Das Recht des VOB-Vertrages - Teil 13/18: Mängelansprüche

16.11.2005

Paragraph 13 VOB/B regelt die Ansprüche des Auftraggebers, wenn die Leistung des  Auftragnehmers ab dem Zeitpunkt der Abnahme mangelhaft ist. Vorher gilt § 4 Nr. 7 VOB/B (vgl. Teil 4/18).

1. § 13 Nr. 1 VOB/B – Mangel der Bauleistung

Die Mangelhaftigkeit kann sich aus sachlichen (Sachmangel) oder rechtlichen Gründen (Rechtsmangel) ergeben (vgl. BGH, BauR 1995, 230; BauR 2000, 411; BauR 2001, 823).

1.1 Sachmangel

Ob ein Sachmangel vorliegt, ist in drei Stufen zu prüfen.

  1. Vereinbarte Beschaffenheit und anerkannte Regeln der Technik
    Nach der ersten Stufe liegt kein Mangel vor, wenn die Leistung der vereinbarten Beschaffenheit und den anerkannten Regeln der Technik entspricht (§ 13 Nr. 1 S. 2 VOB/B).
  • Vereinbarte Beschaffenheit
    Die vereinbarte Beschaffenheit definiert die Ist-Beschaffenheit der Bauleistung, angeknüpft an den Willen der Bauvertragsparteien. Vereinbart ist die Beschaffenheit, wenn sie im Vertrag, auch aufgrund eines Bestätigungsschreibens (OLG Dreden, BauR 2003, 882) oder stillschweigend (BGH, NJW-RR 2002, 1533), festgelegt ist. Es genügt jede verbindliche Beschreibung. Sie bedarf bei formbedürftigen Verträgen (z. B. nach § 311 b BGB) ebenfalls dieser Form. Der Vertrag ist als sinnvolles Ganzes auszulegen, wobei je nach den Umständen Detailbeschreibungen gegenüber Plänen vorrangig sein können (BGH, NJW 2003, 743). Das geschuldete Werk kann nach der Art seiner Ausführung, aber auch funktional nach der erwarteten Leistung beschrieben sein, z. B. durch ein Leistungsverzeichnis (vgl. BGH, NJW 1999, 2432), wobei bei Aufträgen aufgrund öffentlicher Ausschreibung von deren Wortlaut und dessen Verständnis aus der Sicht eines objektiven fachkundigen Empfängers auszugehen ist (BGHZ 134, 245; BauR 2003, 536), aber auch die Umstände, insbesondere die konkreten Verhältnisse des Bauwerks zu berücksichtigen sind (BGH, NJW 2002, 1954). Ist die Beschaffenheit durch Funktion und Ausführungsart beschrieben, richtet sich die geschuldete Qualität danach, was mit der vereinbarten Ausführungsart üblicherweise erreicht werden kann (BGHZ 139, 16).
  • Anerkannte Regeln der Technik
    Eine der Besonderheiten der bauvertraglichen Mängelrechte ist die Verpflichtung des Auftragnehmers, die Bauleistung nach den anerkannten der (Bau-) Technik zu erbringen. Die anerkannten Regeln der Technik sind im Rahmen der VOB/B nicht ohne weiteres identisch mit den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen der VOB/C, die nach § 1 Nr. 1 S. 2 VOB/B auch Inhalt des Bauvertrages sind. Vielmehr handelt es sich bei ihnen um übergeordnete Merkmale einer ordnungsgemäßen, den allgemeinen Anforderungen der Bautechnik entsprechenden Handlungsweise, die von jedem am Bau Tätigen zu erwarten ist. Deshalb geht der Begriff der anerkannten Regeln der Bautechnik über den der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (DIN-Normen) hinaus, indem letztere der ersteren unterzuordnen sind.

    Auf Grundlage einer reichsgerichtlichen Entscheidung vom 11.10.1910 (RGSt 44, 76) ist der Begriff der anerkannten Regeln der (Bau-) Technik, allerdings mit einer gerade für das Bauvertragswesen erforderlichen Ergänzung im Hinblick auf in der Praxis gemachte und anerkannte Erfahrungen (vgl. OLG Celle, BauR 1984, 522), für die heute geltenden Anforderungen dahin zu definieren, dass es sich um technische Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen handelt, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig erkannt sind und feststehen sowie insbesondere in dem Kreise der für die Anwendung der betreffenden Regeln maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg bekannt und aufgrund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig akzeptiert werden.

    Ob die Regel schriftlich niedergelegt ist oder nicht, spielt keine Rolle. Gleiches gilt auch für technische Vorschriften, die als Gesetz oder Verwaltungsanweisung öffentlich-rechtlich verbindlich sind, da dies für die zivilrechtliche Beurteilung nicht ausschlaggebend ist (BGH, NJW 1980, 1219).

    Unter der Voraussetzung der wissenschaftlichen Erkenntnis und der Anerkennung in der Praxis im angeführten Sinne, also nicht aufgrund ihres bloßen Bestehens, gehören zu den möglichen allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik technische Bestimmungen (überbetriebliche technische Normen). Das sind in erster Linie die DIN-Normen des Deutschen Instituts für Normung e. V.. Die DIN-Normen haben eine häufig wiederkehrende Bauaufgabe zum Gegenstand. Durch die Normung soll unter Auswertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen eine möglichst gute, vollkommene, einfache und billige Lösung gefunden werden (Simon/Busse, Bayrische Bauordnung, Band 1, 2003, Art. 3 Rn. 185 f.). Neben den DIN-Normen als technische Bestimmungen weiter hervorzuheben sind die Einheitlichen Technischen Baubestimmungen (ETB). Das sind Normen, die im Zusammenwirken mit dem Ausschuss NA-Bau ausgearbeitet und von den obersten Bauaufsichtsbehörden als Richtlinien oder Hinweise für die Baugenehmigungsbehörde, also für den Bereich des Bauordnungsrechts, eingeführt werden (vgl. allgemeine Einführung in die Musterbauordnung, Teil A, Schriftreihe des Bundesministers für Wohnungsbau, Band 17, Abschnitt I 1.53). Als technische Bestimmungen sind ferner die Normen des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton im DNA sowie etwa auch die des Verbandes Deutscher Elektrotechniker (VDE-Vorschriften), die Richtlinien des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) (OLG Hamm, BauR 1990, 104) sowie die Bestimmungen des Deutschen Vereins der Gas- und Wasserfachmänner heranzuziehen. Die nationalen technischen Maßstäbe werden darüber hinaus zunehmend durch internationale, insbesondere europarechtliche Bauregelungen beeinflusst. Beispielhaft ist auf europäischer Ebene die im Baubereich relevanten technischen Normierungen durch die internationale Organisation für Normung (ISO) zu nennen, wobei diese Regelungen nur zu beachten sind, soweit sie in nationale Bestimmungen umgesetzt wurden.

