Grundstücksentwässerung - Vorerst keine Bundesverordnung
20.04.2010
Über 500 Abwasserexperten diskutierten auf dem 23. Lindauer Seminar
Zwei Dinge wurden allen Beteiligten am Bodensee sehr deutlich: Die Rechtsgrundlagen für eine Inspektion der privaten Abwassersysteme lassen inzwischen an Klarheit kaum noch zu wünschen übrig. Andererseits hält kaum jemand in der Branche den bundesweiten Inspektions-Endtermin 2015 für tatsächlich realisierbar. Allerorten wird um praktikable Konzepte und das nötige Augenmaß bei der Umsetzung der Prüfpflicht gerungen. Demgegenüber treten technische Detailfragen derzeit eher in den Hintergrund.
In der von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Max Dohmann und Univ.-Prof. Dr.-Ing. F. Wolfgang Günthert moderierten Veranstaltung wurde zu Beginn auf das neue Wasserrecht und seine Folgen Bezug genommen. In seinem Einführungsvortrag "Welche Entwicklungen in der Stadtentwässerung zeichnen sich ab" beantwortete Prof. Dohmann deutlich die Fragen, die in Zusammenhang mit der Wasserrechtsnovelle in den letzten Wochen in der Presse immer wieder gestellt wurden.
Die wichtigste davon betraf die nach Ermächtigung durch § 23 WHG mögliche Eigenkontrollverordnung des Bundes für Abwasserkanäle. Kommt sie, wann kommt sie und wird sie auch die Inspektion privater Abwasserkanäle regeln? Nein, so Dohmann: auf absehbare Zeit werde diese Verordnung wohl nicht erlassen. Dies führe dazu, dass auch die bereits vorhandenen Eigenkontroll- oder Selbstüberwachungsregelungen einiger Länder erst einmal weiter bestehen bleiben und vollzogen werden können bzw. müssen.
Das gilt auch und gerade für NRW. Insoweit gilt also in puncto Grundstücksentwässerung: Im Westen nichts Neues. Eindeutig auch seine Aussage zur Frage, ob mit § 55 Abs. 2 WHG das Ende der Mischkanalisation da sei. Für neue Mischkanäle ganz klar ja, vorhandene Systeme hingegen genießen vorerst Bestandsschutz, wobei Prof. Dohmann sich nicht verbindlich auf die Frage einlassen wollte, wie lange denn noch. Seine Erwartung sei, dass bei einer der wann auch immer folgenden WHG-Novelle aus der derzeitigen Soll-Regelung eine Muss-Regelung werde. Bis dahin müsse aber kein Mischkanal aufgegeben und dürften vorhandene Mischkanäle auch funktionsgleich erneuert werden.
Ebenso klar wurde in Lindau aber, dass das vorläufige Ausbleiben einer Bundesverordnung den Grundstückseigentümern keine Schonfrist einräumt. Denn ihre Pflichten ergeben sich nunmehr aus § 60 WHG (der den alten § 18b WHG) ersetzt, in Verbindung mit dem technischen Regelwerk und sind unmissverständlich. § 60 WHG fordert sogar erstmals eine Sanierung defekter Anlagen. Insoweit sind die rechtlichen Aufgaben der Grundstückseigentümer jetzt stringenter denn je geregelt, und das bundesweit. Was allerdings den fristgemäßen Vollzug des in DIN 1986-30 gesetzten "magischen Termins" 31.12.2015 angeht, so war man sich in den Diskussionen in der Lindauer Inselhalle einig: Er ist, bezogen auf den gesamten Anlagenbestand, kaum zu halten. Hier gilt es seitens der Kommunen, ohne deren organisatorische Hilfestellung in dieser Frage gar nichts geht, Konzepte zu entwickeln, die auf einer strikten und konsequenten Prioritätensetzung beruhen.
Der konkreten Umsetzung vor Ort galten in Lindau etliche weitere Vorträge. Das Thema ist aus der Phase der reinen Konzeptentwicklung inzwischen längst heraus und Gegenstand echten, durchaus breit angelegten Erfahrungsaustauschs. Symptomatisch dafür war auch die Tatsache, dass Produkt-Innovationen nicht im Bereich der Inspektion- und Sanierungstechnik anzutreffen waren. Hoch gefragt sind dagegen Software-Angebote, mit denen sich die Aufgaben rund um die Dichtheitsprüfung der Grundstücksentwässerung mit allen Aspekten verwalten lassen. Ein aktuell präsentiertes Beispiel ist die Plattform "planet", auf der inzwischen auch die Lindauer Schere in der ASYS-Version angeboten wird. Mit dem Zusatz "bop", d.h. " based on planet", arbeitet die Schere bereits erfolgreich in Kassel, wo man begonnen hat, die Vorgaben von § 43.2 des Hessischen Wassergesetzes auf rund 40.000 Grundstücken umzusetzen – ein Richtung weisendes Projekt, dass sich aber über Jahrzehnte -und deutlich über 2015 hinaus- hinziehen wird.
Ein notorisches Problem des Vollzugs ist die Qualitätssicherung der Leitungen aus Grundstücken, die gleichfalls ein immer wiederkehrendes Thema war. Es fehlt zwar keineswegs an Kriterien, Gütezeichen und Qualifikationssystemen, doch inzwischen drängt sich der Eindruck auf, dass weniger auch mehr sein könnte. Der Vertreter eines großen Immobilienunternehmens, das deutschlandweit 20.000 Immobilien bewirtschaftet, brachte das Problem auf den Punkt: Es sei für sein Unternehmen ein sehr unglücklicher Zustand, dass nicht nur von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Anforderungen und Systeme praktiziert würden, sondern die Vorgehensweise sich auch noch über Gemeindegrenzen hinweg ändere.
Der zweite, von Prof. Günthert moderierte Veranstaltungstag war wie immer technologischen Detailfragen und Verfahren insbesondere aus dem Bereich der Sanierung gewidmet. Hautnah technisch ging es unterdessen auch in der Begleitausstellung mit 56 ausstellenden Unternehmen im Foyer und Nebensaal der Lindauer Inselhalle zu. Auch hier waren, wie im Sitzungssaal, die verfügbaren Kapazitäten bis an die Grenzen ausgereizt. Alles in allem ein voller Erfolg, der durch den Tag der offenen Tür auf dem Betriebsgelände des Veranstalters JT-elektronik harmonisch abgerundet wurde.
Den Termin des nächsten, dann schon 24. Lindauer Seminars am 17./18. März 2011 sollte man sich jetzt schon hinsichtlich des Erfolgs der diesjährigen Veranstaltung und der Kapazitätsgrenzen der Lindauer Inselhalle und Hotellerie vormerken.
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Frau Sonja Jöckel
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