Nachhaltiges Bauen: Energieneutral, wasserautark und zugleich bezahlbar?
16.06.2020
Wie ein Firmengebäude aus Aachen den Spagat zwischen Ressourceneinsparung und Wirtschaftlichkeit meistert.
Nachhaltigkeit ist ein bedeutendes Thema für die Bau- und Immobilienbranche. Doch wie umfassend und dabei kosteneffizient kann diese Nachhaltigkeit in Bezug auf Energie- und Wasserneutralität bei einem Firmengebäude tatsächlich umgesetzt werden?
Dieser spannenden Frage widmet sich das auf Wassertechnik spezialisierte Unternehmen INTEWA in Aachen mit seinem Firmengebäude-Neubau. Wie vielfältig die aktuell bestehenden Möglichkeiten bereits sind, auch ein Unternehmensgebäude energie- und ressourcensparend zu konstruieren und zu betreiben, wird hier in der praktischen Umsetzung erprobt.
Doch INTEWA möchte noch einen Schritt weiter gehen. Mittels der innovativen Haustechnik, die im Firmengebäude eingerichtet wurde, wird das intern erzeugte Grauwasser, Kleinkläranlagen-Ablaufwasser und Gründach-Ablaufwasser zusätzlich für Forschungszwecke genutzt. Hierbei werden erprobt, wie die Aufbereitung des Wassers und somit die Wiederverwendungsoptionen zukünftig noch weiter ausgebaut werden können, um den ressourcensparenden Nachhaltigkeitsansatz immer weiter zu optimieren.
Bei der Planung und Umsetzung des Bauprojektes 2018 wurden vielfältige Maßnahmen ergriffen, um Energie- und Wasserneutralität im Firmenkontext zu erzeugen und somit Nachhaltigkeit in einer neuen Dimension zu schaffen, die sich aus vielen einzelnen technisch und wissenschaftlich fortschriftlichen Maßnahmen zusammensetzt.
Wasserneutralität
Der ressourcensparende Umgang sowie die Aufbereitung, Reinigung und Wiederverwendung von Wasser ist in Zeiten steigender Wasserknappheit, von der Menschen auf allen Kontinenten betroffen sind, ein zentrales Element der Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen geworden.
Das Weltwirtschaftsforum erklärte im vergangenen Jahr Wasserknappheit und ihre Konsequenzen sogar als die größte Gefahr des kommenden Jahrzehnts.
INTEWA setzt vielfältige Wasseraufbereitungsmethoden sowie Regenwassernutzung und - Rückhaltung ein, um Wasserneutralität bei dem Firmengebäude-Neubau zu erzeugen und natürliche Wasser- und Energiequellen optimal zu nutzen.
Dabei dient Niederschlagswasser hier als Haupt- und Trinkwasserquelle. Rund 380m³ Regenwasser werden jährlich vom Firmen-Hallendach aufgefangen und gezielt in einen 30m³ lebensmittelechten Glasfaserspeicher geleitet, um mittels der von INTEWA entwickelten AQUALOOP-Technologie zur Trinkwasserqualität aufbereitet zu werden. Dieses wird regelmäßig von einem anerkannten Labor überprüft und zertifiziert.
Diese gewerbliche Nutzung von aufbereitetem Regenwasser als Trinkwasser, welches zudem für die Handwaschbecken sowie Spülmaschinen des Unternehmens genutzt wird, ist bislang in Deutschland einzigartig. Die Glasfaser-Zisterne dient darüber hinaus als Rückhaltebehälter für Starkregenereignisse.
Eine weitere Wasserquelle – in diesem Fall für Betriebswasser - stellt mittels der AQUALOOPTechnologie aufbereitetes Kleinkläranlagen-Ablaufwasser dar, welches mit einem RAINMASTER Eco in einem separaten Leitungskreis für die Spülung der Toiletten verwendet wird. Dieser Kreislaufprozess spart einen jährlichen Trinkwasser-bedarf von 66m³ für Toilettenspülungen ein. Aus ökonomischer Sicht ist dieser Wasserkreislauf doppelt effizient, denn es werden hier sowohl Trink- als auch Abwasserkosten eingespart. Auch dieser ressourcensparende Ansatz ist hoch innovativ.
