Der Einsatz von PVC bei der Renovierung von Kanälen

09.04.2014

Bauteile und Werkstoffe » Werkstoffe » Kunststoff

Unsere Gesellschaft hat sich seit Anfang der 70er Jahre von der Wohlstands- und Wegwerfgesellschaft zu einer umweltbewussteren Gesellschaft entwickelt, die einigen Errungenschaften jedoch auch durchaus kritisch gegenübersteht. Wieso ist aber ausgerechnet PVC ein so heftig umstrittener Werkstoff? Der Hauptgrund liegt wohl darin, dass seit Ende der 80er Jahre bekannt ist, dass viele chlororganische Verbindungen, wie Treibgas, Farben, Lösungsmittel und auch Kunststoffe giftig, krebserregend, erbgut- und umweltschädigend sind. Die Grünen fordern seitdem den Ausstieg aus der Chlorchemie. PVC enthält in seiner chemischen Struktur jedoch einen großen Anteil Chlor und ist dadurch ins politische Kreuzfeuer geraten.

Kaum ein Werkstoff ist daraufhin so intensiv auf seine Umweltverträglichkeit hin untersucht worden wie PVC. Dadurch hat sich die Diskussion zunehmend versachlicht. Die öffentliche Meinung wird aber häufig nicht durch die Ergebnisse umfangreicher Studien, sondern durch die über die Medien verbreiteten Berichte geprägt. Durch Presseartikel, wie z. B. nach dem Düsseldorfer Flughafenbrand oder über krebserregendes PVC-Spielzeug, fällt die Diskussion allerdings rasch auf eine emotionale Basis zurück. Es kommt zur Verunsicherung, alte Bedenken flammen wieder auf. Eine fundierte und neutrale Stellungnahme setzt jedoch die Kenntnis über ökologische, ökonomische und soziale Aspekte eines Werkstoffs unter Betrachtung seines gesamten Lebensweges voraus. Eine erste diesbezügliche Auseinandersetzung fand im Jahr 1999 statt. Damals überprüfte die Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH im Auftrag der australischen Firma Rib-Loc (dem Entwickler und Hersteller des Wickelrohrverfahrens) mit Hilfe einer Fragebogenaktion den Einsatz von PVC im Abwasserbereich in verschiedenen deutschen Städten [1]. Außerdem wurde versucht ggf. die Gründe gegen den Einsatz dieses Werkstoffs zu erfassen.

Die damals gesammelten Vorbehalte (siehe Tabelle 2) werden auch heute noch von Kommunen angeführt, obwohl sich die Grundlagen der PVC-Herstellung geändert und die Erkenntnisse über den Werkstoff wesentlich verbessert haben. Zwar wurden viele der damaligen Beschränkungsrichtlinien gegen PVC aufgehoben, dennoch orientieren sich auch heute noch Kommunen an den PVC-Vermeidungsbeschlüssen. Diese waren seinerzeit einander sehr ähnlich und können folgendermaßen zusammengefasst werden: „Verzicht auf PVC-haltige Baumaterialien im substituierbaren Bereich“. Unterschiede lagen vor allem in der Realisierung der Beschlüsse, die von der finanziellen und technischen Durchführbarkeil der PVC-Substitution abhing. In vielen Fällen waren es die Hochbauämter, die einen Ausstieg anregten, der allerdings nicht ohne Folgen für den Tiefbau- und Kanalisationsbereich blieb.

Dieser Fachbeitrag im Auftrag der Ferdinand Stükerjürgen GmbH (Rietberg) greift in Form einer Literaturstudie die heute noch aktuellen Vorbehalte auf und führt Argumente zusammen, die eine fachlich, kritische Diskussion zum Thema PVC in der Kanalsanierung ermöglichen sollen.

1. Zusammenstellung der bekannten Vorbehalte gegen PVC

Nachfolgend sind die am häufigsten aufgeführten Vorbehalte gegenüber PVC zusammengestellt. Die Angaben basieren auf einer Umfrage der Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH aus dem Jahre 1999, an der 29 geographisch über die ganze Bundesrepublik verteilte Kommunen teilgenommen haben (siehe Tabelle 2).

Größe der Kommunen / Einwohnerzahl Anzahl der befragten Kommunen (zurückgeschickte Fragebögen)
Tabelle 1: Anzahl und Größe der teilgenommen Kommunen [1]
bis 100.000 5
100.000 bis 500.000 14
500.000 bis 1.000.000 7
über 1.000.000 3
 
Stichwort Vorbehalte
Tabelle 2: Vorbehalte gegen PVC im Kanal-, Leitungsbau und -sanierung [1]
Rohstoffe Für die PVC-Herstellung werden die Öl-Ressourcen verschwendet.
Herstellung Bei der Herstellung der Monomervorprodukte treten Chlor- und Quecksilberemissionen auf.
  VC-Konzentrationen am Arbeitsplatz sind extrem gesundheitsgefährdend.
Additive Stabilisatoren stellen eine Gefahr für die Umwelt dar.
  Weichmacher dünsten aus und sind krebserregend.
Verarbeitung Bei der Verarbeitung der Endprodukte kann es zu Gesundheitsschäden kommen.
Brandfall Bei der Mitverbrennung von PVC bei einem Schadfeuer brennt PVC besonders schnell und es entstehen bedingt durch das PVC toxische Brandgase. Darüber hinaus ist der Entsorgungs- und Sanierungsaufwand nach Bränden unter Beteiligung von PVC durch die entstehende Salzsäure besonders hoch.
Entsorgung, Deponie PVC-Bauprodukte bereiten Schwierigkeiten bei der Entsorgung auf Deponien. In 20-50 Jahren rollt eine Abfalllawine auf uns zu.
  Bei der Deponierung von PVC-Produkten werden toxische Stoffe ausgespült.
Entsorgung, Verbrennung Bei der Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen führt der PVC-Anteil zu erheblich erhöhten toxischen Emissionen.
Entsorgung, Recycling PVC ist ein Störfaktor beim Recycling.
 
