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Häusliches Schmutzwasser fällt in Küchen, Waschräumen, Waschbecken, Badezimmern, Toiletten und ähnlichen Einrichtungen an. Die darin enthaltenen Feststoffe bestehen zu 80-90 % aus organischen Feststoffen wie Nahrungsresten, Fetten, Fäkalien, Haaren, Papier etc. [Godeh2002] [ATV96] [ATVDVWKM 369:2003]. Den restlichen Anteil bilden mineralische Feststoffe, die beispielsweise aus der unsachgemäßen Entsorgung von Hausabfällen wie z. B. Katzenstreu resultieren.
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In Abhängigkeit von Ort und Art der Regenwassereinleitungen in die Kanalisation unterscheidet man den Feststoffeintrag von Dachflächenentwässerungen, die direkt über Abwasserleitungen am Abwasserkanal angeschlossen sind, und den Feststoffeintrag von Bodenoberflächen durch die Straßenabläufe. Darüber hinaus stellen auch die Lüftungsöffnungen von Schachtabdeckungen eine potenzielle Quelle für den Feststoffeintrag dar.
(Bild: Dachflächenentwässerung)
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Maßgebliche Quellen für den Feststoffeintrag von Dachflächenentwässerungen sind Staubniederschläge und Rückstände der jeweiligen Dachhaut. In Gebieten mit Industrie, z.B. einem Kohlekraftwerk, ist aufgrund der Feststoffpartikel in der Luft mit erhöhten Feststoffeintrag in die Kanalisation zu rechnen [Godeh2002] [ATV96] [Godeh2000].
(Bild: Feststoffeintrag von Dachflächenentwässerungen)
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Bei Bodenflächen wird zwischen unversiegelten (z.B. Grünflächen) und versiegelten Flächen (z.B. Straßen) unterschieden. Der Regenwasserabfluss von versiegelten Flächen weist den höchsten Feststoffgehalt auf. Dieser wird im Wesentlichen über Straßenabläufe mit zugehörigem Anschlusskanal dem Misch- oder Regenwasserkanal zugeführt. Nahezu die Hälfte aller in Mischwasserkanälen und 100 % aller in den Regenwasserkanälen des Trennsystems anfallenden Feststoffe …
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Der Regenwasserabfluss von versiegelten und auch unversiegelten Flächen weist in Abhängigkeit vom Ort des Anfalls unterschiedliche Feststoffgehalte und Verschmutzungsgrade auf. Diesbezügliche Einflussfaktoren sind zum Beispiel... -
Lage, Art, Größe und Nutzung des Einzugsgebietes,
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Material- und Belagsart der befestigten Fläche,
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Dauer der dem Niederschlagsereignis vorangegangenen Trockenwetterperiode,
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Dauer und Intensität von Niederschlagsereignissen,
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(Video: Inspektion Kamerabefahrung Infiltration) Zur Kategorie des Fremdwassers zählen infiltrierendes Grundwasser ebenso wie unerlaubt über Fehlanschlüsse eingeleitetes Wasser (z. B. einem Regenwasserkanal zufließendes Schmutzwasser, Sicker- und Grundwasser aus Haus- und Baustellendränagen, Einleitung kleinerer Bäche in die Kanalisation). Der Fremdwasseranfall unterliegt stark tages- und jahreszeitlichen Schwankungen; im Winter fließt mehr, im Sommer …
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(Video: Erosionsverhalten nichtbindiger Böden bei Undichtigkeiten in Anlehnung an [Jones84a] [Bild: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH]) Video: Erosionsverhalten nichtbindiger Böden bei Undichtigkeiten in Anlehnung an [Jones84a] [Bild: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH]. Dieses interaktive Objekt ist ausschließlich in der Online-Version des Moduls sichtbar.
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(Bild: Gut verdichteter bindiger Boden [Jones84a]) a) Gut verdichteter bindiger Boden (Bild: Schlecht verdichteter bindiger Boden [Jones84]) b) Schlecht verdichteter bindiger Boden In den Bildern wird das Erosionsverhalten bindiger Böden bei innerer Belastung eines unterhalb des Grundwasserspiegels befindlichen, undichten Freispiegelkanals schematisch dargestellt [Stein00f] [Jones84a].
