FLEXITILITY: Pilotanlage zur Wasserwiederverwendung geht an den Start
11.08.2023
Bewässerung und Monitoring auf Versuchsfeld bei der Kläranlage Uebigau
Die Wiederverwendung von gereinigtem und hygienisiertem Wasser aus Kläranlagen soll europaweit und auch in Deutschland vorangetrieben werden. Zum 26. Juni 2023 wird dazu die EU-Verordnung 2020/741 in den Mitgliedsländern wirksam. Ziel ist, die Nutzung von Wasser zu intensivieren und den Schutz der Umwelt sowie Gesundheit von Mensch und Tier zu gewährleisten. ImBMBF-Forschungsprojekt FLEXITILIY ist unter Leitung von inter 3 mit der Inbetriebnahme einer Pilotanlage zur Bewässerung jetzt ein wesentlicher Schritt zur Umsetzung der Wasserwiederverwendung getan. Bis Herbst 2024 wird in Südbrandenburg eine landwirtschaftlich genutzte Versuchsfläche bewässert und einem Monitoring unterzogen.
Seit 15. Juni 2023 werden 12 Hektar Ackerland für die Produktion von Tierfutter mit Wasser beregnet, das zuvor in der Brandenburger Kläranlage Uebigau technisch aufwändig gereinigt und mittels einer UV-Anlage hygienisiert wurde. Die UV-Anlage und das Bewässerungssystem wurden am 13 Juni feierlich durch den Bürgermeister von Herzberg (Elster), einen Vertreter des Gemeindeverbunds Liebenwerda sowie durch den Verbandsvorsitzenden des Herzberger Wasser- und Abwasserzweckverbands (HWAZ) eingeweiht. Die Forschungspartner inter 3 Institut für Ressourcenmanagement und Umweltbundesamt (UBA) arbeiten eng mit dem HWAZ, der Stadt Herzberg und der Agrargenossenschaft Gräfendorf e.G. in diesem Teilprojekt von FLEXITILITY zusammen.
Neue Standards für die Wiederverwendung von Abwasser
Während die Wasserwiederverwendung zu Bewässerungszwecken in südlichen EU-Ländern, und zu Versuchszwecken auch in Deutschland, bereits seit Jahrzehnten gelebte Praxis ist, setzt die EU-Verordnung neue Standards, mit denen es bislang noch keine Erfahrungen gibt: „Wir wollen zeigen, wie es gelingen kann, die hohen Mindestanforderungen an die Wasserqualität und die geforderte Überwachung sowie Risikobewertung einzuhalten,“ beschreibt Dr. Shahrooz Mohajeri, Projektleiter bei inter 3, die Aufgabe. „Denn dann eröffnet die Wasserwiederverwendung Landwirten neue Möglichkeiten, ihre Abhängigkeit von lokalen Niederschlägen zu verringern und mit sicher verfügbarem Wasser wirtschaftlich noch interessantere landwirtschaftliche Produkte zu produzieren.“ Die Pilotanlage besteht aus einer UV-Desinfektion, einer Bewässerungstechnik nach landwirtschaftlicher Praxis und der nötigen Druckerhöhung. FLEXITILITY generiert mit dem Pilotversuch die benötigten praktischen Erfahrungswerte hinsichtlich
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der Bewertung der Hygienisierungstechnik für den Anwendungsfall „Bewässerung landwirtschaftlicher Tierfutterprodukte“,
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des Aufbaus eines praktikablen Monitoringsystems, sowie
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der Entwicklung eines praxisorientierten Risikomanagementplans für diesen Anwendungsfall.
FLEXITILITY: Forschung, Praxis und Behörden arbeiten eng zusammen
Das Projekt zeichnet sich durch eine enge Kooperation von Wissenschaft, Behörden, Kommunalverwaltung sowie Wasser-, Land- und Forstwirtschaft aus: inter 3 ist zuständig für den reibungslosen Aufbau und Betrieb der Technik sowie die Konzipierung und Einhaltung des Risikomanagementplans. Das UBA zeichnet verantwortlich für die Entnahme und Untersuchung von Proben aus Bewässerungswasser, Böden und Grundwasser sowie der angebauten Produkte. Es überwacht eine Vielzahl an Hygiene- und Schadstoffparametern. In der Umsetzung des Risikomanagementplans stimmen sich inter 3 und UBA eng mit der Stadt Herzberg, der unteren Wasserbehörde sowie dem HWAZ ab. Während die UV-Desinfektion auf dem Kläranlagengelände des HWAZ stattfindet, ist für den Betrieb der Bewässerungsanlage die Agrargenossenschaft Gräfendorf e.G. als Pächterin der landwirtschaftlichen Versuchsfläche eingebunden. Zusätzlich werden zwei weitere Versuchsflächen mit dem hygienisierten Wasser bewässert: eine Grünfläche auf dem Betriebsgelände der Kläranlage stellvertretend für städtische Grünflächen sowie Teile eines kleinen Waldstücks zur Beförderung eines klimaresilienten Waldumbaus.
Relevanz für eine klimaresiliente Landwirtschaft
Dass die Wasserwiederverwendung ein wichtiger Baustein in der Klimaanpassung werden sollte, verdeutlichen auch in diesem Jahr die sich intensivierenden Trockenphasen: Angesichts des ausbleibenden Regens rechnen Landwirte im südlichen Brandenburg erneut mit teils erheblichen Ernteausfällen. Bereits in den vergangenen Jahren sind einige aufgrund der Trockenheit wirtschaftlich an ihre Grenzen geraten und denken über das Aufgeben ihres Betriebes nach. Die in FLEXITILITY gewonnenen Daten zur Hygienisierung und Wiederverwendung gereinigten Abwassers können eine wichtige Grundlage für die Konkretisierung von Umsetzungsregeln zur Wasserwiederverwendung in Deutschland bilden und somit über die Region hinaus wirksam werden. Sollten sich bei den Versuchen keine grundlegenden Risiken zeigen, kann über die Bewässerungweiterer Pflanzen wie z.B. Soja nachgedachtwerden.
Das FLEXITILITY-Gesamtprojekt
Das Projekt FlexibleUtility – Mit sozio-technischer Flexibilisierung zu mehr Klimaresilienz und Effizienz in der städtischen Infrastruktur (FLEXITILITY) umfasst neben den Versuchen zur Wasserwiederverwendung auch Ansätze für den flexiblen Betrieb von Trinkwassernetzen. Diese werden durch die Projektpartner Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus- Senftenberg, Fachgebiet Stadttechnik, und DVGW-Technologiezentrum Wasser (tzw), unter Beteiligung von inter 3 und der Stadt Herzberg (Elster), durchgeführt. Im Fokus steht dabei der Einsatz von dezentralen Trinkwasserspeichern in Wohngebäuden sowie bei institutionellen Wasserverbrauchern: stellvertretend beim Rathaus Herzberg. Die beiden großen Praxistests zur Trinkwasser-Flexibilisierung sowie zur Wasserwiederverwendung laufen noch bis September 2024. Finanziert wird FLEXITILITY aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms "Umsetzung der Leitinitiative Zukunftsstadt“, Projektträger ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
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