    Zu den anerkannten Regeln der Bautechnik zählen neben den technischen Bestimmungen auch öffentlich-rechtliche Regelwerke, z. B. die Festlegungen bestimmter Ausschüsse, wie des Deutschen Dampfkesselausschusses (DDA), des Deutschen Aufzugsausschusses (DAA) sowie des Kerntechnischen Ausschusses (KTA). Dazu rechnen auch die nach § 48 Bundesimmissionsschutzgesetz erlassenen Verwaltungsvorschriften, wie z. B. die technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) (vgl. Siegburg, BauR 1985, 367).

    Zu den möglichen anerkannten Regeln der Bautechnik zählen außerdem die Vorschriften der Berufsgenossenschaften, insbesondere die Unfallverhütungsvorschriften, sofern sie sich auf die Bauausführung selbst beziehen.
  1. Nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendungseignung
    Sobald eine Vereinbarung zur Beschaffenheit fehlt, kommt es gemäß § 13 Nr. 1 S. 3 1. Alt. VOB/B auf die Funktionstüchtigkeit des Werkes an (BGH, NJW 1997, 1772). Hierbei ist zunächst die Funktion zu bestimmen, dann die Frage der Eignung des Werkes für diese zu prüfen. Fehlt sie, liegt auch bei Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik ein Mangel vor(BGH, NJW 2003, 200). Der nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendungszweck des Bauwerks oder Gewerks ist gemäß §§ 133, 157 BGB aus dem objektiven Empfängerhorizont unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte durch Auslegung zu ermitteln, wobei der Bauvertrag als Einheit auszulegen ist und immer die Gesamtheit der Vertragsunterlagen heranzuziehen sind (BGH, BauR 1995, 538). Ergibt der Inhalt der bauvertraglichen Vereinbarung beispielsweise, dass der Unternehmer Türen in einem Ärztehaus einzubauen hat, ist die Leistung mangelhaft, solange das im Vertrag vorgegebene Schalldämm-Maß von 42 dB für die einzubauenden Türen nicht erreicht wird, obwohl das Labor Schalldämm-Maß erreicht wurde (BGH, RauR 1995, 538).

  2. Gewöhnliche Verwendungseignung
    Ist weder eine bestimmte Beschaffenheit noch eine bestimmte Verwendung des Werkes vereinbart, so ist die Beurteilung, ob ein Sachmangel vorliegt, anhand der gewöhnlichen Verwendung, die übliche Beschaffenheit sowie darauf abzustellen, was der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten darf (§ 13 Nr. 1 S. 3 2. Alt. VOB/B ). Auf der dritten Stufe der Sachmangelprüfung kommt es auf die gewöhnliche Verwendung an. Die Leistung eignet sich für die gewöhnliche Verwendung, wenn sie eine Beschaffenheit aufweist, die nach den anerkannten Regeln der Technik objektiv und unter Zugrundelegung der im konkreten Bauvertrag gegebenen Anforderungen bei Anlegung eines durchschnittlichen Maßstabes verlangt und vorausgesetzt werden kann, worauf es insbesondere ankommt, wenn es hinsichtlich der betreffenden Leistung noch keine anerkannten Regeln der Technik gibt und Ungewissheit über die Risiken des Gebrauchs derLeistung bestehen (OLG München, ZIP 1984, 76).
1.2 Rechtsmangel

Die VOB/B 2002 enthält im Gegensatz zum durch die Schuldrechtsmodernisierung neu gefassten § 633 Abs. 1 BGB keine Verpflichtung zur Freiheit von Rechtsmängeln. Als gesetzliche Regelung ist § 633 BGB aber anzuwenden, so dass der Unternehmer auch eines VOB/B-Bauvertrages das Werk frei von Rechtsmängeln zu verschaffen hat. Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können (§ 633 Abs. 3 BGB).
2. § 13 Nr. 2 BOB/B - Leistungen nach Probe

§ 13 Nr. 2 VOB/B sieht eine spezielle Art der Beschaffenheitsvereinbarung der Werkleistung vor. Hier sprechen nicht Worte, sondern Fakten, indem der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Leistung zur Probe herstellt und die Parteien vereinbaren, dass diese Probe die Beschaffenheit der gesamten Leistung festlegt.
3. § 13 Nr. 3 VOB/B – Risiken aus der Sphäre des Auftraggebers

§ 13 Nr. 3 VOB/B regelt unter eng auszulegenden (BGH, BauR 1975, 421; BauR1977, 420; BauR 1996, 702) Voraussetzungen Ausnahmen zum Grundsatz, dass regelmäßig der Unternehmer für Mängel der Werkleistung haftet. Ist ein Mangel auf Umstände aus dem Risikobereich des Auftraggebers zurückzuführen, kann sich der Auftragnehmer von einer Haftung ausnahmsweise befreien, wenn er Bedenken bezüglich dieser Umstände schriftlich mitgeteilt hat.
3.1. Haftungsbefreiungstatbestände des § 13 Nr. 3 VOB/B

Voraussetzung für eine Haftungsbefreiung ist, dass der Leistungsmangel auf Vorgänge zurückzuführen ist, die aus dem in § 13 Nr. 3 VOB/B umgrenzten Bereich des Auftraggebers stammen.
  1. Mangel durch Leistungsbeschreibung
    Der Auftragnehmer kann von der Sachmangelhaftung befreit sein, wenn ein Mangel auf die Leistungsbeschreibung zurückzuführen ist. Es muss sich um eine vom Auftraggeber bzw. von seinem Architekten oder planenden Sonderfachmann grundsätzlich entsprechend § 9 Nr. 1 bis 9 VOB/A sowie der DIN 18299 aufgestellte Leistungsbeschreibung handeln, die auch Bestandteil des Bauvertrages wurde. Hat der Auftragnehmer selbst das Leistungsverzeichnis aufgestellt, z.B. nach § 9 Nr. 12 VOB/A, oder hat er sonstige Bauunterlagen selbst angefertigt (z.B. Werkzeichnungen, Verlegepläne, Materialaufstellungen) oder von dritter Seite beschafft, und führt er die Leistung dann aus, so ist er für deren Ordnungsgemäßheit nach § 13 Nr. 1 oder 2 VOB/B i.V.m. § 4 Nr. 2 VOB/B verantwortlich. § 13 Nr. 3 VOB/B ist in diesem Fall nicht anwendbar (vgl. BGH, BauR 1975, 278).
  1. Mangel durch Anordnungen des Auftraggebers
    Eine Befreiung des Auftragnehmers von der Mängelhaftung ist ferner möglich, wenn der Leistungsmangel auf Anordnungen des Auftraggebers, z.B. nach § 4 Nr. 1 S. 3 und 4 VOB/B, beruht. Das gilt vor allem hinsichtlich der Planung des vom Auftraggeber als seines Erfüllungsgehilfen beauftragten und zu entsprechenden Anordnungen befugten Architekten oder Sonderfachmanns.