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Feststoffeinträge mit dem infiltrierenden Grundwasser oder durch innere Belastungen in Schadensbereichen „mit Boden sichtbar“ führen einerseits zu verstärkten Ablagerungen in den Kanälen bis hin zu Verstopfungen und andererseits zu Änderungen der Bettungsbedingungen durch Auflockerung des Bodens in der Leitungszone bis hin zu einer mehr oder weniger großen Hohlraumbildung.
(Bild: Großflächiger Straßeneinsturz (Tagbruch) aufgrund einer undichten Einbindung …
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In Entwässerungssystemen wird der Feststofftransport durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, welche zudem in Wechselwirkungen zueinander stehen. Nachfolgend werden die wichtigsten Grundlagen zur Beschreibung dieses Prozesses behandelt. Dies geschieht, um die Auswirkungen einer Reduzierung der Feststoffeinträge auf die Planung der Abwasserleitungen und -kanäle sowie weiterer abwassertechnischer Anlagen ermitteln zu können.
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Der Gesamtfeststofftransport findet in Abwasserleitungen und -kanälen in der Regel unter turbulenten Strömungsbedingungen statt - und zwar durch... [SteinR2005] [Glazi1989] (Bild: Bewegungsformen von Feststoffen in Abwasserleitungen und -kanälen in Anlehnung an Glazik [Glazi1989] [Bild: S&P])
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Die komplexen Transportvorgänge in einem Kanal können in vier Transportzustände unterteilt werden, die sich durch die vertikale Konzentrationsverteilung der Feststoffe über den Fließquerschnitt unterscheiden [SteinR2005] [Führb62]. Nachfolgend wird auf den kommenden Seiten die Veränderung der Raumkonzentration (auch als Volumenkonzentration bezeichnet) und der Transportkonzentration über den Fließquerschnitt in Abhängigkeit von der mittleren Fließgeschwindigkeit …
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Die Transportzustände werden mit Hilfe der beiden Konzentrationsmaße Raum- oder Volumenkonzentration c und Feststoff- oder Transportkonzentration cT (auch Volumenkonzentration an absetzbaren Feststoffen genannt) unterschieden [ATVDVWKA 110]. Die mittlere Raumkonzentration c ist als Quotient aus dem Feststoffvolumen VS und dem Gesamtvolumen VG der Feststoffe im Transportmedium V definiert [Macke82]. Gleichung 1: (Formel: Konzentrationsverteilung …
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Die Konzentrationsverteilung der Feststoffe über den Rohrquerschnitt ist von deren Eigenschaften und insbesondere von der mittleren Fließgeschwindigkeit (vm) abhängig. Sie wird unter anderem von folgenden Randbedingungen der durchflossenen Rohrleitungen beeinflusst: -
Sohlengefälle
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Nennweite
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Teilfüllungsgrad
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betriebliche Rauheit
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Der Zustand "schwebende Bewegung" (a) ist gekennzeichnet durch eine über die Höhe weitgehend konstante Feststoffkonzentration. In dieser Phase ist die mittlere Fließgeschwindigkeit der Gemischströmung (vm) sehr viel größer als die für den ablagerungsfreien Feststofftransport erforderliche Mindestfließgeschwindigkeit (vc). Zur Aufrechthaltung dieses Transportzustandes sind hohe Fließgeschwindigkeiten erforderlich [SteinR2005] [Führb62].