1.1 Informationsstand PVC

Die in der Tabelle 2 erfassten Vorbehalte gegen PVC sind nach wie vor aktuell. Erstaunlich ist, dass PVC teilweise abgelehnt wird, obwohl die Rohstoffe zur PVC-Herstellung (also die Chlorproblematik) den Kritikern gar nicht bekannt sind. Die Stichworte Vinylchlorid, Schwermetalle und Dioxin sind auch heute noch die Hauptargumente gegen einen Einsatz von PVC in der Kanalsanierung. Hierbei wird vergessen, Informationen über die Konzentration der Stoffe, über getroffene umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen der Industrie und über Konkurrenzprodukte einzuholen.

Dass die viel umstrittenen Weichmacher [2] [3] in PVC-U-Rohren (U steht für unplasticized, d.h. nicht weichgemacht) seit Jahren nicht mehr enthalten sind, gehört offensichtlich noch nicht zum Allgemeinwissen. Daher geraten PVC-Rohre auch dann mit in die Diskussion, wenn es um Produkte mit Weichmacher geht, obwohl die aktuellen Normen und Regelwerke für Rohre und Formstücke sich eindeutig auf weichmacherfreies PVC-U beziehen, wie beispielhaft durch nachfolgende Normen dokumentiert:

  • DIN 4262-1: Rohre und Formstücke für die unterirdische Entwässerung im Verkehrswege- und Tiefbau – Teil 1: Rohre, Formstücke und deren Verbindungen aus PVC-U, PP und PE, 2009-10
  • DIN 8061: Produktabbildung – Rohre aus weichmacherfreiem Polyvinylchlorid (PVC-U) – Allgemeine Güteanforderungen, Prüfung, 2009-10
  • DIN 8062: Produktabbildung – Rohre aus weichmacherfreiem Polyvinylchlorid (PVC-U) – Maße, 2009-10
  • DIN 19534-3: Rohre und Formstücke aus weichmacherfreiem Polyvinylchlorid (PVC-U) mit Steckmuffe für Abwasserkanäle und -leitungen – Teil 3: Güteüberwachung und Bauausführung
  • DIN EN 1401-1: Kunststoff-Rohrleitungssysteme für erdverlegte drucklose Abwasserkanäle und -leitungen – Weichmacherfreies Polyvinylchlorid (PVC-U) – Teil 1: Anforderungen an Rohre, Formstücke und das Rohrleitungssystem; 2009-07

Bild 1: Ökobilanzen von Kunststoffrohren (Auszug aus [5] / [6])

PVC-U Rohre und Formstücke, welche mit Ca/Zn stabilisiert sind, werden z. B. seitens der eco-bau [4], einer Plattform öffentlicher Bauherrschaften von Bund, Kantonen und Städten der Schweiz, in die Spitzengruppe der ökologischen Baustoffe eingestuft. Zu einer ähnlichen Bewertung (ohne die Werkstoffe Beton und Steinzeug in den Vergleich mit einzubeziehen) kommen Busser und Frischknecht [5] (Bild 1).

Die Problematik um Dioxine wird heute in der Wissenschaft sehr realistisch und weniger dramatisch betrachtet. Die Debatten in der Öffentlichkeit sind dagegen noch immer von Emotionen gekennzeichnet. Mangelndes Wissen um die Auswirkungen von Dioxinen auf Mensch und Umwelt, jahrelanger sorgloser Umgang mit diesen Substanzen und schließlich die Unsicherheiten nach dem ersten großen Dioxin-Unfall in Seveso (1976) ermöglichten lange keine sachliche Diskussion um dieses Thema. Besonders emotionsgeladen war durch den Unfall im Düsseldorfer Flughafen (1996) die Diskussion um PVC im Brandfall. Obwohl nach Aussage der Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt [7] die Berichte der Staatsanwaltschaft und der unabhängigen Sachverständigenkommission zur Prüfung von Konsequenzen aus dem Düsseldorfer Flughafen-Brand feststellten, dass PVC weder hinsichtlich der Personenschäden noch der Sachschäden einschließlich der notwendigen Sanierungen eine Sonderrolle im Vergleich mit anderen Werkstoffen gespielt hat, geschweige denn am Ausbruch des Brandes schuld war, konnten bis heute die Vorurteile gegenüber PVC nicht entkräftet werden. Außerdem hat die Umfrage bestätigt, dass sich das Informationsdefizit über PVC auch auf den Bereich der Entsorgung erstreckt.

Erfahrungen haben gezeigt, dass Beschlüsse über die Beschränkung des PVC-Einsatzes meist auf Unkenntnis der aktuellen Faktenlage beruhen. Dort, wo eine intensive Diskussion zur PVC-Problematik stattfand, wurden häufig entsprechende Beschränkungsrichtlinien geändert oder gar nicht erst durchgesetzt. Beispiele sind die Bundesländer Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Niedersachsen, Berlin und Bremen [8].