    Die Anordnung muss nicht ausdrücklich ergehen, sie kann auch stillschweigend von Auftraggeberseite erteilt werden. Dabei muss im Einzelfall unzweifelhaft auf eine endgültige bestimmte Willenserklärung geschlossen werden können, woran strenge Anforderungen gestellt werden (LG Mönchengladbach, VersR 1979, 187). Keine Anordnung liegt vor, wenn sich die Bauausführung wegen schleppender Fertigstellung anderer Gewerke ohne Verschulden des Auftraggebers verzögert (BGH, BauR 1977, 420). Das gilt auch für den Fall, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer die freie Wahl für die Verwendung bestimmter Materialien lässt (BGH, SFH Z 2.414 BI. 219). Hingegen liegt eine Anordnung vor, wenn im zum Vertragsbestandteil gewordenen Leistungsverzeichnis ganz bestimmte Leistungsanforderungen ohne jede Einschränkung enthalten sind, z.B. "ist zu befestigen" oder "sind vorgegeben" (LG Hamburg, SFH § 13 Nr. 3 VOB/B Nr.9).
  1. Mangel durch vom Auftraggeber gelieferte Stoffe und Bauteile
    Ist der Leistungsmangel auf vom Auftraggeber gelieferte Stoffe und Bauteile zurückzuführen, besteht an sich eine Verantwortlichkeit des Auftraggebers (BGH, SFH Z 2.401 BI. 21). Der Auftragnehmer wird jedoch von der Haftung nicht allein deswegen frei, weil die Lieferung vom Aufraggeber erfolgt ist. Vielmehr obliegt dem Auftragnehmer in für ihn jeweils zumutbarem Rahmen auch hier eine eigene Prüfungspflicht, gerade weil es entscheidend auf das beim Auftragnehmer vorauszusetzende Fachwissen ankommt, und dieser sich Kraft der von ihm zu verlangenden Ausbildung und Kenntnisse durchweg mit Stoffen und Bauteilen auskennen muss.
  1. Mangel durch vom Auftraggeber vorgeschriebene Stoffe und Bauteile
    Der Auftragnehmer ist von der Mangelhaftung befreit, wenn ein Mangel der Leistung auf Stoffe oder Bauteile zurückzuführen ist, die vom Auftraggeber vorgeschrieben wurden und der Auftragnehmer die ihm nach § 4 Nr. 3 VOB/B obliegende Mitteilung gemacht hat. "Vorschreiben" setzt ebenso wie die Anordnung ein eindeutiges, befolgungsheischendes Verlangen des Auftraggebers voraus, das dem Auftragnehmer keine Wahl mehr lässt (BGHZ 91, 206; OLG Köln, SFH §13 Nr. 3 VOB/B Nr. 7; OLG Zweibrücken, BauR 1992, 770). Das bloße Einverständnis des Auftraggebers mit einem bestimmten Baustoff oder Bauteil genügt nicht(BGH, NJW 1973, 754; BauR 1975, 421). Für den Ausschluss der Mängelhaftung gemäß § 13 Nr. 3 VOB/B muss der Auftraggeber ganz bestimmte Baustoffe, Bauteile oder Bezugsquellen ohne Ausweichmöglichkeit für den Auftragnehmer vorschreiben (OLG Saarbrücken, BauR 1970, 109). Die Forderung nach einem Werkstoff als solchem (z.B. Hartfaserplatten, Zement, Schieferdeckung usw.) reicht nicht aus, auch nicht, wenn der Auftraggeber bei einer vom Auftragnehmer ausgewählten Firma Stoffe oder Bauteile nach seinem Geschmack aussucht (OLG Stuttgart, BauR 1989, 475).

    Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn dem Auftragnehmer die Verwendung braun engobierter Flachdachpfannen aus einer bestimmten Ziegelei vorgeschrieben wird und diese Ziegel in der gewünschten Art und Güte nicht von jeder Ziegelei hergestellt werden (BGH, BauR 1973, 188). Gleiches gilt für das Vorschreiben eines bestimmten Materials zur Dachabdichtung (OLG Köln, SHF § 13 Nr. 3 VOB/B Nr. 7).
  1. Mangel durch Vorleistungen anderer Unternehmer
    Die Befreiung des Auftragnehmers von der Mängelhaftung kann auch in Betracht kommen, wenn der Leistungsmangel auf Vorleistungen eines oder mehrerer anderer Auftragnehmer zurückzuführen ist. Der Begriff Vorleistung bezieht sich auf Vorarbeiten eines anderen, am gleichen Objekt tätigen Unternehmers. Hierzu zählen auch Eigenleistungen des Auftraggebers (OLG München, NJW-RR 1987, 854). Es muss dabei in technischer Hinsicht ein natürlicher Sachzusammenhang zwischen der Vorleistung und der Vertragsleistung des Auftragnehmers bestehen. Letztere muss auf der Ersten aufbauen, oder Erstere muss sachlichtechnische Grundlage für Letztere sein. Die Vorleistung muss mangelhaft sein und die Folgen dieser Mangelhaftigkeit müssen sich auf die spätere Leistung des Auftragnehmers in dem Sinne übertragen, dass diese dadurch selbst mangelhaft wird. Das kann z.B. der Fall sein, wenn das Betonfundament und darauf aufbauendes Mauerwerk von zwei verschiedenen Auftragnehmern errichtet wurde. Ist das Betonfundament des Vorunternehmers nicht ordnungsgemäß, bietet z.B. nicht den notwendigen Halt und treten deshalb Risse im später erbauten Mauerwerk auf – obwohl es als solches an sich ordnungsgemäß errichtet ist – handelt es sich um einen Mangel, der durch die Vorleistung entstanden ist (vgl. ähnlich gelagerten Fall OLG Hamm, BauR 2003, 101).
3.2 Mitteilung nach § 4 Nr. 3 VOB/B

Sobald der Auftragnehmer Bedenken gegen die Leistungsbeschreibung oder gegen eine Anordnung des Auftraggebers, in Bezug auf von diesem gelieferte oder vorgeschriebene Stoffe oder Bauteile oder gegen die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers hat, hat er die ihm nach § 4 Nr. 3 VOB/B obliegende Mitteilung zu machen. Bei Verletzung dieser Pflicht tritt eine Befreiung von der Mängelhaftung nach § 13 Nr. 3 VOB/B nicht ein.
4. § 13 Nr. 4 VOB/B – Verjährung der Mängelansprüche

4.1 Allgemeines
  1. Verhältnis zu Ansprüchen aus § 4 Nr. 7 VOB/B
    § 13 Nr. 4 VOB/B regelt die Verjährungsfristen der Mängelansprüche aus § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, Nr. 6 und Nr. 7 VOB/B. Daneben finden sich aber von § 13 Nr. 4 VOB/B abweichende Sonderregelungen für besondere Mängelhaftungsfälle in § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 und 3 VOB/B sowie in § 13 Nr. 7 Abs. 4 VOB/B.

