Dünger aus Klärschlamm
13.02.2020
Ab 2032 müssen große Kläranlagen Phosphate aus dem Klärschlamm, bzw. der Asche zurückgewinnen – das besagt die neue Abfall- und Klärschlammverordnung. Bisherige Technologien dazu sind jedoch chemikalien- und kostenintensiv. Eine neue Technologie bietet nun eine wirtschaftliche und umweltfreundliche Alternative. Fraunhofer-Forscherinnen und Forscher zeichnen für die Aufskalierung des Verfahrens verantwortlich.
Hobbygärtner dürften es kennen: Ohne Düngemittel gedeihen Blumen, Kohlrabi, Tomaten und Co. nur mäßig. Landwirte setzen beim Düngen vor allem auf phosphathaltige Präparate, schließlich ist Phosphor ein elementarer Bestandteil allen Lebens und wird auch von Pflanzen dringend benötigt.
Was die Lieferkette von Phosphor angeht, existiert jedoch ein Nadelöhr – 75 Prozent der Phosphatlagerstätten liegen in Marokko und der westlichen Sahara. Wie kritisch das werden kann, zeigte sich in den Jahren 2008 und 2009: Durch Lieferengpässe und Spekulationen an den Rohstoffmärkten stieg der Phosphorpreis um 800 Prozent.
Die Europäische Kommission nahm Phosphor daher in die Liste der 20 kritischen Rohstoffe auf. Auch die Bundesregierung reagierte: Ab 2023 müssen Betreiber großer Kläranlagen ein Konzept vorlegen, wie der Phosphor zurückzugewinnen ist. Zwar kann die Klärschlammasche auch direkt auf die Felder ausgebracht werden, allerdings können die Pflanzen den darin enthaltenen Phosphor nicht in nennenswertem Maße verwerten.
Dazu kommt: Die Asche enthält auch Schadstoffe wie Schwermetalle, die nicht auf den Acker gelangen sollten. Zwar gibt es bereits erste Ansätze, den Phosphor über nasschemische Verfahren aus der Klärschlammasche zurückzugewinnen. Jedoch sind hierfür große Mengen an Chemikalien nötig.
Phosphor rückgewinnen: Kostengünstig, pflanzenverfügbar und umweltschonend
Einen alternativen Ansatz verfolgt die P-bac Technologie, die Experten der Firma Fritzmeier Umwelttechnik GmbH & Co. KG entwickelt und im Projekt »Phosphorrecycling - vom Rezyklat zum intelligenten langzeitverfügbaren Düngemittel – PRil« gemeinsam mit der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS in Alzenau,und der ICL Fertilizers Deutschland GmbH vom Labormaßstab in den Technikumsmaßstab übertragen haben. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.
»Wir haben die Aufskalierung des Verfahrens im Bereich der Prozesswasserrezyklierung sowie der Reststoffverwertung, Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und Analytik begleitet«, erläutert Dr. Lars Zeggel, Projektleiter am Fraunhofer IWKS. »Der Phosphor, den wir über das neuartige Verfahren aus der Asche zurückgewinnen, hat eine Pflanzenverfügbarkeit von 50 Prozent, bezogen auf einen wasserlöslichen Phosphatdünger. Zum Vergleich: Das Phosphat in der reinen Klärschlammasche ist nahezu gar nicht pflanzenverfügbar.«
Zudem ist das enthaltene Substrat weitgehend schadstofffrei, die relevanten Schadstoffe können um mehr als 90 Prozent reduziert werden. Auch was die Kosten angeht, kann sich das Düngemittel aus recyceltem Klärschlamm sehen lassen, wie eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Fraunhofer IWKS ergab: Etwa zwei Euro pro Kilogramm kostet das so hergestellte Phosphat, während der Preis bei der Herstellung über nasschemische Verfahren bei mindestens vier bis sechs Euro pro Kilogramm liegt.
Zwar ist der Phosphor aus recycelten Quellen bislang noch teurer als der primäre Phosphor aus Marokko, der bei 70 Cent pro Kilogramm P2O5 liegt. Doch enthält der primäre Phosphor im Gegensatz zum recycelten zunehmend Schadstoffe wie Cadmium und Uran.
Bakterien machen es möglich
Das Verfahren, mit dem der Phosphor aus dem Klärschlamm zurückgewonnen wird, hat die Firma Fritzmeier entwickelt. Der Clou: Statt Chemikalien wie Schwefelsäure zur Klärschlammasche zu geben, überlassen die Experten Bakterien das Feld. Diese nehmen Kohlenstoffdioxid aus der Luft auf – schaffen somit also einen weiteren Vorteil – und stellen unter Zugabe von elementarem Schwefel selbst Schwefelsäure her, mit dem sie den Phosphor aus der Asche lösen.
Andere Bakterien nehmen den Phosphor unter geschickt gewählten Lebensbedingungen auf, reichern ihn an und geben ihn unter anderen Lebensbedingungen wieder ab: Es fällt festes Eisenphosphat aus, das von der Laugungslösung abgetrennt werden kann.
Die Forscher des Fraunhofer IWKS widmeten sich unter anderem dem Prozesswasser. »Um ein Liter Klärschlammasche zu rezyklieren, sind etwa zehn Liter Prozesswasser nötig«, sagt Zeggel. Nach der Abtrennung des Phosphats lässt es sich direkt für die erneute Vermehrung der Bakterien verwenden, und muss erst nach einigen Zyklen entsalzt werden.
»Wir haben die Membranfiltration soweit anpassen können, dass wir 98 Prozent des eingesetzten Sulfats – also den Schwefel – aus dem Wasser entfernen und letztendlich 75 Prozent des Prozesswassers im Kreis führen können«, fasst Zeggel zusammen.