2. Bewertung der Vorbehalte

2.1 Vorbehalt: Für die PVC-Herstellung werden die Öl- Ressourcen verschwendet.

Reines Polyvinylchlorid (PVC) besteht zu 57% aus Chlor und wird aus monomerem Vinylchlorid durch Polymerisation hergestellt. Die Herstellung von Vinylchlorid erfolgt entweder über die Anlagerung von Chlorwasserstoff an Acetylen oder über die Spaltung von 1,2-Dichlorethan zu Vinylchlorid und Chlorwasserstoff. Somit gliedert sich die Herstellung von PVC in folgende Stufen (s. Tabelle 3):

Monomervorprodukte: Monomerproduktion: Polymerisation:
Tabelle 3: Herstellungsstufen von PVC

Chlor
Ethen (Ethylen)
Acetylen

Integrierte Oxichlorierung
Acetylen/Ethylen-Verfahren
 

Suspensionsverfahren
Emulsionsverfahren
Masseverfahren

 

Die wesentlichen Rohstoffe für PVC sind Chlor und Ethen (Ethylen). Die Basis für Chlor ist Salz (i. d. R. Stein- oder Meersalz). Salz ist ein weltweit nahezu unbegrenzt vorhandener Rohstoff. Damit ist Chlor eines der am weitesten verbreiteten Elemente in der Natur. Der Grundstoff für Ethen ist hingegen Rohöl, da Ethen in der Raffinerie im Zuge der Rohöldestillation und der nachfolgenden petrochemischen Verarbeitung gewonnen wird. Etwa 80% des Erdölbedarfs wird zur Strom- und Wärmeerzeugung sowie für den Betrieb unserer Verkehrsmittel verbrannt. Obwohl Erdöl die Rohstoffbasis für nahezu alle Kunststoffe bildet, beträgt deren Anteil am Erdölbedarf lediglich 4%. Der Anteil des PVC liegt hier bei weit unter 1%. Im Vergleich mit anderen Kunststoffen hat PVC den Vorteil, nur 43% des Produktgewichts an Ethylen zu benötigen, was sich positiv auf den Verbrauch an fossilen Ressourcen auswirkt [9].

2.2 Vorbehalt: Bei der Herstellung der Monomervorprodukte treten Chlor- und Quecksilberemissionen auf.

Ausgangsprodukte für die Chlorerzeugung sind Salzsäure (HCI), Kaliumchlorid (KCI) und vor allem Natriumchlorid (NaCl). Diese werden durch Elektrolyse in Chlor und Koppelprodukte (Natronlauge und Wasserstoff) zerlegt. Circa 97% des Chlors wird durch Elektrolyse wässriger Natriumchlorid-Lösungen gewonnen (Chlor-Alkali-Elektrolyse) [10]. Die Führungsrolle dieses Verfahrens ist nicht zuletzt durch die nahezu unbegrenzten Vorräte an Natriumchlorid in fester Form (Steinsalz) in den Salzlagerstätten und als gelöstes Salz in den Meeren begründet. Für die Elektrolyse von Natriumchlorid stehen drei Verfahren zur Verfügung,

  • Amalgamverfahren (auch Quecksilberverfahren genannt),
  • Diaphragmaverfahren und
  • Membranverfahren.

Die drei genannten Verfahren unterscheiden sich durch die Art und Arbeitsweise der Trennwand, welche das Anodenprodukt Chlor von den Kathodenprodukten Natronlauge und Wasserstoff trennt: das Amalgam- oder Quecksilberverfahren mit einem undurchlässigen, flüssigen Medium, während das Diaphragmaverfahren mit einem durchlässigen Diaphragma und das Membranverfahren mit einer hydraulisch undurchlässigen, selektiv ionenleitenden Membran. Insbesondere das letztgenannte Verfahren zeichnet sich gegenüber dem Amalgamverfahren durch einen deutlich geringeren Energieaufwand und geringere Umweltbelastungen aus [9].

Den Standard bildete lange Zeit das Amalgamverfahren, das auf Grund der Verwendung und der Emissionen von Quecksilber Angriffspunkte für den gesamten Elektrolyseprozesses lieferte. Mittlerweile wird dieses Verfahren kontinuierlich durch das umweltneutralere und energiesparendere Membranverfahren ersetzt. Weltweit geht der Einsatz des Amalgamverfahrens zurück – so auch in Deutschland, wie Produktionszahlen von PVC in Deutschland für das Jahr 2003 bestätigen [11]. Von rund 4,4 Millionen Tonnen produzierten Chlors entfielen…

  • 1,2 Millionen Tonnen (27%) auf das Amalgamverfahren
  • 1,0 Millionen Tonnen (23%) auf das Diaphragmaverfahren
  • und bereits 2,2 Millionen Tonnen Chlor (50%) auf das Membranverfahren [9].

Insgesamt ermöglichten nach Informationen des Bundesumweltamtes [12] die Optimierung von Produktionsprozessen und die Umstellung auf das Membranverfahren eine Reduzierung der gesamten Quecksilberemissionen von 1984 bis 2004 in Westeuropa um ca. 90% und in Deutschland von 1972 bis 2003 um fast 99%.

2.3 Vorbehalt: VC-Konzentrationen am Arbeitsplatz sind extrem gesundheitsgefährdend.

Der Ausgangsstoff für Polyvinylchlorid ist monomeres Vinylchlorid, ein Gas, das erst durch die Polymerisation eine feste Form, bestehend aus langen Molekülketten, annimmt. Monomeres Vinylchlorid (VCM) hat die Strukturformel (C2H3Cl). Das bei der Herstellung von PVC entstehende Vinylchlorid galt jahrzehntelang als harmlose Substanz und wurde in der Medizin sogar als Narkosemittlel eingesetzt [13]. Erst Anfang der siebziger Jahre wurde erkannt, dass hohe Konzentrationen in der Atemluft bei Langzeitexposition krebserregend sind. Die Industrie reagierte mit:

  • erweitertem Einsatz von Atemschutzgeräten,
  • verbesserter Be- und Entlüftung,
  • Vorrichtungen zum Absaugen und Abdichten,
  • Einsatz automatischer Reinigungskräfte,
  • umfangreichen Umbauten an den bestehenden Anlagen,
  • Austausch von Armaturen und Dichtungselementen [13].