    Die in § 13 Nr. 4 VOB/B vereinbarten Fristen gelten auch für die sich ursprünglich aus § 4 Nr. 7 VOB/B herleitenden Ansprüche für den Fall, dass die Bauleistung zwischenzeitlich abgenommen wurde und sich der Anspruch inhaltlich mit einem solchen aus § 13 VOB/B deckt (BGH, NJW 1971, 99). Das gleiche gilt für den Fall, dass ein Bauvertrag vorzeitig durch Kündigung beendet wurde für die Ansprüche aus § 4 Nr. 7 S. 1 und 2 VOB/B, sofern die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen abgenommen wurden (BGH, BauR 2003, 689).

  2. Verwirkung eines Mangelanspruches
    Die Geltendmachung eines Mangelanspruches kann verwirkt sein. Dies ist im Einzelfall anzunehmen, wenn die Ausübung des Mängelrechtes gegen Treu und Glauben verstößt, sich also als unzulässige Rechtsausübung darstellt. Das ist der Fall, wenn der Auftragnehmer aus dem bisherigen, über eine längere Zeit andauernden Verhalten des Auftraggebers entnehmen kann, dass dieser den Mängelanspruch nicht mehr geltend machen will (BGH, BauR 1990, 86), und sich der Auftragnehmer hierauf in seiner Wirtschaftsführung einrichten konnte und tatsächlich eingerichtet hat (RGZ 159, 106; BGHZ 9, 1).
4.2 Die vertraglichen Verjährungsfristen nach § 13 Nr. 4 VOB/B

Wie der Wortlaut des § 13 Nr. 4 VOB/B ergibt, sind die Parteien eines VOB/B-Bauvertrages aufgefordert, für Mängelansprüche Verjährungsfristen zu vereinbaren. Regelmäßig wird gemäß dem gesetzlichen Leitbild des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bauwerke die Fünfjahresfrist festgelegt. Fehlt eine Vereinbarung, ist § 13 Nr. 4 VOB/B anzuwenden. Die dort im Abs. 1 und 2 VOB/B festgelegten vertraglichen Verjährungsfristen sind nicht einheitlich, sondern je nach dem Leistungsgegenstand verschieden. In § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B sind als Verjährungsfristen festgelegt:
  • für Bauwerke 4 Jahre,
  • für Arbeiten an einem Grundstück 2 Jahre,
  • für die vom Feuer berührten Teile von Feuerungsanlagen 2 Jahre,
  • für feuerberührte und abgasdämmende Teile von industriellen Feuerungsanlagen 1 Jahr.
§ 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B enthält die Sonderregelung für den Fall, dass maschinelle und elektrotechnische/elektronische Anlagen oder Teile davon Gegenstand einer vertraglichen Bauleistung sind und dem Auftragnehmer deren Wartung für die Dauer der Verjährungsfrist nicht übertragen wurde. In diesem Fall beträgt die Verjährungsfrist 2 Jahre.
  1. Bauwerke
    Der Begriff "Bauwerke" umfasst alle Leistungspflichten, die sich auf die Errichtung, die Veränderung, Erweiterung oder den Erhalt eines Bauwerks beziehen, die also ursächlich zur Erstellung, Veränderung, Erweiterung oder Erhaltung eines Bauwerks beitragen. Entscheidend ist die Bedeutung der Bauleistung für die Funktion, Konstruktion, Bestand, Haltbarkeit und die Nutzbarkeit des Bauwerks, soweit die Bauteile mit dem Gebäude fest verbunden werden. Entscheidend ist, ob sich in dem betreffenden Gewerk das "Gebäuderisiko" konkretisiert (BGH, BauR 1992, 369).
  1. Arbeiten an einem Grundstück
    Unter den Rechtsbegriff (BGH, BauR 1970, 106) "Arbeiten an einem Grundstück" fallen Arbeiten, die nicht mit einer Bauwerkserrichtung im Zusammenhang stehen, wie z.B. Erdarbeiten, Baggerarbeiten, Planierungsarbeiten oder etwa die Gartengestaltung (BGH, NJW 1971, 2219). Als Arbeiten an einem Grundstück gelten auch solche, die an einem auf dem Grundstück stehenden Gebäude vorgenommen werden, aber wegen ihrer Eigenart nicht Arbeiten an einem Bauwerk sind, weil sie nicht das Bauwerk oder einen Bauwerksteil in der Substanz betreffen, wie beispielsweise bloße Ausbesserung und Instandsetzungsarbeiten (z.B. Ausbesserungsarbeiten am Anstrich) in oder am Gebäude oder Gebäudeteil, ohne dass sie zu dessen oder deren Erhalt dienen (BGH, BauR 1970, 106). Gleiches gilt für den Umbau einer vorhandenen Beleuchtungsanlage (BGH, BauR 1971, 128).

    Werden gleichzeitig Arbeiten an einem Bauwerk und an einem Grundstück ausgeführt, kann eine Aufteilung in der Weise nicht vorgenommen werden, dass die mit der Gebäudeerrichtung nicht zusammenhängenden Arbeiten als Arbeiten an einem Grundstück und die übrigen als Arbeiten an einem Bauwerk einzuordnen sind. Vielmehr handelt es sich hierbei um Arbeiten an einem Bauwerk mit der hierfür maßgeblichen längeren Verjährungsfrist (vgl. BGH, BauR 1973, 246).

  2. Feuerungsanlagen
    Die kurze Verjährungsfrist § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B betrifft nicht Feuerungsanlagen insgesamt, sondern nur die Teile, die vom Feuer berührt werden. Es muss sich also um Feuerungsanlagen (z.B. gemauerte Öfen, Heizungsöfen) und bei diesen wiederum um die Teile handeln, die von dem Feuer unmittelbar erreicht werden (die im Ofen befindlichen Röhren, Roste, Schamotte).

  3. Industrielle Feuerungsanlagen
    Die abweichend von S. 1 des § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B geregelte Verjährungsfrist von 1 Jahr betrifft Mängelansprüche bezüglich Leistungen an feuerberührten und abgasdämmenden Teilen von industriellen Feuerungsanlagen, z.B. Hochöfen.

  4. Arbeiten an maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen
    Die in § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B geregelten Leistungen unterfallen dem Regelungsbereich von § 1 VOB/A, sind also Bauleistungen. Schließen die Vertragsparteien keinen darauf bezogenen Wartungsvertrag für die Dauer der Verjährungsfrist gemäß § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B ab, beträgt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche 2 Jahre.
4.3 Zeitlicher Lauf der Verjährungsfrist bei Mängelansprüchen

  1. Beginn der Verjährungsfrist (§ 13 Nr. 4 Abs. 3 VOB/B)
    Die Verjährungsfrist beginnt nach § 13 Nr. 4 Abs. 3 VOB/B mit der Abnahme der gesamten Leistung bzw. mit der Abnahme für in sich abgeschlossene Teile der Leistung. Für die Abnahme ist § 12 VOB/B maßgebend.

