Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Biologische Reinigungsverfahren

Biologische Reinigungsverfahren werden für den Abbau von Fetten und Faserstoffen in der Sielhaut sowie von Phenolen, Proteinen und mineralischen Ölen und außerdem zur Beseitigung bzw. Reduzierung von Geruchsbelästigungen eingesetzt [Baig76] [Jense77] .

Vom Grundsatz her sind zwei Wege zur biologischen Unterstützung der Abbauvorgänge organischer Öle und Fette möglich [ATVAG3116] :

  • Stimulation der Umsetzungsvorgänge der natürlich vorhandenen Bakterien durch Zugabe von Nährstoffen o.ä.
  • Einbringen von Hochleistungsbakterien.

In Deutschland wird der Einsatz mikrobieller Mittel in Abscheideranlagen für Fette von der Abwassertechnischen Vereinigung (ATV) unter Bezug auf DIN 4040 [DIN4040-1] nicht befürwortet. Gegen den Einsatz im Kanal bestehen jedoch keine Einwendungen, soweit diese Mittel die Biozönose der betroffenen Kläranlage nicht nachteilig beeinflußt [ATVAG3116] .

Bei einigen für diesen Zweck angebotenen biologischen Mitteln zur Fetteliminierung handelt es sich um Bakterienstämme, die aus Belebtschlamm kommunaler Kläranlagen mit stark fetthaltigem Abwasser isoliert wurden. Diese Bakterienstämme wurden in ihren fettabbauenden Eigenschaften verstärkt und in gefriergetrockneter Form auf Trägermaterial (z.B. Weizenkleie) aufgebracht. Das Trägermaterial mit den Enzymen (Lipasen) wird in das Kanalnetz eingebracht, wo die Bakterien in den Abwasserstrom übergehen.

Ein vorwiegend in Abwassersystemen von Krankenhäusern, Küchen, Großverpflegungseinrichtungen und in der lebensmittelverarbeitenden Industrie eingesetztes diesbezügliches Reinigungsmittel ist auf Zwei-Komponenten-Basis aufgebaut [FI-Aladi] . Die erste Komponente ist flüssig und besteht aus einem Fettsäureestergemisch, Fettsäureamiden sowie Harnstoff. Sie wird über Küchenabflüsse, Fußbodeneinlässe etc. in das Abwassersystem eingefüllt und mit lauwarmem Wasser nachgespült. Nach einer Einwirkzeit von ca. 6 Stunden wird die zweite, Mikroorganismen enthaltende Komponente in lauwarmem Wasser angerührt und nach ca. 10 bis 15 Minuten Quellung analog zur ersten Komponente in das Abwassersystem eingebracht. Während die erste Komponente die organischen Ablagerungen durchsetzt, werden diese von der zweiten Komponente und deren Wirkstoffen abgebaut. Die Dosierung des Reinigungsmittels richtet sich dabei nach der Menge des anfallenden Abwassers und der Länge des zu reinigenden Abwassersystems.

In den USA werden seit mehr als 30 Jahren biologische Mittel zur Beseitigung von fetthaltigen Rückständen in Kanalnetzen und Fettabscheideranlagen eingesetzt. Ein dort angewandtes Verfahren beruht auf der Anreicherung des Abwassers (‘Impfen’) mit dort schon vorhandenen Bakterien vom Typ Sphaerotilus [Grubb79] .

Als Vorbereitung sollen Trockenkulturen der Bakterien in lauwarmem Wasser (30° C) aufgelöst werden und in 4-6 Stunden auf die Abwassertemperatur abkühlen. Als Behandlungsdauer werden mindestens drei Monate angesetzt. Die Menge der zuzusetzenden Bakterien ist in der ersten Woche etwa dreimal größer als in den folgenden Wochen.

Baig [Baig76] führt verschiedene amerikanische Städte an, in denen Bakterien zur Reinigung von Abwasserkanälen eingesetzt wurden. Für eine Prognose der Reinigungskosten für Washington, D.C., ergibt sich beim Einsatz von Bakterien eine Einsparung von 65 %. Dieser Wert scheint nicht auf andere Städte übertragbar zu sein, da die Kosten für die Beseitigung von Ablagerungen in die Berechnungen nur in sehr geringem Umfang eingehen [Führb80] .

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)