Im Jahr 1999 wurde durch den EU-Ministerrat die Aufnahme von Vinylchlorid-Monomeren (VC) in die Arbeitsplatzschutzrichtlinie beschlossen (90/394/EEL) und der maximal zulässige Wert am Arbeitsplatz auf 3 ppm festgelegt. Seitdem wurden in der chemischen Industrie weltweit strengste Sicherheitsvorkehrungen eingeführt. Umfangreiche arbeitshygienische und betriebstechnische Maßnahmen haben gemeinsam mit gesetzlichen Regelungen laut der Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt [9] [14] dafür gesorgt, dass VC schon seit vielen Jahren kein besonders gesundheitsgefährdendes Risiko mehr darstellt.

So wird VC schon seit längerer Zeit produktionstechnisch nur noch in geschlossenen Systemen eingesetzt, so dass eine Gefährdung der Beschäftigten ausgeschlossen werden kann. Neuerkrankungen an dem zu Beginn der 70er Jahre zu beobachtenden Leberangiosarkom sind seit 1977 nicht mehr aufgetreten [9] [14].

2.4 Vorbehalt: Stabilisatoren stellen eine Gefahr für die Umwelt dar.

PVC wird nie in Reinform verarbeitet. Durch das Polymerisationsverfahren werden zwar bestimmte Eigenschaften festgelegt, aber erst eine Fülle von Zusatzstoffen ermöglicht es, die Eigenschaften des PVCs auf den jeweiligen Verwendungszweck abzustimmen.

Additive für PVC dienen zur Verbesserung der physikalischen Eigenschaften wie Temperatur-, Licht- und Wetterbeständigkeit, Zähigkeit, Elastizität und Transparenz, aber auch zur Verbesserung der Verarbeitbarkeit. Hierzu zählen Wärmestabilisatoren, UV-Stabilisatoren, Antioxidantien, Farbstoffe (Pigmente), Flammschutzmittel, Gleitmittel, und Füllstoffe. Der Anteil der Additive beträgt bei Hart-PVC ca. 10-25%. Die zugegebenen Additive werden vor der Verarbeitung durch Mischen, Agglomerieren, Granulieren oder Verpasten in dem Roh-PVC homogen verteilt und eingearbeitet (Compoundieren) [10].

Der Einsatz von Stabilisatoren ist für PVC-U spezifisch, die restlichen Additive kommen auch bei anderen Kunststoffen zur Anwendung. Wärme, UV-Licht, Luftsauerstoff sowie Feuchtigkeit schädigen die Polymere, so dass ein Kettenabbau stattfindet, was eine Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften zur Folge hat. Aus diesen Gründen (und um PVC bei Temperaturen um 180 °C verarbeiten zu können) ist es erforderlich, dem Roh-PVC Stabilisatoren hinzuzufügen. Diese verhindern bzw. verzögern die Chlorwasserstoffabspaltung [15]. Verwendet werden im Wesentlichen Verbindungen auf der Basis von Blei, Kalzium/Zink, Zinn und in sehr geringem Umfang auch auf der Basis von Cadmium [9] [10] [16].

Bei der Herstellung von Rohren wird auf cadmiumhaltige Stabilisatoren allerdings schon seit vielen Jahren verzichtet. Auch die bleihaltigen Stabilisatoren werden durch geeignete Rezeptur bzw. Substitution immer weiter reduziert. Das Blei liegt in den Rohren als schwer lösliche Bleiverbindung vor, mit der Folge, dass in Trinkwasserrohren aus PVC-U die zulässigen Grenzwerte weit unterschritten werden. Die bereits begonnene Substitution von Blei- durch Calzium-/Zink- bzw. auch durch Zinn-Stabilisatoren wird sich in Zukunft noch verstärken, so ist in der EU der Komplettausstieg bei Blei bis 2015 vorgesehen [17]. Als Alternative stehen für viele Bereiche Systeme auf Calcium-Zinkbasis oder Mixed-Metal-Systeme zur Verfügung [9].

2.5 Vorbehalt: Weichmacher dünsten aus und sind krebserregend.

Weichmacher werden in der Tat als fruchtschädigend und fruchtbarkeitsschädigend eingestuft. Darüber hinaus stehen einige Phthalate in Verdacht, leber- und nierenschädigend sowie krebserzeugend zu sein. Als so genannte äußere Weichmacher gehen sie mit dem Kunststoff keine chemische Bindung ein und können relativ leicht wieder aus dem Kunststoff herausgelöst werden bzw. allmählich heraus migrieren [18].

Für die Renovierung von Kanälen spielt dieser Vorbehalt jedoch keine Rolle, denn hier kommt zwar mit dem Wickelrohrverfahren eine Technik auf PVC-Basis zum Einsatz – aber auch diese konzentriert sich vollständig auf die Nutzung von PVC-U, so dass hier keine Weichmacher enthalten und somit auch die damit verbundenen Gefahrenquellen nicht gegeben sind.

2.6 Vorbehalt: Bei der Verarbeitung der Endprodukte kann es zu Gesundheitsschäden kommen.

Nach Ansicht der UBA DE [19] sind bei PVC-Endprodukten Vinylchloridemissionen nicht von Bedeutung. Durch ihre feste Einbindung in die Kunststoffmatrix geht auch von den Stabilisatoren keine Gefährdung aus, d. h. sie werden nicht freigesetzt. Lediglich die Weichmacher stehen unter dem Verdacht gesundheitsschädigende Emissionen freizusetzen. Rohre aus PVC-U enthalten jedoch, wie bereits erläutert, keine Weichmacher.

2.7 Vorbehalt: Bei der Mitverbrennung von PVC bei einem Schadfeuer brennt PVC besonders schnell und es entstehen bedingt durch das PVC toxische Brandgase. Darüber hinaus ist der Entsorgungs- und Sanierungsaufwand bei Bränden unter Beteiligung von PVC durch die entstehende Salzsäure besonders hoch.

