminderung der Druckfestigkeit um 1 N/mm2; und des E-Moduls um 1.000 N/mm2; pro 1 % Kunststoffzusatz zum Zement sowie eine Erhöhung des Schwindmaßes ein [Schor90] (Table 5.3.1.3.3-1) (Image 5.3.1.3.3-1) . Als weitere, in manchen Fällen auftretende ungünstige Eigenschaft ist die Neigung zur Schaumbildung zu nennen. Der dadurch entstehende hohe Luftporengehalt kann durch die Zugabe geeigneter oberflächenwirksamer Stoffe vermieden werden.

Table 5.3.1.3.3-1: 

Eigenschaften von epoxidharzmodifizierten Zementmörteln (ECC) im Vergleich zu Zementmörteln (CC) [Schor85]

Eigenschaft Einheit ECC CC
Druckfestigkeit N⁄mm2 10 − 50 20 − 50
Biegezugfestigkeit N⁄mm2 5 − 20 2 − 10
E-Modul kN⁄mm2 15 − 35 25 − 40
Wärmedehnzahl 1⁄K· 10−6 5 − 20 5 − 15

In der Bundesrepublik Deutschland werden für die Beschichtung von Kanälen im wesentlichen folgende kunststoffmodifizierte Zementmörtel eingesetzt:

Über die genaue Zusammensetzung der Mörtel liegen keine oder nur unvollständige Angaben vor.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß durch unterschiedlichste organische und anorganische Zusätze zu Zementmörteln ein breites Spektrum an Eigenschaften eingestellt werden kann. Es ist jedoch noch eine umfangreiche Entwicklungsarbeit der herstellenden Industrie in Zusammenarbeit mit den Anwendern erforderlich, um Wirkungsweise und Langzeiteigenschaften (hier ist insbesondere der dauerhafte Verbund zum Betonuntergrund zu nennen) der kunststoffmodifizierten Zementmörtel speziell für den Einsatz in Kanalisationen zu klären.

Allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen für kunststoffmodifizierte Zementmörtel als Beschichtungsmörtel wurden bisher in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht erteilt [Fiebr85] . Für den Bereich von Brücken oder vergleichbaren Ingenieurbauwerken liegt jedoch eine "Liste der geprüften Stoffe und Stoffsysteme, die sogenannte BASt-Liste" (BASt: Bundesanstalt für Straßenwesen) vor, in der diejenigen Mörtel aufgeführt werden, die eine Prüfung nach den Kriterien der ZTV-SIB 90 [ZTVSIB90] erfolgreich bestanden haben und im Bereich des Bundesministers für Verkehr zugelassen sind. Die zu erfüllenden Kriterien sind in den entsprechenden Technischen Lieferbedingungen und Technischen Prüfvorschriften, die gemeinsam mit der ZTV-SIB 90 vom Bundesminister für Verkehr herausgegeben werden, detailliert beschrieben.

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)