Damit reduziert sich die Menge des zu entsorgenden Prozesswassers erheblich und führt zu hohen Einsparungen an Energie. Das Verfahren ist somit nicht nur sehr umweltschonend, sondern es fällt auch ein großer Kostenfaktor weg. Denn die Energie, die zum Verdampfen des Wassers aufgewendet werden müsste, ist einer der größten Kostentreiber. Mit der Membranfiltration konnte das Forscherteam die Betriebskosten erheblich senken. Das Gesamtverfahren ist bereits im Hundert-Liter-Maßstab einsatzbereit.
Weitere News und Artikel
27.09.2023
News
Leitungsbau geht viral!
Über 2.500 Follower, mehr als zweieinhalb Millionen Views und an die 100.000 Likes: In weniger als zwei Monaten hat sich der pipeline.31-Kanal auf TikTok zu einer unfassbaren Erfolgsgeschichte entwickelt.
25.09.2023
News
Welche Gesetze erleichtern den Bau von Wasserfern- und Verbundleitungen?
Der Bedarf an Wasserfern- und Verbundleitungen dürfte aufgrund der Folgen des Klimawandels zukünftig erheblich ansteigen. Die Auswirkungen der Trockenphasen auf die Wasserversorgung sind bereits an vielen Stellen in Deutschland sichtbar und werden noch ansteigen. Das macht einen erheblichen Aus- und …
22.09.2023
News
Betontrennmittelemulsionen auf Basis nachwachsender Rohstoffe
MC-Bauchemie hat mit der Ortolan Bio 800er-Reihe eine neue Produktfamilie auf den Markt gebracht. Die Betontrennmittelemulsionen Ortolan Bio 800 und Ortolan Bio 880 wurden speziell für glatte Sichtbetone entwickelt und überzeugen durch besonders umweltfreundliche Eigenschaften.
20.09.2023
Fachartikel
Energiesparend: Pumpen sollten Herzschlag folgen
Das Pumpen von Flüssigkeiten scheint ein gelöstes Problem zu sein, aber die Optimierung dieses Prozesses ist immer noch ein aktives Forschungsgebiet. Jede Anwendung – von Industrie bis Haushalt – würde von Energieeinsparungen profitieren. Forscher des Institute of Science and Technology …
18.09.2023
News
BRAWO® SYSTEMS verlängert und erweitert seine DIBt Zulassung für den erdverlegten Bereich
BRAWO® SYSTEMS hat das vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) vorgegebene umfangreiche Prüfprogramm erfolgreich absolviert und seine Zulassung für den erdverlegten Bereich erweitert.
15.09.2023
News
Marschengräben – Ökologisch ausgerichtete Gewässerunterhaltung und aktuelle Entwicklungen
Die DWA hat das Merkblatt DWA-M 622-2 „Marschengräben – Ökologie und Unterhaltung – Teil 2: Ökologisch ausgerichtete Gewässerunterhaltung und aktuelle Entwicklungen“ veröffentlicht.
13.09.2023
News
Ruhrverband mit dem DWA-Klimapreis ausgezeichnet
Der Ruhrverband hat den 3. Platz beim erstmals ausgeschriebenen Klimapreis 2023 der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) gewonnen.
11.09.2023
News
Flächenbündig ohne Höhen und Tiefen
Stolperfallen und gefährliches Absacken durch den richtigen Einbau von Schachtabdeckungen vermeiden
08.09.2023
News
Gütegemeinschaft Entwässerungstechnik e. V. (GET) Kompakt Info 95
Wassergefährdende Stoffe dürfen nicht in die Umwelt gelangen. Deshalb müssen Leichtflüssigkeitsabscheideranlagen zum Schutz gegen Austrag von Leichtflüssigkeiten eine Überhöhung gegenüber dem tiefsten Zulauf sowie gegenüber der Rückstauebene aufweisen. Ein Fachkundiger für Abscheideranlagen gibt Tipps, was zu tun ist.
06.09.2023
News
DIRINGER & SCHEIDEL (D&S) übernimmt Druckrohr- und Kanalsanierungssparte der RTi Austria GmbH in die neu gegründete DIRINGER & SCHEIDEL AUSTRIA GMBH
Mit der Unterzeichnung des Kaufvertrags hat die DIRINGER& SCHEIDEL Rohrsanierung GmbH & Co. KG aus Mannheim, Deutschland Teile der traditionsreichen RTi Austria GmbH mit Sitz in Pucking, Österreich übernommen. Es handelt sich dabei um die grabenlose Druckrohr- und Kanalsanierungssparte, deren …
31.08.2023
News
Erstellung eines Arbeitsberichts „Plant Wide Control“ – Vernetzte Automatisierungslösungen auf Kläranlagen
Die DWA plant die Erstellung eines Arbeitsberichts „Plant Wide Control“ – Vernetzte Automatisierungslösungen auf Kläranlagen.
30.08.2023
News
Kanalgipfel 2023: Wasserwirtschaft in der Region - Stand und Perspektiven
Die Entwässerungssysteme unserer Städte sind ein wesentlicher Bestandteil des kommunalen Anlagevermögens. Die große Zukunftsaufgabe, vor der viele Kommunen stehen, besteht in einer fundierten technischen und wirtschaftlichen Bewertung dieser langlebigen Anlagen. Der Kanalgipfel bietet eine Hilfestellung für eine detaillierte und konsistente …
Kontakt
Fraunhofer-Gesellschaft
Dipl.-Journ. Janis Eitner
Direktor Kommunikation
Hansastraße 27 c
80686 München
Deutschland
Telefon:
+49 89 1205-1350
Fax:
+49 89 1205 77-1350