  2. Lauf der Verjährungsfrist
    Hat der Lauf der Verjährungsfrist begonnen, dauert er an, bis der im einzelne maßgebliche Zeitraum vorüber ist. Ebenso wenig wie für den Beginn, hat es auf den Lauf der Verjährungsfrist oder Ende Einfluss, ob der Aufragnehmer oder der Aufraggeber intern ohne Geltendmachung durch den Auftraggeber etwaige Leistungsmängel bereits zu Beginn der Verjährungsfrist kennt oder den Umständen des Einzelfalles nach kennen muss. Es kann sein, dass ein Mangel erst kurz vor dem Ablauf der Verjährungsfrist erkannt wird. Der Auftragnehmer ist dann gehalten, seine Mängelrechte noch rechtzeitig vor Fristablauf geltend zu machen, um nicht durch eine etwaige Verjährungseinrede des Auftragnehmers einen Rechtsverlust zu erleiden. Ebenfalls ohne Bedeutung auf den Lauf der Verjährungsfrist ist es, ob und wann in dieser Zeit der Leistungsmangel objektiv in Erscheinung tritt. Entscheidend für den Beginn der Verjährungsfrist und für ihren daran anschließenden Lauf ist allein der Zeitpunkt der Abnahme, nicht aber das Datum des auftretenden Mangels. Der Lauf der Fristen wird aufgehalten, wenn eine Hemmung oder Unterbrechung eintritt. Hierbei handelt es sich um zwei Rechtsinstitute aus dem Verjährungsrecht des BGB, die auch auf das Recht des VOB/B-Bauvertrages Anwendung finden.
5. § 13 Nr. 5 VOB/B – Mängelbeseitigung durch Auftragnehmer

§ 13 Nr. 5 VOB/B regelt den Nacherfüllungsanspruch des Auftraggebers bei Mängeln der Leistung des Auftragnehmers, die während der Verjährungsfrist hervortreten. Kommt der Auftragnehmer der Aufforderung zur Mängelbeseitigung in der vom Auftraggeber gesetzten angemessenen Frist nicht nach, kann der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen lassen.

5.1 Nacherfüllungsanspruch nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B

Der Auftragnehmer muss während der Verjährungsfrist hervortretende Mängel auf seine Kosten beseitigen. Vorausgesetzt, der Auftraggeber verlangt dies vor Ablauf der Frist schriftlich, besteht nicht nur ein Nacherfüllungsanspruch, sondern auch ein Nacherfüllungsrecht des Auftragnehmers. Dies verpflichtet den Auftraggeber, im Falle der Geltendmachung von Mängeln eine Nacherfüllung entgegenzunehmen. Es besteht insoweit eine vertragliche Mitwirkungspflicht (LG Köln, BauR 1972, 314). Ausgenommen sind die in § 13 Nr. 6 VOB/B geregelten Fälle. Bei der Nichtbeachtung des Nacherfüllungsrechtes des Auftragnehmers verliert der Auftraggeber ein etwaiges Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB bezüglich der dem Auftragnehmer noch zustehenden Vergütung. Gleiches gilt, wenn der Auftraggeber die Besichtigung der Leistung zum Zwecke der Mangelfeststellung bzw. der Klärungerforderlicher Maßnahmen grundlos verweigert (OLG Frankfurt, BauR 1979, 326).
  1. Konkretisierte Nacherfüllungsaufforderung
    Der Nacherfüllungsanspruch gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B setzt neben dem Vorliegen eines Mangels die Leistung des Auftragnehmers während der Verjährungsfrist voraus, dass der Auftraggeber die Mangelbeseitigung durch eine eindeutige und inhaltlich zweifelsfreie empfangsbedürftige Willenserklärung verlangt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist der Mangel vom Auftraggeber nach seinem äußeren objektiven Erscheinungsbild exakt zu beschreiben (Symptomtheorie) (BGH, BauR 2002, 613). Hierfür ist es nicht erforderlich, dass der Auftraggeber auch die Mangelursachen bezeichnet. Die Nacherfüllungspflicht des Auftragnehmers bezieht sich auf alle Mangelursachen, die den beschriebenen Mangel verursacht haben. Es genügt dabei nicht, die Bauleistung schlechthin als mangelhaft zu bezeichnen oder das Erscheinungsbild so ungenau zu beschreiben, dass eine eindeutige Zuordnung unmöglich ist (Für die Rüge: "an einigen Fanstern blättert die Farbe ab": KG, BauR 1974, 345). Eine solche Mängelrüge wäre wirkungslos.

    Die Konkretisierung ist notwendig, damit der Auftragnehmer Art und Umfang der von ihm geforderten Nacherfüllung erkennen kann. Außerdem damit der Auftraggeber später, insbesondere mit Ablauf der Verjährungsfrist, nicht ohne weiteres ursprünglich nicht gemeinte und nicht berechtigte weitere Mängel nachschieben kann (KG, BauR 1974, 345; OLG Zweibrücken, BauR 1992, 770).
  1. Schriftliches Nachbesserungsverlangen

    Gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 VOB/B ist das Nacherfüllungsverlangen schriftlich zu erklären. Allerdings ist die Schriftform nicht Entstehungsvoraussetzung für den Nacherfüllungsanspruch. Das Nacherfüllungsverlangen gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 VOB/B ist nichts anderes, als die Aufforderung des Auftraggebers an den Auftragnehmer zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner bauvertraglichen Pflichten. Die nachträgliche Erfüllungspflicht im Rahmen der Mängelhaftung ist faktisch die gleiche, die nach dem Bauvertrag für den Auftragnehmer von Anfang besteht. Deshalb ist sowohl das Entstehen der Pflicht des Auftragnehmers zur Nacherfüllung, als auch die darauf beruhende Verpflichtung zum Handeln nicht von der Einhaltung der Schriftform abhängig (BGHZ 58, 332). Die Nacherfüllungsaufforderung des Auftraggebers kann somit auch mündlich ausgesprochen werden.

    Festzuhalten ist allerdings, dass die Schriftform des Nachbesserungsverlangens Entstehungsvoraussetzung für den Neubeginn der Verjährung gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B ist. Die Schriftform wahrt den Nacherfüllungsanspruch des Auftraggebers über die Vollendung der Verjährung hinaus, so dass der Auftragnehmer nach Ablauf der bisherigen Verjährungsfrist gehindert ist, die Einrede der Verjährung zu erheben (vgl. BGHZ 59, 202).
  1. Art und Umfang des Nacherfüllungsanspruches
    Der Auftraggeber hat keinen Anspruch darauf, dass der Auftragnehmer einen Mangel in bestimmter Weise nachbessert. Vielmehr hat der Auftragnehmer bei Fehlen anderweitiger vertraglicher Regelungen das Recht, selbst zu bestimmen, auf welche Weise er den Mangel mit dem Endziel der Vertragsgerechtheit nachhaltig und dauerhaft beseitigen will (BGH, BauR 1973, 313).

