Liegenschaftsentwässerungen in der Schweiz: Uster verschafft sich den Durchblick
19.09.2008
Auch in der Schweiz weiß man erheblich mehr über den Zustand der öffentlichen Kanalisationsnetze als über den der privaten Liegenschaftsentwässerungen. Und auch in der Schweiz empfindet man dies als schmerzliches Defizit. Die Stadt Uster bei Zürich will es jetzt genauer wissen und lässt in einem Projekt mit Modellcharakter bis Ende 2009 sämtliche Liegenschaftsentwässerungen untersuchen, die im Grundwasser-Horizont liegen. Die optische Untersuchung dieser Leitungen erfolgt unter anderem mit dem abbiegefähigen Kamera-System „Lindauer Schere“ und wird aus kommunalen Haushaltsmitteln finanziert.
In eben dieser Lage fand sich die Stadt Uster am Rande des Großraums Zürich wieder. Angesichts eines an der Kläranlage gemessenen Fremdwasseranteils von weit über 50% bei Trockenwetter und über 70% bei Niederschlag war eine Netzsanierung zwingend geboten. Schon seit 10 Jahren wird das kommunale Kanalnetz durch die Stadt Uster unter Beratung des SBU Büros für sanierungstechnische Planung und Beratung AG, Rorschach, systematisch überprüft und instand gesetzt. SBU ist eines der führenden, auf Infrastrukturmanagement und -instandhaltung spezialisierten Ingenieurbüros der Schweiz mit weiteren Standorten in Zürich und Kriens. Dass die vergangenen Investitionen in puncto Fremdwasser offenbar kaum ausreichend Wirkung zeigen, ist eine Erfahrung, die auch manche Gemeinde in Deutschland schon machen musste. Wie dort liegt auch in Uster die Schlussfolgerung zwingend auf der Hand. Ein Großteil des Fremdwassers stammt offensichtlich aus den Liegenschaftsentwässerungssystemen beziehungsweise kann als Folge öffentlicher Kanalsanierungsmaßnahmen dorthin „verlagert“ werden: Steigende Grundwasserhorizonte führen dazu, dass das Wasser sich schlicht den nächst liegenden Schwachpunkt im System sucht und das sind die hochgradig undichten Liegenschaftsentwässerungen. Folgerichtig wurden die SBU-Ingenieure durch die Stadt Uster beauftragt, ein Konzept zu entwickeln, wie man der aus privaten Leitungen einströmenden Fremdwassermengen ein für allemal Herr werden könne.
Im ersten Schritt ermittelte dieses Konzept jene Flächen des Gemeindegebietes, die aufgrund der Höhe des Grundwasserhorizontes fremdwassergefährdet sind. Die hydrologische Ausgangslage lieferte also die Basis für die Priorität von Inspektions- und Sanierungsmaßnahmen. Nach der Prioritätenliste werden die betroffenen Gebiete nun systematisch „abgearbeitet“. Das gebietsweise Vorgehen ist neu gegenüber der bisherigen Strategie, überall dort einen Blick auch in die Grundstücksentwässerung zu werfen, wo man im Zuge kommunaler Sanierungsarbeiten tätig wurde. Wie in Deutschland obliegt auch in der Schweiz die Instandhaltung der Liegenschaftsentwässerung wirtschaftlich und rechtlich den privaten Eigentümern, so dass es für die Inspektion bzw. die Sanierung dieser Systeme einer geeigneten Rechtslage und funktionsfähiger Organisationsmodelle bedurfte. Die Siedlungsentwässerungsverordnung der Stadt Uster wurde daher im Art. 48 um einen weiteren Absatz erweitert:: „Die Stadt führt die periodische Zustandserfassung der privaten Grundstücksentwässerung durch. Der Aufwand wird über die Abwassergebühren finanziert.“
