Berechtigen bestehende Gesetze im Bereich der Haus- und Grundstücksentwässerung zu unseriöser Geschäftemacherei?

28.09.2007

Sind Haustürgeschäfte in der Rohr- und Kanalreinigung eine seriöse Geschäftsidee oder fauler Zauber?

Der VDRK (Verband deutscher Rohr- und Kanal-Technik-Unternehmen e. V.) hat bereits Mitte vergangenen Jahres, über Pressemeldungen vor der neuen Masche im Haustürgeschäft gewarnt. Täglich erreichen uns Anrufe von besorgten meist älteren Bürgern die entweder kurz vor einem Vertragsabschluss stehen oder den Bauernfängern bereits auf den Leim gegangen sind. Ersteren kann man in vielen Fällen helfen, hierzu braucht man nur die bekannte Verfahrensweise schildern und schon merken die Bürger was hier ablaufen soll. Zweitgenannten wird immer geraten von Ihrem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Leider ist dies nicht immer möglich. In diesen Fällen wird empfohlen Anzeige gegen die Firma zu erstatten. Mittlerweile sind sehr viele Anzeigen zu dieser Art der Geschäftemacherei eingegangen und werden derzeit von der Polizei gesichtet, Zeugenaussagen protokolliert und entsprechende Profile erstellt. Man kann sagen: für die beteiligten Unternehmen wird die Luft dünner. Der VDRK wird auch weiterhin alles tun um das Ansehen seiner Mitgliedsunternehmen und daraus folgend, auch das der ganzen Branche zu schützen.
Nachdem wir umfassendes Material, Verträge, Rechnungen etc. vorliegen haben, können wir die Strukturen analysieren und unsere Schlüsse ziehen, daher wollen wir hier versuchen die Art und Weise und den Sinn des Ganzen darzustellen. Je tiefer man Einblicke in diese Auftragsbeschaffung bekommt, umso fragwürdiger schätzt man die Moral der beteiligten Firmen ein. Alle diese Beteiligten bewegen sich unserer Meinung nach an den Grenzen von Recht und Gesetz, mitunter werden diese wissentlich überschritten. Wie wir dazu kommen solche Behauptungen in den Raum zu stellen wollen wir weiter unten erläutern.
Um zu verstehen wie so eine Sache überhaupt in der heutigen, man sollte denken, eigentlich aufgeklärten Zeit funktionieren kann, muss man die Geschichte der „Drückerkolonnen“ betrachten. Vorher möchte ich aber an dieser Stelle betonen das es bei der Produktvermarktung über das Instrument „Haustürgeschäft“ durchaus seriöse Anbieter gibt, denken Sie hierbei an die bekannte Firmen die z. B. Staubsauger direkt vermarktet. Aber Direktgeschäfte im Bereich der so genannten Baudienstleistungen haben fast immer einen schlechten Beigeschmack.
Bereits vor Jahrzehnten hat man im Haustürgeschäft angefangen Daten von überwiegend älteren Bürgern und deren Verhältnissen zu sammeln, diese Datenbanken werden immer weiter und detaillierter vervollständigt. Da finden sich Informationen z. B. über Geburtsdatum, Vermögensverhältnisse, mit was und unter welchen Bedingungen kann man den Menschen beeinflussen, lebt er allein, sind seine Kinder mit auf dem Grundstück ansässig usw. Diese Daten werden bei jeder neuen „Geschäftsidee“ wieder verwendet. Vor einigen Jahren waren es Bedachungen und Fassadenrenovierungen und dergleichen. Wenn sich eine solche Idee totgelaufen hat, wird eine neue erfunden und die Daten helfen die schon einmal Betrogenen noch einmal abzuziehen. In Polizeikreisen geht man davon aus das viele der von der neuen Geschäftsidee „Dichtheitsprüfung“ betrogenen bereits schon vorher Opfer dieser skrupellosen Geschäftemacher waren. Mit dieser neuen Geschäftidee beschäftigen sich im großen Stil derzeit 4 Firmen mit der Auftragsbeschaffung. Aus deren Kreisen ist zu vernehmen, dass zum jetzigen Zeitpunkt das „Drückerpotenzial“ auf mindestens 160 Mitarbeiter aufgestockt werden soll. Diese Zahl ist beängstigend. Wie wir aus gut unterrichteten Kreisen wissen, wurde allein über ein Einmannbüro in der Stadt Moers ein Schaden binnen Jahresfrist von 750.000 € „erwirtschaftet“.
Der Trick ist eigentlich simpel und einfach. Man ruft zumeist ältere Grundstücksbesitzer an und bezieht sich auf bestimmte Gesetze und/oder Normen, welche ja tatsächlich auch existieren, erweckt den Anschein einer offiziellen Behörde die bestimmte Gegebenheiten in Abwasseranlagen prüfen muss, schon ist ein Termin mit einem Mitarbeiter vereinbart. Und an dieser Stelle beginnt der Kreislauf aus dem vor allem ältere Menschen nicht mehr ausbrechen können und es ein leichtes Spiel für die Auftragsbeschaffer wird immer neue Nachfolgeaufträge zu generieren. Man überzeugt den Kunden von einer Vorabuntersuchung mittels Kamera. Die kostet ja nicht viel nur, 49 €. Mit diesem scheinbaren Schnäppchen für eine Kamerauntersuchung ist die Tür für alles Weitere offen. Wir als Fachleute wissen was man in einem nicht gereinigten Rohr sehen wird. Nichts. Aber genau das soll ja auch vor des Kunden Auge, zum Zweck der Argumentation geschehen. Mit der Aussage das ganze Rohr sei total verdreckt und den „Beweisbildern auf dem Monitor“ kann sich der Kunde dem nächsten Auftrag fast nicht entziehen. Einer von diesen Subunternehmern stand Monate zuvor für einen deutschen Fernsender vor der Kamera und überführte einen dieser Auftragsbeschaffer vor seinem eigenen Monitor und erklärte, dass wären alles Verbrecher. Heute steht er mit genau diesen im engen Vertragsverhältnis.
Offenbar soll dieses Schnäppchen auch noch einem weiteren wichtigen Grund dienen: Bei Haustürgeschäften hat der Verbraucher ein mindestens zweiwöchiges Widerrufsrecht. Dieses besteht aber gemäß § 312 BGB nicht, wenn der Verbraucher zum Vertragsabschluss durch mündliche Verhandlungen zwar im Bereich seiner Privatwohnung gebracht worden ist, die Verhandlungen aber auf vorherige Bestellung des Verbrauchers hin geführt worden sind. Dies ist, worauf im Zweifel gesetzt wird, scheinbar der Fall. Der Kunde soll daher offenbar davon ausgehen, er habe keine Chance mehr, aus dem Vertrag herauszukommen. Tatsächlich muss dieses aber keinesfalls so sein, da die Rechtsprechung bei Gestaltungen, die der Umgehung des Verbraucherschutzes dienen, vielfach bereits zu Gunsten des Verbrauchers entschieden hat. So führen insbesondere sog. provozierte Bestellungen des Unternehmers nach der Rechtsprechung keineswegs zwangsläufig dazu, dass das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist.
Jetzt wird von der Direktvertriebsfirma ein Subunternehmer mit der Reinigung und TV-Inspektion beauftragt. Für diese Reinigung werden durch die Vertriebsfirmen zwischen 1.500,00 € und 2.000 € (Brutto) berechnet. Nach Auswertung der dem VDRK vorliegenden Rechnungen scheint die Länge der untersuchten Rohre eine untergeordnete Rolle zu spielen, es sind immer Einheitspreise. Ob die dann übergebenen Daten auch immer den Tatsachen entsprechen ist anzuzweifeln.