    Die Beseitigung hat, wie dies § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 VOB/B vorsieht, auf Kosten des Auftragnehmers zu erfolgen. Dabei kann der Auftraggeber verpflichtet sein, die betreffende Bauleistung dem Auftragnehmer in dem zur Nacherfüllung erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stellen. Insbesondere muss er ihm den Zugang bzw. die ungehinderte Nacherfüllungsarbeit ermöglichen. Insofern hat der Auftraggeber eine Mitwirkungspflicht, aus deren Verletzung dem Auftragnehmer Ansprüche aus Nebenpflichtverletzung erwachsen können, was dazu führen kann, dass dem Auftragnehmer der volle Vergütungsanspruch abzüglich ersparter Nacherfüllungsaufwendungen zusteht (vgl. seidel, JZ 1991, 391).

5.2 Mangelbeseitigung auf Veranlassung des Auftraggebers nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B

§ 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B regelt den Fall, in dem der Auftragnehmer trotz nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B gegebener Verpflichtung seiner vertraglichen Nacherfüllungspflicht nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt. Aus diesem Grunde hat der Auftraggeber ein Selbsthilferecht im Hinblick auf die erforderliche Nacherfüllung. Sind die Voraussetzungen von § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B gegeben, so hat der Auftragnehmer kein Nacherfüllungsrecht mehr.
  1. Voraussetzungen des Selbsthilferechts
    Das durch § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B dem Auftraggeber zugestandene Selbsthilferecht setzt den fälligen und durchsetzbaren Nacherfüllungsanspruch voraus. Ferner muss der Auftraggeber den Auftragnehmer unter Setzung einer angemessenen Frist erfolglos zur Mangelbeseitigung aufgefordert haben. Maßgebend für die Angemessenheit der Fristsetzung ist nicht allein die subjektive Sicht des Auftraggebers, sondern die bei objektiver Betrachtung im Einzelfall anzunehmende Zeit, die ein ordnungsgemäßer Auftragnehmer braucht, um diesen Mangel zu beheben (vgl. OLG Naumburg, IBR 2001, 600). Unter besonderen Umständen kann die Fristsetzung entbehrlich sein, z.B. wenn der Auftragnehmer die Nacherfüllung verweigert (BGH, BauR 1976, 283) oder eine unverzügliche Selbstvornahme unter den Voraussetzungen des § 679 BGB im öffentlichen Interesse ist bzw., wenn Gefahr im Verzug vorliegt und außergewöhnliche Umstände besondere Eile gebieten (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 477 für den Fall des Auffindens einer schadhaften Schweißstelle im Winter gegen 18.00 Uhr an der Fernwärmehausansachlussstelle).

  2. Kostenerstattungs- und Kostvorschussanspruch des Auftraggebers
    • Kostenerstattungsanspruch
      Das Recht des Auftraggebers, den Mangel auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen zu lassen, gibt ihm zunächst einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Auftragnehmer (BGH, BauR 1970, 48). Für Grund und Höhe dieser Kosten, die einklagbar sind, ist der Auftragnehmer darlegungs- und beweispflichtig. Er muss hierüber nachprüfbar entsprechend § 14 Nr. 1 VOB/B abrechnen. Dabei ist der Auftraggeber gehalten, sich bei der Ausübung seines Selbsthilferechts hinsichtlich des damit verbundenen kostenmäßigen Aufwandes in gebotenen Grenzen zu halten. Er darf nur das veranlassen, was nach objektiven Maßstäben notwendig ist. Entscheidend ist die nachhaltige Beseitigung des Mangels, auch wenn für diese notgedrungen eine aufwendigere Leistung erforderlich ist (OLG Frankfurt, NJW-RR 1998, 918).
  • Kostenvorschussanspruch
    Neben dem Kostenerstattungsanspruch ist der Auftraggeber auch berechtigt, von dem Auftragnehmer vor Inangriffnahme der Selbsthilfe einen Vorschuss in Höhe der zur Nacherfüllung voraussichtlich erforderlichen Kosten zu verlangen. Die Zuerkennung eines Kostenvorschussanspruches ist ein sich aus den Besonderheiten des Bauvertrages ergebendes Gebot der Billigkeit (§ 242 BGB). Es wird dem Auftraggeber seit je her von der Rechtsprechung zuerkannt (vgl. nur BGH, BauR 1999, 631; BGHZ 47, 272), ist im übrigen seit dem 01.01.2002 ausdrücklich in § 637 Abs. 3 BGB, der auch bei VOB/B-Bauverträgen zur Anwendung kommt, geregelt.

    Der Kostenvorschuss muss im Rahmen der Erforderlichkeit liegen. Insoweit hat der Auftraggeber eine Nachweispflicht, etwa durch Vorlage des Kostenvoranschlags eines anderen Unternehmers. Als Nachweis kann es ausreichen, wenn der Auftraggeber wegen der Nacherfüllungskosten ein hinreichend aufgeschlüsseltes Gutachten eines Sachverständigen vorlegt, auch wenn die späteren tatsächlichen Kosten erheblich geringer sind (OLG Koblenz, NJW-RR 1990, 981). Der BGH billigt dem Auftraggeber dabei zu, dass er die zu erwartenden Kosten schätzen kann (BGH, BauR 2001, 789). Der durchgesetzte Vorschussanspruch ist nicht endgültig. Es handelt sich um die Vorwegnahme des Kostenerstattungsanspruchs des Auftraggebers im Sinne des Aufwendungsersatzes (BGH, BauR 1983, 365). Daher muss der Auftraggeber den erhaltenen Vorschuss später abrechnen, also dem Auftragnehmer nachweisen, dass er den von ihm gezahlten Betrag nach Erfüllung benötigte und verwendet hat. Den nicht benötigten Teil des Vorschusses muss er dem Auftragnehmer zurückzahlen (BGHZ 94, 330). Gegebenenfalls kann er Nachzahlung verlangen.


6. § 13 Nr. 6 VOB/B – Minderung

§ 13 Nr. 6 VOB/B regelt das nur in Ausnahmefällen vorgesehene Recht auf Minderung der Vergütung des Auftragnehmers, da die VOB/B vorrangig eine vollständige Durchführung des Bauvertrages anstrebt. Grundsätzlich kann ein Nacherfüllungsanspruch daher nicht dadurch abgewehrt werden, dass kein wesentlicher Mangel vorliegt, der die Gebrauchsfähigkeit erheblich beeinträchtigt (OLG Düsseldorf, BauR 1980, 75). Wenn jedoch gemäß § 13 Nr. 6 VOB/B die Beseitigung des Mangels für den Auftraggeber unzumutbar bzw. unmöglich ist oder sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und der Auftragnehmer daher die Mängelbeseitigung verweigert hat der Auftraggeber nur einen Anspruch auf Minderung der Vergütung.
6.1 Voraussetzungen der Minderung

  1. Unzumutbarkeit
    Unzumutbar ist die Beseitigung des Mangels dann, wenn der Vorgang der Nacherfüllung dem Auftraggeber besondere persönliche und/ oder wirtschaftliche Opfer abfordert, die man ihm nicht zumuten kann. Zu beachten ist die berechtigte Interessenlage des Auftraggebers. Ist die Mängelbeseitigung für den Auftragnehmer unzumutbar, weil sie nicht zu einer funktionstauglichen Anlage führt, ist der Werklohn in entsprechender Anwendung von § 13 Nr. 6 S. 2 VOB/B zu mindern (OLG Dresden, BauR 2003, 262).