Brände in erdverlegte Abwasserleitungen und -kanäle sind sehr selten. Dennoch kann es bei Unfällen vereinzelt auch zu Bränden in Abwasserleitungen und -kanälen kommen. Ein diesbezügliches Beispiel ist der Brand eines Abwasserkanals der mittels eines GFK-Liners saniert wurde [20]. Eine der ersten veröffentlichten Studien zum Brandverhalten von Rohren basiert auf den Untersuchungen der American Concrete Pipe Association (ACPA), USA aus dem Jahre 1982 [21]. Diese hat Labor-Brandprüfungen unter nach ANSI/ASTM Standard E 84 [22] genormten bzw. standardisierten Prüfbedingungen bei Dauerbeflammung durchgeführt und die Flammenausbreitung („Flamespread Value“) und die Rauchentwicklung („Smoke Density Factor“) von ca. 1,22 m (4 ft) langen Rohr-Halbschalen von acht verschiedenen Rohrwerkstoffen untersucht [23].

Für die Klassifikation und Einordnung des „Flamespread Value“ und „Smoke Density Factor“ bei den Brandversuchen wurden als Referenzwerte die einer Asbestzementplatte (Referenzwert 0) sowie einer Roteichen-Fußbodendiele (Referenzwert 100) herangezogen [23].

Das Brandpotenzial jedes einzelnen Rohrwerkstoffes war zusätzlich gemäß der „National Fire Protection Association“ (NFPA) entsprechend ihres Brandverhaltens bei Gebäudebränden in Brandklassen nach NFPA No. 101 [24] eingeteilt (klassifiziert) und definiert (Tabelle 4) [23].

Brandklasse Flamespread Value Smoke Density Faktor
Tabelle 4: Brandklassen in Anhängigkeit von Flammenausbreitung (Flamespread Value) und Rauchentwickung (Smoke Density Faktor) nach NFPA No. 101 [24]
A 0 bis 25 0 bis 450
B 26 bis 75 0 bis 450
C 76 bis 200 0 bis 450
 

Es wurde u.a. festgestellt, dass beim Stahlbeton nur eine leichte Schwarzfärbung der Rohroberfläche (ohne Entzündung oder Rauchausbreitung) und keine Schädigungen (z. B. Abplatzungen aufgrund der Hitzeeinwirkung) zu erkennen waren. Sie wurden dementsprechend in die Brandklasse A nach NFPA No. 101 [24] eingestuft [23].

Die zwei untersuchten PVC-Proben entzündeten sich und versagten nach kurzer Zeit vollständig, wobei jedoch der Grad der Flammenausbreitung und der Rauchentwicklung im zulässigen Bereich blieb, so dass dieser Werkstoff ebenfalls noch der Brandklasse A zugeordnet wurde [23].

Die PE-Probe verbrannte vollständig und verursachte eine so große Rauchentwicklung, dass die zulässigen Werte der NFPA („National Fire Protection Association“) überschritten wurden [23].

In der Bundesrepublik Deutschland ist das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen in der DIN 4102 [25] geregelt. Hier werden Baustoffe in die nicht brennbare Baustoffklasse A und in jene der brennbaren Baustoffe B eingeteilt. Die Klasse B unterscheidet wiederum 3 Unterklassen:

  • Schwer entflammbare Baustoffe (B1) sind grundsätzlich brennbar, sie dürfen nach dem Erlöschen des Feuers aber nicht selbständig weiter brennen
  • Normal entflammbare Baustoffe (B2) lassen sich durch Zündquellen entflammen und brennen - abhängig von den Umgebungsbedingungen - von alleine weiter
  • Leicht entflammbare Baustoffe (B3) brennen rasant ab. Sie lassen sich mit kleinen Zündquellen entflammen und brennen ohne weitere Wärmezufuhr mit steigender Geschwindigkeit weiter. Sie stellen ein hohes Brandrisiko dar [25]

Rohre und Formstücke aus PVC-U nach DIN 19531 [26] fallen in die Baustoffklasse B1. PVC-U nach DIN 8061 [27] in die Baustoffklasse B2 [9].

Zur objektiven Beurteilung des Brandverhaltens eines Werkstoffs ist eine Vielzahl von Parametern zu berücksichtigen. PVC ist im Gegensatz zu anderen Kunststoffen schwer entflammbar, da diese für das Erreichen dieser Eigenschaft Zusätze von Flammhemmern benötigen. Der Chlorgehalt von 57 % in PVC bewirkt einen inhärenten Flammschutz, wodurch PVC mit 330 bis 400 °C eine höhere Entzündungstemperatur besitzt als die meisten anderen Kunststoffe. Generell ist bei Verwendung von PVC gegenüber anderen Kunststoffen daher kein höheres Brandrisiko gegeben [9].

Negativ in diesem Zusammenhang ist, dass PVC-Produkte im Brandfall zu ätzenden und korrosiven Chlorwasserstoffemissionen führen. Die Verätzungen können bei Menschen zu schwerwiegenden Schäden an den Atmungsorganen und Schleimhäuten führen. Wenn in diesem Zusammenhang mit anderen Kunststoffen von einem Vorteil gesprochen werden kann, so besteht dieser darin, dass selbst in ungefährlichen Konzentrationen HCl schon durch seine schleimhautreizende Wirkung für den Menschen bemerkbar ist und die ätzende Wirkung von Chlor bei betroffenen Personen sofort Fluchtreaktionen auslöst. Diese „erkennende“ Wirkung steht im Gegensatz zu anderen am Brandherd entstehenden, geruchslosen und tödlich wirkenden Brandgasen. Darüber hinaus können bei der Verbrennung von chlorhaltigen, organischen Verbindungen PCDD/PCDF (Polychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane) entstehen [28]. Nach Funke [29] wurden von der Gesellschaft für Arbeitsplatz- und Umweltanalytik (GfA) über 200 Proben aus Bränden untersucht, bei denen chlororganische Kunststoffe, vor allem PVC, eine Rolle gespielt hatten. In mehr als 90% aller Proben wurde PCDD und PCDF nachgewiesen [28].

