CoJack - Praktische Erfahrungen mit der statischen Online-Kontrolle bei Rohrvortriebsmaßnahmen

12.09.2006

In der Juni-Ausgabe 2005 der TIS wurde das zu jenem Zeitpunkt neu eingeführte Berechnungsprogramm CoJack vorgestellt, das die ständig wechselnden Beanspruchungen von Rohren während des Vortriebes über eine statische Simulation ermittelt und darstellt. Dabei werden die Beanspruchungen der Stahlbetonrohre an den Stirnflächen zu jedem Zeitpunkt des Vortriebes in Abhängigkeit von der Belastungsgeschichte des Druckübertragungsringes bestimmt, und es wird eine stets aktualisierte Prognose für die Rohrbeanspruchungen auf dem noch anstehenden Vortriebsteilabschnitt errechnet. Berücksichtigt werden dabei erstmals wesentliche Eingangsparameter, wie das nichtlineare Steifigkeitsverhalten des Druckübertragungsringes, das sich bekanntlich unter der ständig wechselnden Belastung im Laufe des Vortriebes (Belastungshistorie) stark zur unsicheren Seite hin verändert.

CoJack ermöglicht insbesondere:
  • Die Ermittlung der Beanspruchung der Rohre infolge von Einwirkungen in Richtung der Rohrachse
    • für jedes Rohr
    • zu jedem beliebigen Zeitpunkt des Vortriebes
  • Die sichere Nutzung erhöhter Vortriebskräfte im Bedarfsfall
  • Die sichere Fortsetzung des Vortriebes nach Steuerfehlern und nach Überschreitungen der Vortriebskraft
  • Betrachtung und Bewertung von Szenarien bezüglich der Entwicklung der Vortriebskraft und der Steuerung auf der restlichen Vortriebsstrecke
  • Eine lückenlose, vollständige und insbesondere nachvollziehbare Dokumentation des Vortriebes
Das große Interesse an einer Erhöhung der Kontrollierbarkeit und folglich auch der Sicherheit von anspruchsvollen Vortriebsmaßnahmen insbesondere seitens der Bauherren aber auch seitens der Baufirmen führte zu einer steigenden Nachfrage dieser neuen S&P-Dienstleistung im In- und Ausland. Dadurch konnten wichtige Praxiserfahrungen gewonnen werden, die ihrerseits eine praxisgerechte Weiterentwicklung und Optimierung von CoJack gestatten.
In den bereits durchgeführten Projekten erstreckte sich der Einsatz von CoJack auf alle drei wichtigen Phasen von Vortriebsmaßnahmen: Planung, Überwachung und Abnahme.
Im Rahmen der Planung erfolgte auf der Grundlage der meist vom Rohrhersteller erstellten Statik eine Vorab-Simulation des Vortriebs mit den Plandaten. Dabei wurde die vorliegende Statik überprüft, verifiziert und ihr Gültigkeitsbereich definiert. Diese Vorgehensweise war insbesondere deshalb erforderlich, da sich die Standardstatik nach dem ATV-Arbeitsblatt A 161 bekanntlich auf die Berechnung und Angabe einer zulässigen Vortriebskraft in Form eines Fixwertes beschränkt. Über stillschweigend getroffene Annahmen hinsichtlich der zulässigen Entwicklung der Vortriebskraft und insbesondere bezüglich zulässiger Steuerbewegungen werden in der Regel keine Aussagen getroffen. Die fehlenden statischen Vorgaben für den Vortrieb lieferte CoJack. Ausgehend von der erwarteten Vortriebskraft (rote Linie in Bild 1) wurde nicht wie üblich lediglich ein Fixwert für die zulässige Vortriebskraft definiert (blaue Linie), sondern es wurde eine lineare Grenzkurve vorgegeben (grüne Linie), die während des Vortriebes nicht überschritten werden durfte.
Analog dazu wurde der planmäßige Krümmungsverlauf des Vortriebes (rote Linie im Bild 2) mit den erwarteten Steuerbewegungen (blaue Linie) überlagert. Damit ergab sich ein Bereich für zulässige Krümmungen des Rohrstranges als Grenzwerte für die Ausführung.