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In Bezug auf den Zustand "schwebende und springende Bewegung" (b) ist ersichtlich, dass bei abnehmender mittlerer Fließgeschwindigkeit das Konzentrationsprofil im unteren Fließquerschnitt völliger wird, wobei sich aber noch sämtliche Feststoffteilchen in Schwebe befinden. Hervorgerufen wird diese ungleichmäßige bzw. heterogene Konzentrationsverteilung durch die gegenüber dem Zustand (a) geringere Fließgeschwindigkeit. Die zurückgehende Turbulenz …
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Der Zustand "schwebende und gleitende Bewegung" (c) ist durch eine zur Kanalsohle hin zunehmende Feststoffkonzentration und das Auftreten von Geschiebe geprägt. Die Feststoffteilchen bewegen sich schwebend und gleitend, wobei keine Ablagerungen auftreten [Führb62] [SteinR2005]. (Bild: Konzentrationsprofile der Feststoffe über den Fließquerschnitt in Abhängigkeit von der mittleren Fließgeschwindigkeit - Zustand c)
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Im Zustand "schwebende und gleitende Bewegung über Ablagerungen" (d) besitzt die Strömung nicht mehr genügend Energie, um alle Feststoffpartikel zu transportieren. Die Bewegung der Feststoffe erfolgt zugleich in Form von Geschiebe und Suspension. Darüber hinaus bilden sich über den Transportbereich Körper in Form von Riffeln, Bänken bzw. Dünen aus. Liegt dabei die mittlere Fließgeschwindigkeit im Kanalquerschnitt wesentlich unter der kritischen Fließgeschwindigkeit, …
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Der Feststofftransport wird in drei Basisprozesse gegliedert: -
Sedimentation (Absetzvorgang), abhängig von der Sinkgeschwindigkeit der Partikel
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Erosion und Deposition, geprägt von Bewegungs- und Ruhephasen der Partikel
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Übergang von Geschiebe- in Schwebstofftransport und umgekehrt
[Bollr89]
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(Bild: Sinkgeschwindigkeit vs für Kugeln einer Dichte von 2,65 g/cm3 in Abhängigkeit vom Durchmesser und von der Temperatur des Wassers [Kalbs97]) Die Sedimentation (Absetzvorgang), ist abhängig von der Sinkgeschwindigkeit der Partikel.
Zur vereinfachten Ermittlung der Sinkgeschwindigkeiten stehen in der Literatur zahlreiche Tabellen und Diagramme zur Verfügung, welche diese in Abhängigkeit von Dichte, Korngröße und Temperatur darstellen, z. B. […
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Erosion und Deposition sind geprägt von den Bewegungs- und Ruhephasen der Partikel. Ein Feststofftransport im Abwasser beginnt bei Überschreitung der kritische Fließgeschwindigkeit vcrit (im weiteren Verlauf des Moduls: vc) oder der (Grenz-)Schleppspannung Tau (τ). Die Schleppspannung τ kann auch als Erosionsschubspannung bezeichnet werden.
Als Schleppspannung wird die auf die Flächeneinheit bezogene und auf die Sohle eines Kanals einwirkende Kraft … |
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Mit zunehmender Turbulenz und Fließgeschwindigkeit werden Feststoffe mit zunehmender Korngröße und Dichte in Schwebe gebracht. Bei nachlassender Geschwindigkeit sinken diese wieder zur Kanalsohle ab. Näherungsweise können diese Zusammenhänge über die FROUDE-Zahl des Kornes beschrieben werden: (Formel: FROUDE-Zahl des Kornes)
v = Fließgeschwindigkeit [m/s]
d =Korndurchmesser [m]
g = Erdbeschleunigung [m/s2] Untersuchungen von [Kress1964] ergaben, dass …
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Vor der Neuauflage des ATV-DVWK-A 110 im Jahre 1988 gingen Planer davon aus, dass die erforderliche Schleppkraft des Abwassers gewährleistet ist, wenn bei Teilfüllung Fließgeschwindigkeiten von mindestens 0,5 m/s und bei Vollfüllung von mindestens 1,0 m/s eingehalten werden. Auf dieser Grundlage und den Untersuchungen von Karakassonis wurde in der Praxis das Mindestgefälle oftmals nach der Faustformel Icrit = 1000/DN (Kreisrohre bei Halb-/Vollfüllung …
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Der aktuelle Ansatz für die hydraulische Dimensionierung von Kanalisationen unter Verwendung einer differenzierten Feststofftransportgleichung in teilgefüllten Rohrleitungen lautet: Gleichung 3: (Formel: hydraulische Dimensionierung von Kanalisationen unter Verwendung einer differenzierten Feststofftransportgleichung in teilgefüllten Rohrleitungen) mit:
Q = Durchfluss, Abfluss, Zufluss, Volumenstrom [m3/s]
cT = Feststoffkonzentration im Abwasser
ρF = …
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