Was sind Reparaturen wirklich wert?
30.07.2014
3. Deutscher Reparaturtag in Hannover
Am 23. September 2014 findet in der Niedersachsenhalle im Hannover Congress Centrum (HCC) der 3. Deutsche Reparaturtag statt. Der Stellenwert der vom Verband Zertifizierter Sanierungsberater für Entwässerungssysteme (VSB) und der Technischen Akademie Hannover (TAH) ins Leben gerufenen eintägigen Veranstaltung als Forum für den Austausch von Erfahrungen aus der Praxis der ganzheitlichen Kanalsanierung ist bereits in den Vorjahren deutlich geworden. Noch immer wird die Reparatur zuweilen als Sanierungsverfahren von untergeordneter Bedeutung angesehen – zu Unrecht, zeigen doch Erhebungen, dass Reparaturverfahren auf dem Vormarsch sind: 36% aller durchgeführten Sanierungen wurden unter Nutzung von Ausbesserungs-, Injektions- oder Abdichtungsverfahren durchgeführt – das ist zumindest das Ergebnis der letzten 2009 veröffentlichten DWA-Umfrage zum Zustand der Kanalisation in Deutschland.
Nach wie vor herrscht in der Branche jedoch großer Informationsbedarf zu den verschiedenen Verfahren und ihrer Eignung hinsichtlich konkreter Anwendungszwecke. Wohl nicht zuletzt deshalb, weil es im Bereich der Reparaturverfahren auch im Jahr 2014 an Normen und DIBt-Zulassungen fehlt, die Qualität sicherstellen und bei Planern und Auftraggebern für Vertrauen sorgen. Über diesen Sachverhalt soll in Hannover ebenso Klartext geredet werden wie über mögliche Nutzungsdauern bei Reparaturverfahren, den Umgang mit Mängeln bei der Bauausführung oder die heikle Frage nach der Honorierung. Gerade in letztem Punkt bewegen wir uns in einem regelrechten Teufelskreis: Angesichts einer unattraktiven Vergütung haben die Reparaturverfahren oft keine Lobby und stehen bei der Sanierungsplanung in niedrigem Ansehen.
Kein Wunder, wenn deshalb auch die Qualität von Sanierungsmaßnahmen auf der Strecke bleibt. Dafür, dass auch die Technik nicht zu kurz kommt, sorgt ein eigener Themenblock mit Fachvorträgen, die Verfahren, Materialien und auch Anwendungs- und Einsatzgrenzen von Reparaturverfahren beleuchten. Den Abschluss der Veranstaltung, die von einer Fachausstellung mit Herstellern und Verbänden begleitet wird, bildet eine Podiumsdiskussion, bei der ebenfalls der Wert von Reparaturen im Fokus stehen wird: "Wie lange muss eine Reparatur wirklich halten?" Moderator Prof. Volker Wagner von der Hochschule Wismar möchte hier gemeinsam mit Rednern und Auditorium Antworten finden, die verlässliche Hilfestellungen für den Alltag bieten.
Drei Blöcke geballtes Know-how
Am Vormittag werden zunächst "Anforderungen und praktische Umsetzung" im Fokus stehen. Dipl.-Ing. Simone Lüthje von der Hamburger Stadtentwässerung AöR, Dipl.-Ing. Markus Maletz vom TÜV Rheinland und Prof. Dr.-Ing. Frank W. Günthert von der Universität der Bundeswehr in München referieren über die Reparatur als Bestandteil der Kanalsanierungsstrategie, den aktuellen Stand von Normung und Regelwerk sowie deren weitere Entwicklung und die Ermittlung der Nutzungsdauer bei Reparatuverfahren.
Der zweite Themenblock steht ganz im Zeichen von "Verfahren und Materialien – Anwendung und Einsatzgrenzen". Dipl.-Ing. Andreas Haacker von der Siebert + Knipschild GmbH in Oststeinbeck wird anhand von Beispielen aus der Praxis Vor- und Nachteile sowie Einsatzgrenzen von Kunstharzen aufzeigen, Dipl.-Ing. Roland Wacker, Ingenieurbüro für Kanalsanierung und Kanalinstandhaltung, wird über seine Erfahrungen mit der Reparatur von Zulaufanbindungen berichten. Dipl.-Ing. Ralf Puderbach vom Franz Fischer Ingenieurbüro in Erftstadt beschließt dann den Themenblock mit einem Vortrag über "Großprofilreparatur an der Grenze des Machbaren": Welche Reparaturverfahren eignen sich für schwer zugängliche Bereiche unter Bergsenkungseinfluss, wie lassen sich zukünftige Bewegungen aufnehmen?
"Planung, Bauüberwachung und Honorierung" bilden den roten Faden des gleichnamigen dritten Vortragsblocks. Was ist überhaupt ein Mangel, was nicht? Dipl.-Ing. (FH) Markus Vogel von VOGEL Ingenieure, Kappelrodeck, nimmt sich dieser grundsätzlichen Frage in seinem Vortrag über Abnahmekriterien und Mängelbeseitigung an. Grundlegende Bedeutung hat auch das Thema, über das Dipl.-Ing. Peter Kalte vom GHV Gütestelle Honorar- und Vergaberecht e.V., Mannheim, in seinem Beitrag "Honorierung von Reparaturplanungen – Honorierungsempfehlungen auf Basis der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) 2013" informieren möchte.