  2. Unmöglichkeit
    Eine objektiv gegebene Unmöglichkeit der Mängelbeseitigung i.S. des § 13 Nr. 6 Satz 1, 1. Alternative liegt vor, wenn weder der Auftragnehmer noch irgendein anderer Unternehmer in der Lage ist, den aufgetretenen Mangel zu beseitigen. Dabei darf der Gesichtspunkt des für den Auftraggeber Zumutbaren nicht außer Betracht bleiben, d.h. eine bloße "Experimentiererei" braucht der Auftraggeber nicht hinzunehmen (LG Nürnberg-Fürth, NJW-RR 1986, 1466).

    Die Grenzen sind fließend. Es können beide Tatbestände vorliegen. Gehen z.B. von Möbeln Ausdünstungen aus, die je nach persönlicher Empfindlichkeit brennende Augen und/oder Kopfschmerzen verursachen und - ebenfalls abhängig vom subjektiven Empfinden - als beißend oder stechend, jedenfalls objektiv als unangenehm empfunden werden, so dass ein längerer Aufenthalt in den Räumen, in denen diese Möbel aufgestellt sind, nicht erträglich ist, weil das körperliche Wohlbefinden beeinträchtigt wird, sind derartige Möbel mit einem Fehler behaftet, der wesentlich ist und die Gebrauchsfähigkeit nicht nur beeinträchtigt, sondern aufhebt (§ 13 Nr. 1, 7 VOB/B). Die Mangelhaftigkeit der vom Auftragnehmer stammenden Werkleistungen berechtigt den Auftraggeber zur Minderung gem. § 13 Nr. 6 VOB/B. Ein Minderungsanspruch kann sowohl auf § 13 Nr., 6 Satz 1 ,1. Alternative als auch auf § 13 Nr. 6 Satz 2 VOB/B gestützt werden, weil die Mängelbeseitigung unmöglich, aber auch für den Auftraggeber unzumutbar ist.
  1. Unverhältnismäßigkeit
    Eine Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserungskosten, die den Unternehmer zur Verweigerung der Nachbesserung berechtigt, wird in aller Regel nur anzunehmen sein, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer völlig ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb unangemessener Aufwand gegenübersteht. Ist die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar beeinträchtigt, so kann Nachbesserung regelmäßig nicht wegen hoher Kosten verweigert werden (BGH, BauR 1996, 858).

6.2 Berechnung der Minderung

Die Berechnung der Minderung erfolgt eigentlich in Höhe der Mängelbeseitigungskosten. Dies kommt aber nicht in Betracht, wenn die Nachbesserung unmöglich oder unverhältnismäßig ist. Dann erfolgt eine Bewertung anhand des Einzelfalls und dem Grundsatz der Angemessenheit.

Verwendet der Auftragnehmer z.B. im Vergleich zur geschuldeten Ausführung minderwertiges Material, dann ist die Vergütung des Auftragnehmers um den Vergütungsanteil zu mindern, der der Differenz zwischen der erbrachten und der geschuldeten Ausführung entspricht (BGHZ 153, 279).

Auch kann der Auftraggeber Minderung für einen technischen Minderwert verlangen, der durch die vertragswidrige Ausführung im Vergleich zu geschuldeten verursacht worden ist (BGHZ 153, 279).

Neben einer Minderung für einen technischen Minderwert kann der Auftraggeber für einen merkantilen Minderwert Minderung verlangen, wenn die vertragswidrige Ausführung eine verringerte Verwertbarkeit zur Folge hat, weil die maßgeblichen Verkehrskreise ein im Vergleich zu vertragsgemäßen Aus-führung geringeres Vertrauen in die Qualität haben (BGHZ 153, 279).

Bei optischen Mängeln ist die Werklohnminderung aufgrund der Wertminderung des optischen Wertanteils der Leistung sachverständig zu ermitteln. Ist etwa zu erwarten, dass auch noch nach Nachbesserung einer z.B. mangelhaft ausgeführten Fassadenputzarbeit Unebenheiten innerhalb der zulässigen Toleranzgrenzen verbleiben, darf der Unternehmer die Nachbesserung wegen Unverhältnismäßigkeit ablehnen. Bei den dann bloß optischen Mängeln der Fassadenputzarbeiten ist die Werklohnminderung aufgrund der Wertminderung des optischen Wertanteils der Leistung (hier: 50%) sachverständig zu ermitteln (OLGR Düsseldorf, BauR 1999, 404).
7. § 13 Nr. 7 VOB/B – Schadensersatz

Inhalt und Grenzen des Schadenersatzanspruches des Auftraggebers regelt § 13 Nr. 7 VOB/B. Der Schadensersatzanspruch stellt grundsätzlich ein zusätzliches Recht des Auftraggebers dar. Dies ergibt sich von selbst, da explizit auf Schadensfolgen außerhalb des Bauwerkes abgestellt wird, § 13 Nr. 7 Abs.1, Abs. 3 S. 2 VOB/B. In den übrigen Fällen des § 13 Nr. 7 Abs. 2, Abs. 3 S. 1VOB/B greift der Schadensersatzanspruch ebenfalls ohne weiteres, wenn es sich um Schäden handelt, die nicht in dem Mangel selbst bestehen (so genannte Mangelfolgeschäden).

7.1 § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B

§ 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B begründet einen deliktischen Anspruch. Danach haftet der Auftragnehmer für alle Schäden, die durch einen schuldhaft verursachten Mangel aus den Verletzungen des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit entstanden sind oder entstehen. Hierfür reicht leicht Fahrlässigkeit. Ein gemäß § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B begründeter Schadensersatzanspruch, der auf den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Geldbetrag gerichtet ist, steht dem Besteller/Auftraggeber unabhängig davon zu, ob er die Mängel beseitigen lassen will. Er erlischt z.B. auch nicht dadurch, dass ein Auftraggeber das Grundstück, auf dem sich das mangelhafte Bauwerk befindet, veräußert, bevor er den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Geldbetrag erhalten hat (BGH, Datum: 06.11.1986, Az: VII ZR 97/85 = BauR 1987, 89 ff.).
7.2 § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B

§ 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B erweitert die Haftung bei vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Mängeln auf alle Schäden.

