Leitungsrechte: Unterschätztes Problem mit vielen Herausforderungen
29.12.2008
Unvermittelt auftretende Krisen bei Bauvorhaben wegen nicht geklärter Wege- oder Leitungsrechte kennt man aus Fernsehdokumentationen. Allerdings sind auch Kommunen und Infrastrukturunternehmen neuerdings davon in starkem Maße betroffen - nicht zuletzt wegen der vermehrten Bautätigkeit im Bereich Telekommunikationsnetze.
"Dieser Fall zeigt, dass nach wie vor häufig in Deutschland die Klärung von Leitungs- und Wegerechten und die daraus resultierenden Konsequenzen unterschätzt werden", beschreiben die beiden Experten Dr. Christian Stenneken und Dr. Hans-Christoph Thomale der Kanzlei Aulinger Rechtsanwälte die Situation. Diese Entwicklung ist gleich aus mehreren Gründen bedenklich, da Telekommunikations- und Energieunternehmen in den kommenden Jahren zunehmend auf fremdem Terrain graben müssen, um etwa Lichtwellenleiter- bzw. Kupferkabel zu verlegen oder Rohrleitungen zu erneuern.
Denn erstens stößt die Realisierung von Leitungsprojekten zunehmend auf Widerstand der Grundstückseigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten, deren Grundstücke für einen Leitungsbau in Anspruch genommen werden müssen. Der Grundstückseigentümer - zugleich ja auch Energieverbraucher - kreidet etwa die aktuelle Preisentwicklung im Energiebereich gegenüber den Versorgungsunternehmen an, und er trifft keine Unterscheidung zwischen dem "Versorger" und dem "Netzbetreiber" als Infrastrukturgesellschaft. Umso wichtiger ist ein sensibles Vorgehen gegenüber den Grundstückseigentümern. Zwar kann bei einer Totalverweigerungshaltung auf Grundstückseigentümerseite ein Enteignungsverfahren zur zwangsweisen Erreichung eines Leitungsrechts eingeleitet werden, "aber dieser Weg stellt die gesetzlich vorgesehene 'ultima ratio' zur Begründung eines Leitungsrechts dar", so Stenneken und Thomale.
Zweitens: Im sich verschärfenden Wettbewerb auf dem Energiemarkt wird es in Zukunft verstärkt rechtliche Auseinandersetzungen geben, vor allem dann, wenn eine Kommune den Konzessionsnehmer wechselt und die Verteilungsanlagen an den neuen Konzessionsnehmer übertragen werden sollen. "Diese Problematik betrifft jede einzelne der mehr als 12.000 deutschen Kommunen. In jedem Jahr laufen viele Konzessionsverträge aus beziehungsweise werden vorzeitig beendet", erläutern die beiden Spezialisten.
Für Kommunen als Konzessionsgeber, aber auch für Grundstückseigentümer sowie Unternehmen, die auf Leitungsrechte angewiesen sind, haben die beiden Experten der Kanzlei Aulinger Rechtsanwälte einige wesentliche Praxistipps zum Leitungs- und Wegerecht zusammengefasst:
- Projektplanung unentbehrlich: Um Verzögerungen oder schlimmstenfalls eine potenzielle "Erpressungssituation" (durch Grundstückseigentümer) zu vermeiden, ist eine sorgfältige Projektplanung einschließlich der Beschaffung der notwendigen Rechte für Grundstücksinanspruchnahmen im Vorfeld unentbehrlich.
- Schnittstellen bilden: Bereits im Rahmen der Erkundung der Trasse und möglicher Trassenvarianten für ein Leitungsprojekt ist darauf zu achten, in welchem Umfang Privatgrundstücke, öffentliche Verkehrsflächen oder sonstige Flächen im öffentlichen Eigentum in Anspruch genommen werden müssen. Was leider nicht immer der Fall ist: Im Unternehmen muss der Bereich der meistens Ingenieuren zugewiesenen Trassenplanung eine Schnittstelle mit den zuständigen Unternehmensjuristen bilden.
- Stolperfalle Konzessionsvertrag: Mit besonderer Sorgfalt sind die vorzeitige Beendigung sowie die Neuvergabe von Konzessionsverträgen zu handhaben. Die Gefahren lauern unter anderem bei den Anforderungen an das Auswahlverfahren sowie im Hinblick auf die Art der "Überlassung" der Verteilungsanlagen sowie die Höhe des Erwerbspreises für das Energieversorgungsnetz.
- Auch bei vorliegendem Vertrag ist Planung wichtig: Liegt bereits ein Konzessionsvertrag zwischen dem Unternehmen und einer Kommune vor, auf dessen Grundlage die öffentlichen Verkehrswege im jeweiligen Gemeindegebiet in Anspruch genommen werden können, so reduziert sich die Fragestellung zumeist auf einige wenige Aspekte. Aber auch hier gilt es, der Frage der tatsächlichen Realisierung des Leitungsbaus (etwa Bauzeitenplan, Verkehrssicherungsmaßnahmen) und der ordnungsgemäßen Wiederherstellung der betroffenen Straße unbedingt Beachtung zu schenken.
- Umfänge nicht unterschätzen: Diese Problematik betrifft in erster Linie Wasser- und Fernwärmeversorgungsunternehmen und Telekommunikationsunternehmen. Jedoch sind auch Schieneninfrastrukturunternehmen (etwa die "DB Netz AG") sowie Straßenbaulastträger betroffen. Und: Konzessionsverträge werden nicht nur in den Sparten Strom und Gas abgeschlossen, sondern üblicherweise auch für Wasser und Fernwärme.