Was darf Kanalsanierung kosten?
"Undichte Leitungen müssen saniert werden" – immerhin darin seien Aufraggeber, Netzbetreiber und Planer aus Ingenieurbüros sich in der Regel einig, weiß Dipl.-Ing. Michael Hippe, Vorsitzender des Vorstands, Verband Zertifizierter Sanierungsberater für Entwässerungssysteme e. V. (VSB). Häufig aber herrsche bei den Verantwortlichen große Unsicherheit hinsichtlich der Auswahl des im jeweiligen Fall idealen Sanierungsverfahrens. Wann ist Renovierung ratsam, in welchen Fällen ist eine komplette Erneuerung des Kanals unumgänglich – und in welchen Fällen ist eine Reparatur die beste Lösung? Informationen zu finden, die bei der Entscheidungsfindung helfen, ist alles andere als leicht. Zumal es mit der Entscheidung für "die Reparatur" bei weitem nicht getan ist. "Die Reparatur" gibt es nämlich gar nicht, zu vielfältig sind die angebotenen Materialien und Verfahren. Und hier haben Netzbetreiber und Planer dann die Qual der Wahl: Welches Verfahren ist für welche Maßnahme die richtige Lösung, und wo liegen die jeweiligen Einsatzgrenzen? Um diese Fragen beantworten zu können, sind mehr als nur Grundkenntnisse notwendig. "Erste Hinweise finden sich natürlich in den einschlägigen Angaben der Hersteller", so Hippe. "Trotzdem ist die praktische Erfahrung bei der Auswahl des vor Ort am besten geeigneten Sanierungsverfahrens durch nichts zu ersetzen."
Wirtschaftliche Aspekte ausschlaggebend
Im Zweifelsfalle geben wirtschaftliche Überlegungen den Ausschlag – mit ein Grund, warum die vergleichsweise kostengünstige Reparatur seit einigen Jahren im Aufwind ist. Zu diesem Ergebnis kommt auch die von der Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) durchgeführte Umfrage. Demnach "sind für die Planung eines Sanierungsverfahrens und die Auswahl des Verfahrens im Rahmen der Planung die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und hierbei die zugrunde liegende Nutzungsdauer und Höhe der Investition von maßgeblicher Bedeutung" (DWA 2009). Das könnte auch eine Erklärung dafür sein, warum der Anteil der Erneuerungs- und Renovierungsverfahren bei Sanierungsmaßnahmen ab-, der der Reparaturverfahren dagegen zunimmt. Höchste Zeit also, dem nach wie vor oft stiefmütterlich betrachteten Thema Reparatur zu dem Stellenwert im Bewusstsein der Verantwortlichen zu verhelfen, der ihm tatsächlich gebührt. Denn, da ist sich Hippe sicher, gerade in einem frühen Schadensstadium trägt der Einsatz eines Reparaturverfahrens meist sinnvoll dazu bei, Funktion und Wert der Kanalisation zu bewahren.
Viele Ansätze, breites Programm
Was ist wo die richtige Lösung – was hat sich bewährt? Der Reparaturtag möchte praktische Hilfestellung leisten und deckt dabei ein breites Spektrum ab – von Vorträgen aus der Praxis, die den Einsatz verschiedener Reparaturverfahren und -materialien anhand von Anwendungsbeispielen anschaulich machen, bis hin zu Informationen über den aktuellen Stand von Regeln und Normen, die jetzt und in Zukunft zu beachten sind. "Hier tut sich zur Zeit eine ganze Menge", erläutert Hippe. Auch der VSB mache sich für die Regelung von Reparaturverfahren stark. "Für den Themenkomplex wurde eigens ein Normungsantrag gestellt, darüber hinaus werden die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen aktualisiert und in die Reihe M 144 der DWA überführt", berichtet der Vorstandsvorsitzende des VSB. Dieses Engagement trägt letztlich dazu bei, die Position der Reparaturverfahren zu stärken und weiter im Markt zu etablieren. Ein Anspruch, den sich Veranstalter und Hersteller auch vom nunmehr 3. Reparaturtag erhoffen.
"Die Titel der Vorträge und die Namen der Referenten werden für das nötige Interesse in der Branche sorgen", ist Dr.-Ing. Igor Borovsky überzeugt. Der 1. Vorsitzende der Technischen Akademie Hannover erhofft sich darüber hinaus weitere Impulse von der Diskussion über die vielfältigen Reparaturverfahren. Neben dem breitgefächerten Vortragsprogramm mit anschließender Podiumsdiskussion werden die Besucher des 3. Reparaturtags auch in Hannover eine angegliederte Fachausstellung finden – ein Konzept, das sich in der Vergangenheit bestens bewährt hat und das den Sponsoren der Veranstaltung Gelegenheit bietet, ihre neuesten Entwicklungen aus dem Bereich der Reparaturverfahren vorzustellen.
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