7.3 § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B

§ 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 1 VOB/B ist eine haftungsbegrenzende Regelung. Eine Erweiterung auf die Fälle des großen Schadensersatzes, der alle durch den Mangel entstandenen Schäden umfasst, enthält § 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 2 VOB/B. Dabei wird auf die Beschaffenheitsvereinbarung abgestellt.

Eine weitere Voraussetzung für den Schadensersatz ist, dass die Schäden auch durch eine Nacherfüllung nicht hätten behoben werden können, bzw. noch zu vermeiden sind (z. B. Verdienstausfall, Mietausfall, oder Gutachterkosten nach vergeblichen Nacherfüllungsversuchen) oder die Nacherfüllung verweigert wird. Die Folgeschäden aus Mängel, die selbst nach der Mängelbeseitigung noch verbleiben, können nur durch Schadensersatzes liquidiert werden (OLG Frankfurt, Datum: 18.03.2002, AZ: 1 U 35/01 = IRB 2003, 10).

Wenn der Schaden aus dem Mangel besteht (Identität), ist der Schadensersatzanspruch begründet, wenn eine vom Auftraggeber gesetzte Frist zur Nacherfüllung fruchtlos verstrichen ist, eine Fristsetzung nicht erforderlich war oder die Voraussetzungen der Minderung vorliegen und der Schaden durch die Minderung noch nicht vollständig abgegolten ist. Eine Ausnahme besteht für den Einwand der unverhältnismäßigen Nacherfüllungskosten. Der Schadensersatz ist dann auf Minderung beschränkt.

Liegen auch die Voraussetzungen der Minderung vor, hat der Auftraggeber nach Ablauf einer fruchtlosen Nacherfüllungsfrist ein Wahlrecht auf Schadensersatz oder Minderung. Wird Schadensersatz gewählt, geht das Minderungsrecht betragsmäßig in dem Schadensersatzbetrag auf.

Ist die Gesamtleistung untauglich, werden vom Schadensersatz die Kosten des Abrisses, Abtransportes und der Lagerung oder Vernichtung der entsprechenden Bauteile umfasst (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 305). Gutachterkosten, die aufgewendet werden, um an der baulichen Anlage entstandene Schäden festzustellen und zu klären, sind Schäden an der baulichen Anlage, so dass diese Kosten jedenfalls bei Feststellung eines Schadens als Schadensersatzanspruch vom Schädiger erstattet verlangt werden können (LG Nürnberg-Fürth, NJW-RR 1986, 1466). Der Anspruch steht von vornherein neben dem Nachbesserungsanspruch (BGH, BauR 1979, 159).

Den über den Rahmen von § 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 1 VOB/B hinausgehenden Schaden kann der Auftraggeber nur nach den in § 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 2 VOB/B geregelten Voraussetzungen verlangen. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen: In Folge der von dem Auftragnehmer nicht fachgerecht hergestellter Außenisolierung und Drainage stellen sich Mängel an den Innenwänden und Fußböden des Kellers erst infolge des fehlerhaften Werkes ein, nachdem Anstrich, Tapeten und Teppichböden für sich genommen zunächst keinen Anlass für Beanstandungen gaben. Selbst wenn der Keller trocken gelegt wird, bleiben die schadhaften Innenbeläge. Diese in Ordnung zu bringen ist nicht Gegenstand der nötigen Nachbesserung an der Unterkellerung des Hauses, sondern des Schadensersatzanspruches (BGH, NJW-RR 1990, 786).
7.4. § 13 Nr. 7 Abs. 4 VOB/B

Die in den ersten drei Absätzen des § 13 Nr. 7 VOB/B geregelten Schadenersatzansprüche verjähren an sich nach Maßgabe des § 13 Nr. 4 VOB/B unter Einschluss der Sonderregelungen in § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 und 3 VOB/B. Diese Verjährungsbestimmungen gelten grundsätzlich auch für den Schadenersatzanspruch, weil er an sich neben den Mängelrechten auf Nacherfüllung oder Minderung nach § 13 Nr. 5 oder Nr. 6 VOB/B steht (BGHZ 58, 332). Gemäß § 13 Nr. 7 Abs. 4 VOB/B kann hier jedoch auch bei einem VOB/B-Bauvertrag die gesetzliche Verjährungsfrist nach § 634 a BGB eintreten, sofern sich der Auftragnehmer im Sinne des § 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 2 c VOB/B durch Versicherung geschützt hat, hätte schützen können oder soweit ein besonderer Versicherungsschutz vereinbart ist.
7.5 § 13 Nr. 7 Abs. 5 VOB/B

§ 13 Nr. 7 Abs. 5 VOB/B eröffnet den Parteien des VOB/B-Bauvertrages die Möglichkeit, die Haftung in Bezug auf den in § 13 Nr. 7 VOB/B geregelten Schadenersatzanspruch einzuschränken oder zu erweitern. Dies bedarf einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung. Die Vereinbarung muss inhaltlich bestimmt und für den Betroffenen nicht überraschend sein. Sie darf also auch als Individualvereinbarung weder einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 234 BGB), noch gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), noch einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB), enthalten. Zu beachten ist außerdem, dass auch in Individualregelungen nach § 276 Abs. 3 BGB die Haftung des Auftragnehmers für vorsätzliches Handeln nicht erlassen werden kann. Dies gilt allerdings nicht für die Haftung des Auftragnehmers für das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 S. 2 BGB). Sofern die Haftung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen eingeschränkt oder erweitert werden soll, ist diese Vereinbarung anhand der §§ 305 ff. BGB auf Wirksamkeit hin zu prüfen.

8. Allgemeine Geschäftsbedingungen

Die Mängelrechte können wegen der Vertragsfreiheit im Einzelfall, erweitert oder eingeschränkt werden. Grenzen regeln bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen die §§ 305 ff. BGB, bei Individualvereinbarungen die guten Sitten (§ 138 BGB), die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder gesetzliche Verbote (§ 134 BGB).

Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung hervorzuheben ist, dass jede inhaltliche Abweichung von der VOB/B dazu führt, dass dieses Regelwerk nicht als Ganzes vereinbart ist und – unabhängig vom Gewicht der Abweichung – als Allgemeine Geschäftsbedingung der vollen Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB unterliegt (vgl. BGH, BauR 2004, 668 (Inhaltskontrolle noch nach dem AGBG). Die isolierte Vereinbarung der kurzen Verjährung nach § 13 Nr. 4 VOB/B ist in diesem Fall unwirksam mit der Folge, dass die gesetzliche Verjährungsfrist ( § 634 a BGB) zur Anwendung kommt (BGH, BauR 2004, 668).

Weitere Beispiele und einen genaueren Überblick kann man sich in dem Nachschlagewerk Diehr/Knipper, Wirksame und unwirksame Klauseln im VOB-Vertrag, Vieweg 2003, verschaffen.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der tis Tiefbau Ingenieurbau Straßenbau
Mehr Informationen unter www.tis-online.info



Autor:
Dr. Uwe Diehr
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