Kritisch ist bei PVC im Brandfall der Kontakt von Chlorwasserstoff mit Löschwasser, der zur Bildung von Salzsäure führt und an Bauwerken Korrosionsschäden verursacht. Welche Bedeutung dieser Effekt allerdings in Bezug zu den dominieren Zerstörungen durch hohe Brandtemperaturen haben kann, bleibt einer Risikobetrachtung im Einzelfall überlassen. Die Sanierung von Brandstellen ist unabhängig von der An- oder Abwesenheit von PVC sorgfältig und nach dem Stand der Technik durchzuführen. Bei einem Brand treten Feuertemperaturen von weit über 1000 °C auf. Diese extremen Hitzebelastungen sind die Hauptursache für irreparable Schäden an Bauwerken.

Bei erkalteten Brandstellen stehen Ruß, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAKs), Polychlorierte Biphenyle (PCB) und Dioxine als Gesundheitsrisiko im Vordergrund. Die entstehenden persistenten Stoffe sind allerdings fest an den Brandruß gebunden und weisen daher nur eine geringe Mobilität auf. Auch wenn bei und nach einem Brand von einem Risiko der Dioxinaufnahme durch Inhalation von Ruß ausgegangen werden muss, konnten bislang auch bei Feuerwehrleuten, der bei Bränden am stärksten exponierten Gruppe, keine erhöhten Dioxinwerte im Blut nachgewiesen werden [9] [30] [31].

2.8 Vorbehalt: PVC-Bauprodukte bereiten Schwierigkeiten bei der Entsorgung auf Deponien. Bei der Deponierung von PVC-Produkten werden toxische Stoffe ausgespült.

Da PVC-Material gut recycelfähig ist, sollte PVC-Rohrmaterial nicht deponiert, sondern als Wertstoff genutzt werden. Die Deponierung energetisch verwertbarer Stoffe, wozu auch PVC zu rechnen ist, ist in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 2005 gesetzlich verboten. Seit 1994 wurde ein System zur Sammlung und Wiederverwertung von PVC-Rohren aufgebaut. Die Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt e.V. hat eine Liste zusammengestellt in der alle Verwerterbetriebe bundesweit aufgeführt sind. Für Kunststoffrohrsysteme ist über das Sammelsystem des Kunststoffrohrverbands (KRV) in Zusammenarbeit mit zertifizierten Fachbetrieben zudem die Sammlung, Aufbereitung und Verwertung von allen Kunststoffrohrabfällen sichergestellt und nachgewiesen [32] [33]. Die Rohrabfälle werden sortiert, gereinigt und zerkleinert. Die zerkleinerten Kunststoffteile werden in der Kunststoffindustrie wieder eingesetzt, so dass die PVC-Quellen für die Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen (MVA) in der Regel nicht aus der Kanalbranche stammen.

Die Ausschöpfung des bestehenden Verwertungspotentials hängt allerdings von einer umfassenden Information und auch der Bereitschaft ab, die Verwertungskosten beim Produktkauf mit zu bezahlen. Durch die Langlebigkeit von PVC-Produkten im Baugewerbe ist das Abfallaufkommen im Verhältnis zu den Produktionszahlen derzeit sehr gering.

2.9 Vorbehalt: Bei der Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen führt der PVC-Anteil zu erheblich erhöhten toxischen Emissionen.

Aufgrund des eingeführten Sammelsystems für Kunststoffrohrsysteme (siehe Abschnitt 2.8), stammen die PVC-Quellen bei Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen (MVA) in der Regel nicht aus der Kanalbranche.

Abfallverbrennungsanlagen, in denen auch PVC-Abfälle thermisch verwertet werden, sind mit fortschrittlicher Abgasbehandlung ausgestattet, sodass die entstehenden Schadstoffe abgetrennt werden können. Der Schwermetalleintrag durch PVC ist heute unbedeutend, da Cadmium als Stabilisator praktisch nicht mehr eingesetzt wird. Die im Müll enthaltenen, mehrheitlich nicht dem PVC zuzuordnenden Schwermetalle werden bei der Verbrennung zum Teil mobilisiert und gelangen in den Abgasstrom. Hier werden sie aber zusammen mit anderen Staubpartikeln in den Entstaubungsanlagen zu 99% zurückgehalten. Die in der EU eingesetzten Müllverbrennungsanlagen (MVAs) stellen laut Vehlow [34] eine Dioxinsenke dar. Salzsäure und Schwermetalle verursachen demnach auch in der Verbrennung keine Probleme. Messungen am Forschungszentrum Karlsruhe [35] ergaben einen Abscheidungsgrad von 99% für beide Stoffe [9].

Wegen des Chloranteils und des damit geringen Kohlenstoffanteils und niedrigeren Heizwertes ist bei PVC einerseits der Energiegewinn geringer, andererseits entsteht bei der Verbrennung Chlorwasserstoff, der in den Wäschern zu Salzsäure reagiert, verwendete Stabilisatoren werden freigesetzt und Dioxine gebildet. Da unabhängig von PVC ein Halogeneintrag (Chlor oder Fluor) nicht ausgeschlossen werden kann, besteht heute die Verpflichtung, jede MVA mit mehrstufigen Wäschern und Dioxinfilter auszustatten. Die anfallenden Betriebskosten der Abluftreinigung werden nicht maßgeblich durch PVC bestimmt. Die aus dem Chlorwasserstoff im Wäscher entstehende Salzsäure geht ins Waschmedium über und stellt keine zusätzliche Belastung dar.

Die Kosten für die Verbrennung von Kunststoffen in MVA liegen nach Kirrman [36] zwischen 260 bis 400 Euro pro Tonne. PVC-U liegt nach Kirrman [36] mit 340 Euro pro Tonne im Mittelfeld der untersuchten Materialien. Die häufig unterstellten überdurchschnittlich hohen Kosten für die Verbrennung von PVC-Müll haben sich damit nicht bestätigt. Somit würde es auch nicht zu Veränderungen in den Behandlungskosten von Restmüll kommen, falls PVC daraus eliminiert werden würde [9].