Das Sanierungskonzept, welches wiederum durch den Auftragsbeschaffer erstellt wird, ist der vorerst letzte Schritt dem Kunden das Geld aus der Tasche zu ziehen. Hierbei kommen utopische Summen in Verbindung mit nicht geeigneten Verfahren zusammen, wie sonst kann man sich erklären, dass für eine Sanierung mittels Kurzliner (nur zur Reparatur von kleineren Schäden) für ein 36,6 Meter langes Rohr 21.300 € fällig werden. Wenn man von einem durchaus ortsüblichen Preis von 230,00 € für das Setzten eines Kurzliners (50 cm) ausgeht, müssten in dem vorliegenden Fall ca. 93 Kurzliner verbaut worden sein. Selbst wenn dem so wäre, ist dann so ein Flickenteppich „Stand der Technik“? Dieses Beispiel ist nicht etwa erfunden, der Vertrag trägt die Bestellnummer 603781 und ist vom 09.03.2007. Dem VDRK liegen noch eine Vielzahl derartiger Fälle vor. Augenblicklicher Spitzenreiter ist bis jetzt ein Vertrag in Höhe von 32.800 € für rund 40 Meter Rohr. Inzwischen sind die Unternehmen an Dreistigkeit kaum noch zu übertreffen. Sollte der Kunde den Vertragsabschluss aus Geldmangel nicht unterschreiben wird diesem umgehend die Finanzierung der enormen Summen aufgeschwatzt. Wenn man sich nur dieses simple Beispiel anschaut muss man zu dem Schluss kommen, dass dieses System ausschließlich auf den finanziellen Nachteil des Kunden ausgelegt ist.
Der Geschäftsführer einer dieser Vertriebsfirmen versicherte uns, dass diese Sanierungskonzepte von einen Ingenieurbüro erstellt und geprüft werden. Außerdem werden die Außendienstmitarbeiter ständig darauf hingewiesen nicht gegen das Gesetz zu verstoßen und wenn die Aufträge nicht gesetzeskonform zustande gekommen sind werden diese abgelehnt. Wer`s glaubt! Hierbei geht es um zuviel schnelles und leichtes Geld, Skrupel würden nur störend wirken.
Der VDRK hat verschiedene Subunternehmer um Stellungnahmen gebeten, was die Höhe der Endkundenpreise betrifft. Die meistgehörte Antwort war:  „Mir ist es egal was die anderen machen bzw. sie wissen nicht was die Vertriebsfirma an den Kunden berechnet.“ Dem VDRK liegt ein Vorgang vor, woraus hervorgeht dass diese Firmen sehr wohl wissen  was hier berechnet wird.
Subunternehmer X arbeitet für Vertriebsfirma Z, der Auftrag „Lieferung und Einbau einer Reinigungsöffnung“, der Monteur lässt sich die Arbeiten von dem Kunden am 29.03.2007 auf der Montagebestätigung, inkl. Preis, von Vertriebsfirma Z bestätigen. Der Subunternehmer X rechnet bei der Vertriebsfirma Z am 30.03.2007, 1.620,00 € ab. Vertriebsfirma Z berechnet dem Kunden satte 6.750,00 €. Selbst wenn man eine „vergoldete“ Reinigungsöffnung verbaut hätte, wären 400,00 bis 500,00 € angemessen. Scheinbar merken die Subunternehmer nicht, dass sie zum Spielball von Geschäftemachern der übelsten Art werden und diese sich an ihrem „Geschäftsmodell“ bereichern.
Auf www.vdrk.de gibt es eine Linkliste zu Internetseiten mit Diskussionsforen, Berichterstattungen und Fernsehberichten die dieses Thema aufgreifen. Unter anderem wird dort detailliert erläutert wie die Außendienstmitarbeiter „geschult“ werden und welche Bedingungen diese zu erfüllen haben. 


Dieser Artikel wird Ihnen präsentiert mit freundlicher Genehmigung des RO-KA-TECH JOURNALs

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