Das 300m² umfassende Gründach, welches auf einem Teil des Firmengebäudes angelegt wurde, erfüllt einen vielfältigen Nutzen. Das hier entstehende Ablaufwasser, ca. 168m³ wird ebenfalls aufgefangen und mittels der hauseigenen Tests- und Entwicklungsanlagen gewinnbringend zur Erforschung vielfältiger Aufbereitungs- und Reinigungsmethoden eingesetzt. Anschließend dient es der Bewässerung.
Auch der Optimierung der Gebäudedämmung dient das Gründach, sowie der natürlichen Klimaregulierung. Mittels der Verdunstung des durch die Dachbegrünung retinierten Regenwassers, wird hier eine Kühlung der Umgebung des Gebäudes erreicht.
Bei 680 kWh/m³ Verdunstungskälte entstehen hier 117.600kWh Kühlleistung zur Verbesserung des Mikroklimas. Dies liefert wiederum einen Beitrag zur Energieneutralität des Firmengebäudes. Neben der Erhöhung der Biodiversität sind die Verbesserung der Luftqualität und die Minderung der Abflussspitzen bei Regenereignissen als weitere positive Aspekte des Gründachs zu nennen.
Die entsiegelten Verkehrsflächen die auf dem Firmengelände errichtet wurden, ermöglichen eine naturnahe, dezentrale Versickerung. Neben dem Erhalt der belebten und fruchtbaren Bodenschicht und der Vegetationsfähigkeit sind hier der Schutz und die Neubildung des Grundwassers zentrale Aspekte.
Da für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt eine übermäßige Bodenversiegelung ein Problem darstellt, diese jedoch laut Umwelt Bundesamt mit der Ausweitung der Siedlungs- und Verkehrsflächen immer weiter zunimmt, ist die Schaffung entsiegelter Flächen fundamental, um den natürlichen Wasserkreislauf zu stärken. Aus finanzieller Sicht rechnet sich die Einsparung von Niederschlagswassergebühren, die sich vor allem nach der wasserundurchlässigen Fläche eines befestigten Grundstücks berechnen.
Energieneutralität
Auch bei den Einsparungen im Bereich des Energieverbrauchs setzt das innovative Unternehmen bei seinem Firmengebäude auf modernste technische Lösungen und fortschrittliche, vielfältige Maßnahmen.
Bereits die Hälfte der Energiekosten, die bei der herkömmlichen Temperaturregulierung mittels Heiz- und Kühlungssystemen bei der gewerblichen Nutzung des Gebäudes anfallen würden, werden hier durch den Einsatz zweier 800m³/h Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung als Enthalpiewärmetauscher eingespart. Dabei werden sowohl Temperatur, als auch Luftfeuchtigkeit übertragen, um ein angenehmes Raumklima zu gewährleisten.
Dieses System sorgt sowohl für eine Abkühlung der warmen Außenluft im Sommer, als auch für die Aufwärmung der kalten Außenluft im Winter und spart somit enorme Energiekosten ein.
Generiert wird die benötigte Energie mittels der Photovoltaikanlage die auf dem Hallendach des Firmengebäudes in Ost-West Ausrichtung platziert wurde, um möglichst optimal den Tagesbedarf des Unternehmens unter Optimierung des Eigenverbrauchs decken zu können.
Durch die effiziente Dimensionierung produziert die Photovoltaikanlage die benötigte Jahresenergie des Unternehmens von ca. 16.000kWh und gewährleistet somit die Energieneutralität.
