Ein Schlauchliner für zwei Nennweiten - Insituform installiert in Geislingen einen 42-Tonnen-Inliner

27.02.2008

Mit dem Insituform-Verfahren lassen sich bekanntlich besonders große Schlauchliner-Installationslängen speziell in Kanälen großer Nennweite realisieren. Aktuell wurde dies durch ein Vorhaben in Geislingen an der Steige Mitte August unter Beweis gestellt. Unter der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 10 wurde ein 270 Meter langer und 42 Tonnen schwerer Liner über vier Haltungen hinweg eingebaut. Eine Besonderheit des Projektes "Stuttgarter Straße" war, dass der Schlauch mit Hilfe eines passgenauen Konus erfolgreich einen Dimensionswechsel des Kanals von DN 1200 auf DN 1400 bewältigte.

Die Autofahrer, die am 21. August 2007 in der Mittagszeit die Bundesstraße 10 in Geislingen an der Steige passierten, staunten nicht schlecht: In Höhe des historischen Altenstädter Rathauses türmten sich am Fahrbahnrand halbmeterhohe Schneehaufen. Des Rätsels Lösung war keine extreme Entgleisung des unberechenbaren Sommers, sondern lag im Untergrund der Stuttgarter Straße. Hier verläuft in vier Meter Tiefe eine Haupt-Mischwassersammler Geislingens. Das etliche Jahrzehnte alte Rohr mit Nennweiten von DN 1200 und DN 1400 war für den Eigenbetrieb Abwasser der Stadt Geislingen bei Routineuntersuchungen im Vollzug der Eigenkontrollverordnung zum akuten Sanierungsfall geworden. In das auf eine Kanalklinkersohle aufgebaute Schalbeton-Kreisprofil drangen nicht tolerierbare Fremdwassermassen ein – flächendeckend durch die offensichtlich völlig poröse Betonsubstanz. Hinsichtlich der Sanierung war den Planer und Betreibern eins von vorne herein klar: in offener Bauweise ging hier angesichts der extremen Verkehrsbelastung der B 10 nichts.
Das mit der Durchführung der EKVO-Kanalkontrollen und der Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes beauftragte Ingenieurbüro Bartsch, Heubach, gelangte nach sorgfältiger Prüfung unterschiedlicher Lösungsalternativen zu der Einsicht, dass ein Schlauchlining technisch, wirtschaftlich und unter Zeitaspekten die optimale Lösung sei. Insbesondere war es mit einem auf Wasser basierenden Schlauchlining-Einbauverfahren bei entsprechendem hydrostatischen Installationsdruck möglich, den Wassereintritt durch die Rohrwand nachhaltig zu unterbinden.
Das Insituform-System basiert auf einem mit einem thermoreaktiven UP-Harz unter Vakuum getränkten Polyesternadelfilz-Schlauch, dessen Wandstärke von der Nennweite und den statischen Vorgaben des Einzelfalles abhängt. Im Falle des Kanals in der Stuttgarter Straße war der Schlauch 19,5 (bei DN 1200) bzw. 22,5 Millimeter (für DN 1400) stark.
Die Härtung der Insituform-Liner erfolgt im Heißwasser-Verfahren.
Um den Kanal für die kommenden vier Tage unter -fast- allen Eventualitäten zuverlässig wasserfrei zu halten, wurde eine sehr leistungsstarke Wasserhaltung aufgebaut.  Durch jeweils zwei Stahl- bzw. HDPE-Druckrohre DN 600 einschließlich mehrerer Rohrbrücken hätten die vorgeschalteten Pumpen bis zu 2200 Liter Wasser pro Sekunde in einen anderen Strang des Kanalnetzes überführen können, der unter einem benachbarten Straßenzug parallel zur B 10 liegt.
Derart trocken gelegt, wurde der Kanal am Vortag der Installation noch einmal gründlich gereinigt, bevor der 270 Meter lange Schlauch am Morgen des 21. August "just in time" mit einem Spezialtieflader zur Baustelle gebracht wurde. Da allein der Liner schon 42 Tonnen auf die Waage brachte, wog der 30 Meter lange Sondertransport insgesamt ungewöhnliche 96 Tonnen. Wenngleich die wenig sommerlichen Temperaturen am Einbautag kaum dazu angetan waren, den Schlauchliner vorzeitig aushärten zu lassen, hatte man das gewaltige Schlauchpaket doch mit einer 40 Zentimeter dicken Schicht Trockeneis und einer zusätzlich aufliegenden Isoliermatte gekühlt. So hieß es zuerst einmal: Schnee schaufeln - bis man unter dem Eis die Aufhänge-Laschen gefunden hatte, an denen ein Autokran den Schlauch auf das über dem Startschacht installierte große Installationsgerüst mit Förderband hievte, das inzwischen zu einem Markenzeichen des Insituform-Verfahrens geworden ist.