2.10 Vorbehalt: PVC ist ein Störfaktor beim Recycling.

Der Begriff „Recycling“ muss sehr differenziert gesehen werden. PVC-Abfallstoffe fallen betriebsintern bei der Produktion an, aber auch nach der Gebrauchsphase.

Das betriebsinterne Recycling ist heute schon sehr stark optimiert. In allen Stadien der PVC-Produktion helfen moderne Verfahren, den Ausschuss niedrig zu halten. Abfälle aus der Verarbeitung werden direkt wieder dem Produktionsprozess zugeführt und gelangen gar nicht erst in den Abfallstrom. Das werkstoffliche Recycling wurde unter der Regie der Gütegemeinschaft Kunststoffrohre immer weiter ausgebaut. 1994 wurde vom KRV ein Sammel- und Wiederaufbereitungssystem eingeführt (siehe Abschnitt 2.8). Zurückgenommen werden Verschnitte sowie alle ausgebauten Kunststoffrohre. Die Sammelboxen werden den Händlern kostenlos zur Verfügung gestellt. Das Recyclat wird u.a. für die Herstellung von Kabelschutzrohren oder drucklosen Rohren eingesetzt.

Für stark verschmutzte PVC-Abfälle oder Materialgemische wurde ein rohstoffliches Recycling entwickelt, bei dem die Makromoleküle der Kunststoffabfälle durch chemische und/oder thermische Verfahren zu kleineren Einheiten bis hin zu Monomeren zerlegt und zurückgewonnen werden. Diese Komponenten können dann (als Sekundärrohstoffe) der chemischen Industrie wieder zugeführt werden. In der Regel wird bei der rohstofflichen Verwertung von PVC-Abfällen durch Dechlorierung das Chlor zurückgewonnen und als Salzsäure oder Natriumchlorid vermarktet bzw. dem Produktionskreislauf von Vinylchlorid zugeführt. Je nach Verfahren kann die organische Komponente als Monomer herausgezogen oder zu Synthesegas umgesetzt werden [18].

Darüber hinaus existieren chemische Verfahren, bei denen die PVC-Abfälle in lösliche und nicht lösliche Bestandteile getrennt werden. Das eingesetzte Lösemittel wird innerhalb dieses Verfahrens zurückgewonnen und erneut eingesetzt (Kreislaufführung). Dieses Verfahren ist allerdings für Rohre und Formstücke aus PVC-U nicht relevant, da es insbesondere für Verbunde und gemischte PVC-Abfälle eingesetzt wird [18].

3. Zusammenfassung

PVC ist in der Bauindustrie ein unverzichtbarer Bestandteil der Werkstoffpalette. Im Rahmen der Kanalsanierung findet dieser Werkstoff als PVC-U (ohne Weichmacher) in Form von Rohrformstücken und von vorgefertigten oder gewickelten Rohren Anwendung. Insbesondere für den Einsatz im Rahmen der Sanierung von Abwasserkanälen und -leitungen bieten die Materialeigenschaften von PVC-U Vorteile, da Kaltverschweißen (wichtig für die Dichtheit) und eine Verklebung (wichtig für die Schachtanbindung und die Anbindung von Zuläufen) möglich sind.  Darüber hinaus weist PVC-U eine gute Temperaturbeständigkeit und geringe Wärmedehnung auf. Sowohl der Werkstoff selbst als auch die Endprodukte sind in europäischen und deutschen Normen und Regelwerken (DIN EN und DWA) genormt und damit für die jeweiligen Anwendungsfälle zugelassen. 

Nach wie vor bestehen Bedenken gegen den Einsatz von PVC in der Kanalsanierung, deren Berechtigung in der vorliegenden Literaturstudie unter Berücksichtigung der häufigsten Gegenargumente im Auftrag der Ferdinand Stükerjürgen GmbH & Co. KG überprüft wurde.

Als Ergebnis kann festgestellt werden, dass für PVC-U unter Berücksichtigung der aktuellen Herstellungs- und Recyclingtechnologie die Bedenken im Wesentlichen als ausgeräumt betrachtet werden können. Diese Erkenntnis hat in mehreren Bundesländern dazu geführt, frühere Einsatzbeschränkungen und -verbote aufzuheben bzw. gar nicht erst durchzusetzen. In Berlin führt die Verwaltungsvorschrift aus, dass eine Beschaffung von PVC zulässig ist, wenn…

  • die blei- und cadmiumfreie Stabilisierung des Neumaterials belegt ist,
  • die Bauteile zur Kontrolle der geforderten Produkteigenschaften mit einer Kennzeichnung versehen sind und
  • eine Verpflichtungserklärung der betreffenden Branche zur Rücknahme vorliegt [37].

Die vorangegangenen Ausführungen belegen, dass diese Anforderungen von PVC-U Sanierungsprodukten erfüllt werden können.

Dennoch ist auch PVC kein Universalwerkstoff, sondern hat seine individuellen Einsatzvorteile und Einsatzgrenzen. Letztere liegen insbesondere im Brandverhalten, obwohl dieses Thema für erdverlegte Abwasserleitungen und -kanäle nur in seltenen Fällen von Relevanz ist, sollten Rohre und Formstücke aus PVC-U, wie auch aus anderen Kunststoffen, in brandgefährdeten Bereichen nicht vorbehaltlos eingesetzt werden.