In der Regel konnten dabei in der Planungphase die zusätzlichen Überwachungskriterien, d.h. die zusätzlichen Anforderungen an die Ausführung auf Maß und Häufigkeit von Steuerbewegungen in einem praxisgerechten Rahmen beschränkt bleiben. Nur in einigen Fällen musste zusätzlich die zulässige Vortriebskraft moderat gesenkt werden.
Das Hauptanwendungsgebiet von CoJack innerhalb der betreuten Vortriebsprojekte war die baubegleitende Simulation zahlreicher Rohrvortriebe.
Die Übermittlung der dafür erforderlichen Messdaten von der Baustelle ins Büro erfolgte in allen Fällen arbeitstäglich per Email in einem zuvor festgelegten Format, so dass sehr zeitnah im Büro die Simulation durchgeführt werden konnte. In der Regel wurden die im Rahmen der Planung festgelegten Grenzwerte eingehalten, so dass hier CoJack eine zusätzliche Kontrolle und Dokumentation bot und damit insbesondere der statischen Absicherung diente.
In einigen Fällen traten aber während des Vortriebes unerwartete, in der Planung nicht berücksichtigte Ereignisse auf, die ohne die Begleitung durch CoJack zu Schäden an den Rohren, einem längeren Stillstand oder sogar zum Abbruch des Vortriebs geführt hätten.
Bei einem ca. 250 m langen Vortrieb mit mehreren planmäßigen Krümmungswechseln traten beispielsweise bereits nach 20 m an einer Station Abwinkelungen in den Rohrfugen auf, die das zulässige Maß um das Doppelte überschritten. Es war offensichtlich, das alle weiteren Rohre diesen Knick passieren mussten und dass natürlich die Längskraft von Rohr zu Rohr steigen würde. Die sofort durchgeführte Simulation mit einer aktualisierten statischen Prognose zeigte aber, dass infolge des geringen Abstandes der Problemstelle vom Startschacht die Druckübertragungsringe noch wenig verpresst waren und die Vortriebskraft sehr gut verteilen konnten. Bild 4 zeigt beispielhaft für das dritte Rohr bei einem Vortriebsstand von 170 m die zu diesem Zeitpunkt bereits eingetretenen Beanspruchungen (links von 170 m) und die Ergebnisse der statischen Prognose (rechts von 170 m). Die Spannungen im Knick blieben infolge der geringen Vortriebskraft weit unter den zulässigen Werten. Auch die dadurch eingetretene Vorschädigung des Druckübertragungsringes war gering, so dass mit einer moderaten Anpassung der zulässigen Vortriebskraft der Vortrieb problemlos fortgesetzt werden konnte.
Bild 5 zeigt dieselbe Simulation kurz vor Abschluss des Vortriebes für das höchstbeanspruchte Rohr (Rohr 50), das sich genau in dem Knick befand als die maximale Vortriebskraft aufgebracht wurde. Die in diesem Fall sehr ausgeprägte Verpressung des Druckübertragungsringes hatte allerdings keine Folgen im weiteren Vortriebsverlauf, da das Rohr vor Erreichen der zweiten Kurve seine Endlage erreicht hatte.
Die Maßnahme konnte mit zeitnaher Begleitung durch CoJack und erhöhter Sorgfalt bei der Steuerung ohne Verzögerung erfolgreich beendet werden.
In einigen wenigen Fällen beschränkte sich der Einsatz von CoJack auf die nachträgliche Simulation im Rahmen der Abnahme von Rohrvortrieben, bei denen bereits erhebliche Steuerfehler aufgetreten waren. Mit der Berechnung sollte jeweils geklärt werden, ob Spannungsüberschreitungen insbesondere in den Rohrspiegeln aufgetreten waren bzw. ob mit eventuellen Schäden an den Rohraußenseiten zu rechnen sei. Bei einem dieser Vortriebe zeigte die Nachsimulation in einer bestimmten Phase des Vortriebs für einzelne Rohre deutlich zu kleine Sicherheiten. Der Grund lag in einem Steuerfehler, der in Verbindung mit in einer späteren Phase aufgetretenen hohen Vortriebskräften zu einer Überbeanspruchung der Rohre führte. Das Simulationsergebnis rechtfertigte die Durchführung nicht zerstörungsfreier Untersuchungen gezielt an bestimmten Positionen (linker Kämpfer) an denjenigen Rohren, die in der Simulation die höchsten Beanspruchungen zeigten. Obwohl die Rohre an der sichtbaren Innenseite keinerlei Beschädigungen aufwiesen, zeigten die Kernbohrungen durch die Spitzenden umfangreiche Abplatzungen an den äußeren Rohrenden, womit die Berechnungsergebnisse bestätigt waren.