Inzwischen wurde in den Kanal der obligatorische Pre-Liner eingeblasen, in den hinein man den eigentliche Schlauchliner im Umkehrverfahren inversiert. Diesen 0,3 Millimeter starken PE-Schlauch kalibrierte man mit einem starken Gebläse im Kanal auf; er sorgt dafür, dass es zu keinem Kontakt des UP-Harzes mit Boden oder Wasser kommt.
Das offene Ende des Liners wurde im "Obergeschoss" des Installationsgerüsts auf einen Umkehrflansch passenden Durchmessers aufgezogen. Durch kontinuierliche Füllung mit Wasser - in Geislingen 60 Kubikmeter stündlich - wurde der Schlauch von hier aus erst in den Pre-Liner und dann innerhalb des Pre-Liners in den Kanal hinein gestülpt. Diese Installationstechnik der Inversion bzw. Reversion hat den großen Vorzug gegenüber der Einziehtechnik, dass weder Zugkräfte am Linerkopf auftreten, noch Reibungskräfte zwischen Schlauchliner und Rohrwand. Bei einem 270 Meter langen, 42 Tonnen schweren Liner wäre beim axialen Einziehen mit ganz extremen Belastungen zu rechnen gewesen. Das Einkrempeln erfolgte hingegen ohne solche Belastungen und absolut materialschonend. Allerdings erwies es sich als gar nicht so einfach, aus den verfügbaren zwei Hydranten die zur Inversion notwendigen Wassermassen zu beschaffen, so dass man schließlich einen vor Ort postierten HD-Spülwagen rekrutierte, um Wasser aus einem nahe gelegenen Fluß zu aufzunehmen und unterstützend ins System einzuspeisen. So gelang es, bis zur Mitte der folgenden Nacht den Liner im Kanal komplett formschlüssig gegen die Altrohrwand aufzustellen, so dass ab 1 Uhr des nachfolgenden Mittwochs drei parallel geschaltete mobile Heizanlagen die Wasserfüllung des Liners in kontinuierlicher Kreislaufführung binnen 15 Stunden auf 80°C erhitzten.
Bei dieser Temperatur, die durch in regelmäßigen Abständen gesetzte Meßfühler erfasst und dokumentiert wurde, härtete der Schlauch innerhalb der darauf folgenden 48 Stunden zum selbsttragenden, einsatzfertigen Schlauchliner aus. Ab Donnerstagabend wurde die Heiztemperatur nach vorgegebenem Zeitplan heruntergefahren, bis der Liner schließlich am Freitagmorgen geöffnet werden konnte. Die Nacharbeiten wie das Einbinden des Liners in die Schächte und das Auffräsen der Anschlüsse nahmen dann noch einmal rund 10 Tage in Anspruch. Einige der einmündenden, vorab als defekt identifizierten Hausanschlusskanäle wurden übrigens vom Kanal aus bis zu 15 Meter weit aufs Grundstück mit Schlauchlinern kleiner Nennweite saniert.
Eine Besonderheit des Geislinger Schlauchliners lag neben seinen ungewöhnlichen Maßen darin, dass mit einer Inversion nicht nur vier Haltungen, sondern zwei unterschiedliche Nenniten durchfahren wurden. Den Sprung von DN 1200 auf DN 1400 bewältigte man durch ein nach der Geometrie des Kanals bemessenes Konusstück. Für die Installations-kolonne der Insituform bedeutete dies ganz besonders präzise Arbeit, denn der Konus durfte natürlich keinesfalls gegenüber der tatsächlichen Geometrie des Bauwerks "verrutschen": Eine Aufgabe, die letztlich ebenso bravourös bewältigt wurde wie die gesamte Installation des Geislinger Riesen-Liners, der als eines unter vielen Highlights in die lange Erfolgsgeschichte des Insituform-Verfahrens eingeht.

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