Sanierung in der Tiefe
26.02.2019
Die meisten Kanalisationen in Deutschland stammen aus dem 19. Jahrhundert, vor diesem Hintergrund wird die Sanierung von Abwasserkanälen für deutsche Städte immer wichtiger. Bei den 17. Nürnberger Kolloquien zur Kanalsanierung der OHM Professional School der TH Nürnberg informierten Expertinnen und Experten der Branche über aktuelle Sanierungsverfahren und -strategien. Die begleitende Hausmesse ermöglichte zudem informative Einblicke in die Techniken der Kanalsanierung.
Sie sind unverzichtbar für ein komfortables und hygienisches Leben: die Abwasserkanäle. Allein die Stadt Nürnberg hat ein Kanalnetz mit einer Länge von rund 1.460 Kilometern – das entspricht einer Strecke von Nürnberg bis Madrid. Die meisten deutschen Städte haben bereits im 19. Jahrhundert mit dem Bau ihrer Kanalisationen begonnen und müssen sich nun um die Instandhaltung bemühen.
Die Sanierung von Abwasserkanälen nimmt daher eine immer größere Bedeutung ein. Bei den 17. Nürnberger Kolloquien zur Kanalsanierung der OHM Professional School der TH Nürnberg diskutierten Expertinnen und Experten der Branche über aktuelle Sanierungsverfahren, potenzielle Fehlerquellen und innovative Sanierungsstrategien.
Unter anderem informierten Ronald Funk und Jörg Fehm von der Abteilung Grundstücksentwässerung, Stadtentwässerung und Umweltanalytik der Stadt Nürnberg über das Nürnberger Modell zur wiederkehrenden Überprüfungspflicht von Grundstücksentwässerungs-anlagen. Die Stadt setzt bei der Sanierung der Haus- und Grundstücksleitungen konsequent auf die Eigenverantwortung der Anschlussnehmerinnen und -nehmer.
Die Stadt Nürnberg fordert von ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Nachweis, dass sie in Wasserschutzgebieten alle zehn Jahre und in den übrigen Bereichen alle 25 Jahre die Grundleitungen überprüfen und notwendige Sanierungen durch Fachfirmen erledigen lassen. Mit diesem Modell kann die Stadt Nürnberg einen großen Erfolg verzeichnen: Für die Wasserschutzgebiete und die Industrie liegt der Nachweis der Dichtigkeit bei rund 100 Prozent, das häusliche Abwasser in den übrigen Bereichen läuft mittlerweile zu 87 Prozent in überprüfte Kanäle.
Einen anderen Ansatz stellte Dr.-Ing. Stephanie Rapp-Fiegle vom Abwasserverband Starnberger See vor. Der Abwasserverband übernimmt die Dienstleistungen der Rohrnetzuntersuchungen für die Gemeinden am Starnberger See. Der Verband hat eine konsequente, dienstleistungsorientierte Organisation aufgebaut, die die Überwachung der privaten Anschlussleitungen für alle Kundinnen und Kunden auf die gleiche Weise und als Gemeinschaftsaufgabe erledigt.
Der Vorteil dieses Modells: Ein gleichbleibend hoher Untersuchungsstandard zu nachgewiesenen Selbstkosten und eine optimale, transparente Bestandserfassung aller öffentlichen und privaten Leitungen.
Ob sich das Nürnberger Modell mit der privaten Abwicklung der wiederholenden Überprüfungspflicht der Hausanschlüsse oder das Starnberger Modell mit der Überprüfung durch die öffentliche Hand als Gemeinschaftsaufgabe als größerer Erfolg erweist, muss sich erst noch zeigen. Prof. Dr.-Ing. Karsten Kerres von der Fachhochschule Aachen legte offen, dass die meisten Kanalnetzbetreiber ihre Netze bedarfsgerecht lokal ausbauen und den Bestand nur nach den aktuellen Ergebnissen von Kanalinspektionen sanieren.
Es existieren aber bereits Methoden und Modelle, durch die die Kanalnetzbetreiber Sanierungsstrategien entwerfen und leicht anwenden können. Durch die Modelle wird deutlich, welche Maßnahmen und Sanierungsmethoden den größten Nutzen für die Betriebssicherheit und den Erhalt des Substanzwertes der Netze haben. Sie zeigen den tatsächlichen Sanierungsbedarf und definieren einen objektiven Betrag für die Sanierungskosten.
Damit sind die Modelle ein entscheidendes Mittel, um den langfristigen Mittelbedarf bei Sanierungen über Jahre hinweg verbindlich zu planen und eine kaufmännisch-technische Entwicklung transparent zu machen.
Die 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Nürnberger Kolloquien zur Kanalsanierung hatten neben den spannenden Vorträgen zudem die Möglichkeit, sich bei der begleitenden Hausmesse über weitere Themen zu informieren und sich mit Kolleginnen und Kollegen aus der Branche auszutauschen. Durch die Zusammenlegung der Nürnberger Kolloquien zur Kanalsanierung und zur Trinkwasserversorgung, die parallel in der Stadthalle Fürth stattfanden, nahmen 53 Aussteller an der Messe teil.
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