Um wirtschaftlich motivierte Widerstände der Eigentümer frühestmöglich abzubauen, entschied man sich für dieses Finanzierungsmodell, bei dem die Stadt die Kosten der periodischen TV-Inspektion auf den Grundstücken übernimmt und aus öffentlichen Mitteln finanziert, während der Eigentümer hingegen die späterhin notwendigen Sanierungsmaßnahmen selbst bezahlt. Auf dieser Basis wurde nach einer planerischen Vorbereitungsphase im Frühjahr 2008 mit der Durchführung der TV-Befahrungen begonnen. Um hierbei die erforderliche hohe Kompetenz und ein Mindestniveau an technischer Qualität sicher zu stellen, sind für die Untersuchungen in Uster zwei Unternehmen zugelassen, die sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen geschlossen haben.. Die vergleichsweise geringe Zahl der Bewerber spiegelt das hohe Anspruchsniveau an die zu erbringenden Dienstleistungen wider, beginnend bei der technischen Ausstattung. Obligatorisch war beispielsweise der Einsatz eines abbiegefähigen Kamerasystems des Typs „Lindauer Schere“ (JT - elektronik, Lindau), das sich in Uster bereits in der Vergangenheit bewährt hatte und auch angesichts der Erfahrungen auf den ersten rund 400 inspizierten Grundstücken als erste Wahl gilt. Das eingesetzte Personal muss neben den offiziell erforderlichen Grundqualifikationen auch Schulungen auf aktuellem Status nachweisen. Angesichts der ehrgeizigen Zeitrahmens für das Projekt Uster müssen die dort tätigen Unternehmen in der Lage sein, jederzeit mindestens zwei voll ausgestattete und qualifizierte Kolonnen gleichzeitig in Einsatz zu bringen. Immerhin steht auf dem Programm, bis Ende 2009 bis zu 3000 „Fremdwasser-verdächtige“ Grundstücke zu untersuchen.
Was die grundsätzliche Erreichbarkeit der Liegenschaftsleitungen im Zuge der Inspektion angeht, kommt man bei SBU bislang zu dem Resultat, dass sich mit der verfügbaren Technik im Durchschnitt 80 bis 90 Prozent aller Leitungen auf dem Grundstück tatsächlich optisch inspizieren lassen. „Weiße Flecken“ sind zum überwiegenden Teil auf Leitungen zurückzuführen, deren Zustand keine Kamerabefahrung mehr zulässt -sei es aufgrund des Schadensbildes oder wegen nicht lösbarer massiver Verschmutzungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Lindauer Schere in Uster fast nur mit dem hydraulischen Rückstoß-Antrieb eingesetzt wird, der ja ohnehin zu einer vorbereitenden Hochdruckreinigung der Leitungen führt. Aber gegen manche Jahrzehnte alten Ablagerungen ist eben auch die HD-Spülung machtlos, so dass solche Leitungen letztlich als baulicher Totalschaden abgebucht werden müssen, zumal meist auch ihr baldiger Infarkt droht. Es hat sich (auch) in Uster erwiesen, dass der hydraulische Antrieb gegenüber dem mechanischen Vorschub der Lindauer Schere wegen erheblich größerer Reichweiten praktisch alternativlos ist. Der Rückstoß-Antrieb erlaubt auch bei mehrfachem Abbiegen Einsatzlängen von bis zu 100 Metern. Einzig das Abbiegen in 90°-Abzweige erwies sich als technisches Problem, zu dem man bei SBU derzeit aber auch keine bessere Alternative sieht.
Ende August 2008 lag man, was die Durchführung der Untersuchungen angeht, voll im Zeitplan; nach den Schweizer Sommerferien werden die ersten 400 untersuchten Grundstücke bei SBU ingenieurtechnisch ausgewertet. Nach dem ersten Augenschein der Untersuchungen kam man allerdings zu der Einschätzung, dass der Zustand der Liegenschaftsentwässerungen auf jeden Fall „deutlich schlechter als der der öffentlichen Abwasseranlagen“ sei.
Ein sehr interessantes Vorgehen sieht der Modellfall Uster für die Grundstücke mit Sanierungsbedarf vor. Hier muss der Grundstückseigentümer die reinen Baukosten tragen, wird aber zuvor auf Kosten der Stadt technisch beraten und bei der Baudurchführung begleitet. So ist zwingend sichergestellt, dass technisch optimale Problemlösungen nicht an mangelhafter oder interessengeleitet einseitiger Beratung der Betroffenen scheitern. Das dürfte auch in deutscher Perspektive ein Ansatz sein, um dem leider notorischen „Pfusch in der Grundstücksentwässerung“ konsequent die Grundlage zu entziehen und hohe Qualität nicht nur bei der Inspektion, sondern bis zur Sanierung sicher zu stellen.
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