Der Praxis-Onlineeinsatz hat die hohen Erwartungen der Bauherren an CoJack erfüllt. Grundsätzlich können die mit CoJack simulierten Vortriebe in 4 Fallgruppen entsprechend der Tabelle 1 eingeteilt werden:
  • Grüner Bereich: In vielen Fällen konnte nachgewiesen werden, dass alle Vorgaben für den Vortrieb entsprechend der Vorabsimulation eingehalten wurden und dass damit die Rohrbeanspruchung ständig unterhalb des zulässigen Niveaus geblieben war (Fallgruppe A).
  • Gelber Bereich: In einigen Fällen wurden die zulässigen Steuerbewegungen (Fallgruppe B) oder die zulässigen Vortriebskräfte (Fallgruppe C) soweit überschritten, dass die Vortriebe eigentlich hätten unter- oder abgebrochen werden müssen. Mit CoJack konnte jedoch nachgewiesen werden, dass zum Zeitpunkt des Eintritts noch keine Überbelastung eingetreten war. Darüber hinaus wurde mit CoJack eine Simulation der Reststrecke mit aktualisierten Plandaten und unter Berücksichtigung der „Vorschädigung“ des Druckübertragungsringes durchgeführt und so eine statische Prognose vorgenommen. In allen Fällen konnte der Vortrieb mit zusätzlichen Auflagen fortgesetzt und erfolgreich beendet werden.
  • Roter Bereich: Weiterhin wurden mit CoJack einige Nachberechnungen bereits abgeschlossener, kritischer Rohrvortriebe durchgeführt. In einem Fall lieferte die nachträgliche Simulation Rohrbeanspruchungen in Höhe der Bruchfestigkeit des Betons. Die am höchsten beanspruchten Rohre im Rohrstrang wurden dabei identifiziert und die Positionen möglicher Schäden benannt. Obwohl an der sichtbaren Innenseite die Rohre vollkommen unversehrt erschienen, erfolgten gezielt nähere Untersuchungen, die Abplatzungen der äußeren Betondeckung offenbarten. Der Schaden war hier bereits eingetreten. Bei einem rechtzeitigen Einsatz von CoJack hätte er vermieden werden können.
Neben den Bauherren nutzen auch besonders innovative Vortriebsfirmen CoJack zur Sicherung ihres wirtschaftlichen Erfolges. Sie haben erkannt, dass CoJack eine wichtige Entscheidungshilfe ist, wenn es darum geht, den Rohrvortrieb zu optimieren und sowohl höchste Qualität zu liefern als auch technische Maßnahmen wie Dehnereinsatz und Schmierung gezielt nur dann zu nutzen, wenn es wirklich erforderlich ist. So macht CoJack den Rohrvortrieb nicht nur sicherer, sondern auch schneller, kostengünstiger und damit wirtschaftlicher.
Diese ersten Praxiserfahrungen haben deutlich gezeigt, dass mit CoJack sowohl den Bauherren als auch den Baufirmen eine zuverlässige statische Kontrollmöglichkeit und eine kurzfristige Entscheidungshilfe bei der Beurteilung von unerwarteten Ereignissen während des Vortriebs zur Verfügung stehen. Damit gewährleistet CoJack selbst bei schwierigen Vortriebsmaßnahmen die Vermeidung von unnötigen Stillständen sowie ein Höchstmaß an Sicherheit und Wirtschaftlichkeit durch mehr Transparenz und einen größeren aktiven Handlungsspielraum auf einer bisher nicht verfügbaren Entscheidungsbasis.

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