Kontakt:
AULINGER Rechtsanwälte
Jeannette Peters, M.A.
ABC-Straße 5
44787 Bochum
Tel.: 0234-68779-75
Fax: 0234-680642
E-Mail: presse@aulinger.eu
Internet: www.aulinger.eu
Weitere News und Artikel
02.10.2023
News
Neue Lektion auf UNITRACC: Untersuchung von begehbaren Querschnitten und Bauwerken
Die Lektion "Untersuchung von begehbaren Querschnitten und Bauwerken" ist jetzt für alle Abonnent*innen des Weiterbilungspaketes zugänglich und wird künftig Teil des neu erscheinenden Kurses "Untersuchung und Reparatur von begehbaren Querschnitten und Bauwerken" sein.
02.10.2023
News
Wie sich gereinigtes Abwasser auf Flüsse auswirkt
Kläranlagen sind ohne Zweifel eine große Errungenschaft, haben sie doch erheblich zur Verbesserung der Wasserqualität in natürlichen Gewässern beigetragen. Eine von Wissenschaftler:innen der Goethe-Universität durchgeführte Studie zeigt aber, dass über das eingeleitete Abwasser noch immer Substanzen in den Wasserkreislauf gelangen, …
27.09.2023
News
Leitungsbau geht viral!
Über 2.500 Follower, mehr als zweieinhalb Millionen Views und an die 100.000 Likes: In weniger als zwei Monaten hat sich der pipeline.31-Kanal auf TikTok zu einer unfassbaren Erfolgsgeschichte entwickelt.
25.09.2023
News
Welche Gesetze erleichtern den Bau von Wasserfern- und Verbundleitungen?
Der Bedarf an Wasserfern- und Verbundleitungen dürfte aufgrund der Folgen des Klimawandels zukünftig erheblich ansteigen. Die Auswirkungen der Trockenphasen auf die Wasserversorgung sind bereits an vielen Stellen in Deutschland sichtbar und werden noch ansteigen. Das macht einen erheblichen Aus- und …
22.09.2023
News
Betontrennmittelemulsionen auf Basis nachwachsender Rohstoffe
MC-Bauchemie hat mit der Ortolan Bio 800er-Reihe eine neue Produktfamilie auf den Markt gebracht. Die Betontrennmittelemulsionen Ortolan Bio 800 und Ortolan Bio 880 wurden speziell für glatte Sichtbetone entwickelt und überzeugen durch besonders umweltfreundliche Eigenschaften.
20.09.2023
Fachartikel
Energiesparend: Pumpen sollten Herzschlag folgen
Das Pumpen von Flüssigkeiten scheint ein gelöstes Problem zu sein, aber die Optimierung dieses Prozesses ist immer noch ein aktives Forschungsgebiet. Jede Anwendung – von Industrie bis Haushalt – würde von Energieeinsparungen profitieren. Forscher des Institute of Science and Technology …
18.09.2023
News
BRAWO® SYSTEMS verlängert und erweitert seine DIBt Zulassung für den erdverlegten Bereich
BRAWO® SYSTEMS hat das vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) vorgegebene umfangreiche Prüfprogramm erfolgreich absolviert und seine Zulassung für den erdverlegten Bereich erweitert.
15.09.2023
News
Marschengräben – Ökologisch ausgerichtete Gewässerunterhaltung und aktuelle Entwicklungen
Die DWA hat das Merkblatt DWA-M 622-2 „Marschengräben – Ökologie und Unterhaltung – Teil 2: Ökologisch ausgerichtete Gewässerunterhaltung und aktuelle Entwicklungen“ veröffentlicht.
13.09.2023
News
Ruhrverband mit dem DWA-Klimapreis ausgezeichnet
Der Ruhrverband hat den 3. Platz beim erstmals ausgeschriebenen Klimapreis 2023 der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) gewonnen.
11.09.2023
News
Flächenbündig ohne Höhen und Tiefen
Stolperfallen und gefährliches Absacken durch den richtigen Einbau von Schachtabdeckungen vermeiden
08.09.2023
News
Gütegemeinschaft Entwässerungstechnik e. V. (GET) Kompakt Info 95
Wassergefährdende Stoffe dürfen nicht in die Umwelt gelangen. Deshalb müssen Leichtflüssigkeitsabscheideranlagen zum Schutz gegen Austrag von Leichtflüssigkeiten eine Überhöhung gegenüber dem tiefsten Zulauf sowie gegenüber der Rückstauebene aufweisen. Ein Fachkundiger für Abscheideranlagen gibt Tipps, was zu tun ist.
06.09.2023
News
DIRINGER & SCHEIDEL (D&S) übernimmt Druckrohr- und Kanalsanierungssparte der RTi Austria GmbH in die neu gegründete DIRINGER & SCHEIDEL AUSTRIA GMBH
Mit der Unterzeichnung des Kaufvertrags hat die DIRINGER& SCHEIDEL Rohrsanierung GmbH & Co. KG aus Mannheim, Deutschland Teile der traditionsreichen RTi Austria GmbH mit Sitz in Pucking, Österreich übernommen. Es handelt sich dabei um die grabenlose Druckrohr- und Kanalsanierungssparte, deren …