Weltwassertag 2014: Wasser und Energie - Abwasser als Ressource nutzen
24.03.2014
Der Weltwassertag stand in diesem Jahr unter dem Motto "Wasser und Energie". Beide Themen sind eng miteinander verbunden. Ein Beispiel für eine nachhaltige Nutzung der Wechselbeziehung von Wasser und Energie ist die Wärmerückgewinnung aus häuslichem Abwasser, wie sie aktuell im Forschungsprojekt netWORKS 3 in Frankfurt am Main umgesetzt wird.
Die Idee, dem häuslichen Abwasser Wärme zu entziehen und diese Energie zu nutzen, ist nicht neu. Das Forschungsprojekt netWORKS 3 geht jedoch einen Schritt weiter. "Wir untersuchen das Wärmepotenzial der unterschiedlichen Abwasserströme aus den Haushalten", sagt Projektleiter Jörg Felmeden vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung. Dazu gehören das Grauwasser (häusliches Abwasser ohne Toilettenwasser) und das Toilettenwasser. "Mit dieser Energie kann dann zum Beispiel das Trinkwasser im Gebäude erwärmt werden", sagt Felmeden.
Die Erkenntnisse fließen direkt zurück in die Praxis: Im Frankfurter Stadtteil Bockenheim entsteht derzeit ein Passivhaus mit 70 Wohnungen und einer Kindertagesstätte. Hier wird den unterschiedlichen Abwasserströmen Wärme entzogen und das Trinkwasser im Gebäude erwärmt. Das durch seinen geringen Energiebedarf für die Raumheizung ohnehin schon ressourcenschonende Passivhaus wird dadurch noch energieeffizienter. "Mit der Wärmerückgewinnung durch das Abwasserrecycling können wir das letzte ‚Energieloch‘ im Passivhaus schließen", sagt Felmeden. Bislang ging diese Wärme ungenutzt verloren. Gleichzeitig ist ein Grauwasserrecycling geplant, bei dem das nur leicht verschmutzte Abwasser zunächst vom restlichen Schmutzwasser getrennt wird. Es wird mit Hilfe von Mikroorganismen behandelt und durch UV-Strahlung desinfiziert, und der Hälfte der Wohnungen für die Toilettenspülung wieder zugeführt. Der Feldversuch ist der erste seiner Art in Frankfurt und zählt deutschlandweit zu den größten Umsetzungen im Gebäude überhaupt.
Zukunftsfähige Abwassersysteme sparen Wasser und Energie
Die Wärmerückgewinnung direkt im Gebäude bietet gegenüber der zentralen Lösung deutliche Vorteile. Wird die Wärme im Abwasserkanal zurückgewonnen, bedarf es der Abstimmung zwischen Gebäude- und Kanalbesitzer. "Im Gebäude selbst lässt sich das ohne solche Abstimmungsprozesse regeln", sagt Jens Libbe vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu), Kooperationspartner in netWORKS 3. "Außerdem ist die Energieausbeute deutlich höher, da hier keine Wärme auf dem Weg in den Kanal verloren geht und somit nicht mehr nutzbar ist."
Ergebnisse aus einem Berliner Grauwasserrecycling-Projekt des Ingenieurbüros Nolde & Partner zeigen, dass 1.000 Liter Grauwasser eine Wärmeenergie von 10 bis 15 Kilowattstunden liefern, also rund 13.000 Kilowattstunden pro Jahr. Das entspricht dem jährlichen Energieverbrauch von vier 3-Personenhaushalten. Der Leistungskoeffizient liegt im Mittel bei 50, das heißt, dass 50 Prozent der Wärmeenergie aus dem Grauwasser genutzt werden können.
Mit geringen Investitionskosten die wertvolle Ressource Trinkwasser schonen
Diese innovativen Abwassersysteme schonen die Trinkwasserressourcen. "Das recycelte Wasser lässt sich auch noch in anderen Haushaltsbereichen einsetzen, in denen keine Trinkwasserqualität notwendig ist," sagt Felmeden. Es biete sich zum Beispiel für die Bewässerung von Zimmerpflanzen und Garten und die Waschmaschine an. Die zusätzlichen Investitionskosten für das dezentrale Recycling seien dabei mit etwa 10 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche verhältnismäßig gering. Zudem halbiere sich der private Trinkwasserbezug. Die jährlichen Berliner Energieeinsparungen sind vielversprechend: Sie lassen sich mit einer Solarthermie-Anlage in der Größe von 35 Quadratmetern vergleichen.
Bauträger des Pilotprojekts in Frankfurt am Main in der Salvador-Allende-Straße sind die ABG FRANKFURT HOLDING und ABGnova; beide sind Praxispartner in dem Projekt. Der Baubeginn ist für Sommer 2014 geplant. Für die Umsetzung werden Erfahrungen aus ähnlichen Projekten in Berlin genutzt und weiterentwickelt. Dazu ist die Kooperation mit dem Ingenieurbüro Nolde & Partner vorgesehen.
Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung koordiniert das Projekt "netWORKS 3: Intelligente wasserwirtschaftliche Systemlösungen in Frankfurt am Main und Hamburg". Forschungs- und Projektpartner sind das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu), Berlin, das Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik (WIP) an der Technischen Universität Berlin sowie COOPERATIVE – Infrastruktur und Umwelt, Reinheim. Praxispartner im Verbund sind die ABG FRANKFURT HOLDING und ABGnova GmbH sowie die Hamburger Stadtentwässerung AöR (HSE), ein Unternehmen von HAMBURG WASSER.
netWORKS 3 wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb der Fördermaßnahme "Intelligente und multifunktionelle Infrastruktursysteme für eine zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung (INIS)" gefördert. Mit netWORKS 3 werden die Ergebnisse aus den beiden vorangegangenen Projekten des Forschungsverbunds netWORKS weiterentwickelt und umgesetzt.
Webseite des Forschungsverbunds: http://www.networks-group.de
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