Wasserwirtschaft in Deutschland steht vor großen Herausforderungen
21.01.2020
Klimaschutz und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels, demografische und gesellschaftliche Veränderungen einschließlich Fachkräftemangel, Veränderungen von belebter und unbelebter Umwelt, die Einflussnahme des Menschen auf Stadt und Landschaft: Es war ein bunter Strauß an Themen, die die gut 100 aus ganz Deutschland angereisten Fachleute für Wasserwirtschaft auf dem 20. „Workshop Flussgebietsmanagement“ Ende November in Essen diskutierten.
Einmütigkeit herrschte dabei vor allem in einem Punkt: Um das komplexe wasserwirtschaftliche System in Deutschland auch unter sich rasant ändernden Rahmenbedingungen funktionsfähig zu halten, bedarf es eines strukturierten Kooperationsprozesses unter Einbeziehung aller Stakeholder und im Einklang mit Strategien anderer Politikfelder und Disziplinen.
Der „Workshop Flussgebietsmanagement“ ist eine Gemeinschaftsveranstaltung der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) mit dem nordrhein-westfälischen Landesverband der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau (BWK NRW), dem Zentrum für Wasser- und Umweltforschung der Universität Duisburg Essen (ZWU), der European Water Association (EWA) und dem Institut zur Förderung der Wassergüte- und Wassermengenwirtschaft e. V. (IFWW).
Die Workshopreihe wurde im Jahr 2000 initiiert, um den Meinungs- und Informationsaustausch rund um die damals vom Europaparlament verabschiedete Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) zu fördern und zu begleiten, und wird von Beginn an vom Ruhrverband inhaltlich mitgestaltet.
In ihrem Synthesepapier mit den Ergebnissen des diesjährigen 20. Workshops zeigten sich die Wasserfachleute ernüchtert über das bislang in Bezug auf die EG-WRRL Erreichte. Der geforderte „gute (chemische und ökologische) Zustand“ der Gewässer zeige seit Jahrzehnten europaweit nur wenige Fortschritte. Die in der Richtlinie formulierten Ziele seien „alle richtig, ambitioniert und durchaus erreichbar“, doch bei den gesetzten Zeitvorgaben zur Zielerreichung „klaffen Anspruch und Wirklichkeit deutlich auseinander“.
Einen ehrlichen Umgang der beteiligten Stakeholder auf allen Ebenen, in Politik und Öffentlichkeit, mahnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops in Essen an – auch bei Konflikten um konkurrierende Nutzungen und divergierende Interessen, wenn es etwa um die Verfügbarkeit von Wasser und um die Bereitstellung von Flächen am Gewässer geht.
Aus ihrer Sicht steht die EG-WRRL eher für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess im Sinne eines lernenden Instruments in einem größeren Zeithorizont und weniger für ein konkretisiertes Programm bis 2027, wie die Richtlinie es fordert. Bei der Formulierung von Zielvorgaben und dem Monitoring des bisher Erreichten, bei der Stadtentwicklung und beim Flächenmanagement, bei der Prognose von Systemreserven und notwendigen Redundanzen müsse langfristig gedacht und auch berücksichtigt werden, „dass viele kleine Maßnahmen zur Zielerreichung insgesamt beitragen, dies aber oftmals erst nach längerer Zeit erkennbar wird“.
Doch trotz aller Kritik an den bisher erreichten Zielen, der Umsetzung und den Zeitvorgaben herrschte auf dem „Workshop Flussgebietsmanagement“ breiter Konsens, dass die EG-WRRL der richtige Ansatz sei, um die Megatrends der Wasserwirtschaft in Deutschland und Europa anzugehen. „Sie (die Wasserrahmenrichtlinie, Anm.) ist es wert, weiterentwickelt und systematisch und verbindlich umgesetzt zu werden.“
Auch mit dem zukünftigen Umgang mit der kostbaren Ressource Trinkwasser unter den Vorzeichen des Klimawandels befassten sich die Fachleute in Essen. Zwar wurde ein genereller Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung vor anderen Nutzungen und Zielen kontrovers diskutiert, doch über den Vorsorgegedanken bei der Trinkwasserbereitstellung und die Bedarfsdeckung für reine Trinkwasserzwecke gab es überwiegende Einmütigkeit.
Maßnahmen zum Klimaschutz wurden ebenfalls angemahnt, doch gleichzeitig müssten auch Anpassungsstrategien für die zu erwartenden Klimafolgen entwickelt und die mit den bereits jetzt unabwendbaren Veränderungen verbundenen Risiken und Schadenspotenziale frühzeitig offen kommuniziert werden.
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