Die eingesetzte Wasser-Wärmepumpe wird sehr effizient genutzt und bezieht die Energie für das Heizen im Winter und auch als Umwälzpumpe für das Kühlen im Sommer aus dem Erdreich. Durch zwei Erdwärmesonden die mittels Tiefenbohrungen in 100m Tiefe platziert wurden, wird dem Erdreich Wärme entzogen, die an die Wärmepumpe weitergegeben wird und somit eine Heizleistung von 13,21kW generiert.
Mit dieser Wärme wird die energiesparende Niedrigtemperatur-Fußbodenheizung betrieben. Warmwasser für die Handwaschbecken wird mittels kleiner Durchlauferhitzer für den Firmenbetrieb erzeugt. Bei hohen Außentemperaturen sorgt die Umwälzpumpe im Kühlbetrieb über die Fußbodenheizung für eine Temperaturabsenkung innerhalb des Firmengebäudes.
Eine weitere technische Optimierung des Energieverbrauchs stellt das eingesetzte Gebäudeautomationssystem dar, welches die energiesparende LED-Beleuchtung in und um das Firmengebäude bedarfsorientiert steuert, als auch die Gebäudetemperatur und die jeweilige Heiz- und Kühlleistung regulieren kann, um eine maximale Effizienz zu erzielen.
Über Multisensoren werden Helligkeit, Bewegung und Temperatur erfasst. Dies ermöglicht die Anpassung des Energieverbrauchs an den tatsächlichen Bedarf.
Dies bedeutet in der Praxis: Wird in Teilen eines Großraumbüros über einen modifizierbaren Zeitraum keine Bewegung gemessen, wird die Beleuchtung des jeweiligen Bereiches der Räumlichkeit automatisch ausgestellt, bis über die Bewegungsmelder erneut die Anwesenheit einer Person gemessen wird. Dies führt zur Einsparung nicht benötigter Energie.
Die angeschlossenen Komponenten lassen dich zudem über PC oder App kontrollieren und fernsteuern. Auch das fördert eine bedarfsorientierte und einfache Anpassung und somit Optimierung des tatsächlichen Energieverbrauchs.
Fazit
Die mannigfaltigen Möglichkeiten den Energie- sowie Wasserbedarf zu Optimieren und eine sparsame Nutzung auch im gewerblichen Kontext umzusetzen, ergänzen sich bei der Konstruktion und dem Betrieb dieses innovativen Firmengebäudes optimal.
Von der Aufbereitung und Nutzung des anfallenden Regenwassers von Hallen- sowie Gründach, über die Reinigung und Wiederverwendung des Ablaufwassers der Kläranlage, bis hin zur Auffüllung des Grundwassers mittels des Einsatzes entsiegelter Verkehrsflächen wird hier die Ressource Wasser sparsam und ökologisch sinnvoll sowie effektiv verwertet.
Das Firmengebäude ist somit von der zentralen Wasserversorgung unabhängig und generiert seinen eignen, gewerblichen Bedarf anhand der eigens entwickelten Wasseraufbereitungstechnik, die darüber hinaus noch weiterentwickelt wird.
Energieneutralität erreicht das Firmengebäude einerseits mittels eines sehr niedrigen Bedarfs durch den Einsatz einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, der optimierten Außendämmung z.B. durch das Gründach und der Niedertemperaturfußbodenheizung sowie der Nutzung der Wärme aus dem Erdreich. Dieser geringe Verbrauch kann durch die optimierte eigene Energiegenerierung mittels der effizient dimensionierten Photovoltaikanlage gewährleistet werden und sorgt somit für Energieneutralität.
Der Ansatz, ein gewerblich genutztes Gebäude so anzulegen, dass sowohl der Wasser- als auch Energiebedarf autark erzeugt wird, ist aus ökologischer sowie ökonomischer Sicht sinnvoll, gewinnbringend und zukunftweisend. INTEWA in Aachen liefert mit dem Neubau des Firmengebäudes den praktischen Beweis der Umsetzbarkeit dieses umfassenden Nachhaltigkeit-Ansatzes.
Autor:
Daniela Johanna Voigt
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