Die Auswahl eines geeigneten Rohrmaterials für die Renovierung von Abwasserleitungen und -kanälen sollte mindestens auf Basis einer vergleichenden Betrachtung der nachfolgenden Kriterien erfolgen:

  • Verlegekosten / Installationskosten
  • Verlegebedingungen
  • Betriebsbedingungen
  • Leistungsfähigkeit der Rohre
  • Umweltgesichtspunkte

Beim Einsatz von PVC-U ist die weltweite Durchsetzung der in diesem Artikel aufgeführten aktuellen Standards für die Herstellung und Zusammensetzung von PVC-U von zentraler Bedeutung, damit die auf nationaler Ebene bereits erkannten und bekämpften Probleme nicht über Importe erneut auf den Plan gerufen werden. Nachfragen bezüglich des Herkunftslandes und der angewendeten Standards sollten daher grundsätzlich Bestandteil bei der Entscheidung für den Werkstoff PVC-U sein.

Literatur

[1] Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH: Untersuchung der Akzeptanz von PVC in der Abwassertechnik unter besonderer Berücksichtigung der Verwendung von PVC beim Wickelrohr-Sanierungsverfahren (Rib-Loc mit und ohne Ringraumverfüllung), 1999 (unveröffentlicht)

[2] Weichmacher DEHP: Tägliche Aufnahme höher als angenommen? Stellungnahme des Bundes Instituts für Risikobewertung (BfR) vom 23. Juli 2003

[3] Umwelt Bundesamt: Phthalate – Die nützlichen Weichmacher mit den unerwünschten Eigenschaften, Februar 2007

[4] Plattform öffentlicher Bauherrschaften von Bund, Kantonen und Städten der Schweiz mit Empfehlungen zum nachhaltigen Planen, Bauen und Bewirtschaften von Gebäuden und Anlagen; www.eco-bau.ch/index.cfm?Nav=11

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[12] Umweltbundesamt Berlin: National Focal Point – IP; Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU), Referenzdokument über die besten Verfügbaren Techniken in der Chloralkaliindustrie; 12.2001

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[16] UBA-DE, Fraunhofer Institut, Ökopol; Leitfaden zur Anwendung umweltverträglicher Stoffe; Februar 2003

[17] Fraunhofer Institut ICT; Technologiestudie zur Verarbeitung von Polyvinylchlorid (PVC); Pfinztal, Mai 2005

[18] BBU GMBH: Gutachten zur Bewertung der Entsorgung von verunreinigten PVC-Abfällen im Auftrag des Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, 06.2007

[19] UBA DE; Substitution von PBT*- Stoffen in Produkten und Prozessen, Leitfaden zur Anwendung umweltverträglicher Stoffe für die Hersteller und gewerblichen Anwender gewässerrelevanter Chemischer Produkte; Teil5; Berlin, 02.2003

[20] WAZ: Kanalrohr-Brand offenbar die Ursache für giftige Rauchwolke in Lüdenscheid, 08.04.2013, 10:21 Uhr, http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-luedenscheid-halver-und-schalksmuehle/kanalrohr-brand-offenbar-die-ursache-fuer-giftige-rauchwolke-in-luedenscheid-id7811657.html#plx321109217

[21] American Concrete Pipe Association (Hrsg.): Buried Facts – Fire in Sewers and Culverts. No. 02-201, Vienna (Virginia), May 1982.

[22] ANSI/ASTM Standard E 84: Test Method for Surface Burning Characteristics of Building Materials“, Volume 04.07, 2001.

[23] Teilexpertise „Thermisches Verhalten“. Leitfaden zur Auswahl von Rohrwerkstoffen für kommunale Entwässerungssysteme, Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH, 12.2004

[24] NFPA No. 101: Life Safety Code. National Fire Protection Association (NFPA) (Hrsg.), Ausgabe 2003.

[25] DIN 4102: Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen, Teil 1: Baustoffe; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth-Verlag GmbH, 05.1998

[26] DIN 19531-10: Rohr und Formstücke aus weichmacherfreiem Polyvinylchlorid (PVC-U) für Abwasserleitungen innerhalb von Gebäuden – Teil 10: Brandverhalten, Überwachung und Verlegehinweise, Beuth-Verlag GmbH, 12.1999

[27] DIN 8061: Rohre aus weichmacherfreiem Polyvinylchlorid (PVC-U) – Allgemeine Güteanforderungen, Prüfung, Beuth-Verlag GmbH, 10.2009

[28] Hohmann, D.: Umweltrelevante und werkstoffbestimmende Entscheidungskriterien für den Einsatz von PVC oder alternativen Kunststoffe in der Kanalisation, Institut für konstruktiven Ingenieurbau / Arbeitsgruppe Leitungsbau und Leitungsinstandhaltung, Prof. Dr.-Ing. D. Stein, Bochum, 1992

[29] Funke, W. et. al.: Polychlorierte Dibenzofurane (PCDF) und Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD) in Rückständen und Emissionen eines Brandes in Anwesenheit von PVC-haltigen Materialien. Staub-Reinhaltung der Luft 48, 1988

[30] Ruhr-Universität Bochum und Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen; Umweltmedizinische Untersuchungen an Feuerwehrleuten, 1993

[31] Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen; Dokumentation Großbrand Lengerich, 1994

[32] Recyclingsystem des KRV e.V. / www.aktion-pvc-recycling.de

[33] Ullmann, K.: Ein bewährter und zukunftsfähiger Werkstoff

[34] Vehlow, J.: Waste combustion and the dioxin issue; Korean Institute of Science and Technology (KIST); Europe Environmental Technology Workshop, Saarbrücken 1997

[35] Paur, Dr. H.-R.: Forschungszentrum Karlsruhe, Institut für Technische Chemie, Multifunctional Scrubber for Incineration Plants; Simultaneous Removal of Mercury, Submicron Particles and Dioxins

[36] Kirrman: Incineration of PVC and other products in MSW, 11.2000

[37] Verwaltungsvorschrift für die Anwendung von Umweltschutzforderungen bei der Beschaffung von Liefer-, Bau- und Dienstleistungen (Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt – VwVBU), SenStadtUM IX B 22, Berlin, 23. Oktober 2012

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