Microtunnel unter der Donau

21.11.2007

Die E.ON Ruhrgas AG hat zur Versorgung des Kraftwerkstandortes Irsching, im Raum Ingolstadt eine Erdgastransportleitung mit einer Länge von 12 km in der Auslegung DN 800, DP 100 errichtet. Zur Querung der Donau war die Erstellung eines Tunnels DN 1600 mit einer Länge von 477 m er­forderlich. Neben der Erdgastransportleitung konnte im Tunnel eine Produktenleitung mitverlegt wer­den.

Im Zuge der Erweiterung des Kraftwerksstandortes Irsching der E.ON Kraftwerke GmbH, erfolgte die Anbindung des Kraftwerkes über eine leistungsstarke Erdgastransportleitung an das Transportnetz der E.ON Ruhrgas AG. Diese Leitung von Forchheim nach Irsching hat eine Länge von 12 km. Zur Gewährleistung aller notwendigen Transporterfordernisse wurde die Leitung mit einem Nenndurch­messer DN 800 in der Druckstufe DP 100 errichtet.
Die Trasse führt von der Station Forchheim in südwestlicher Richtung zum Kraftwerk Irsching. Im Be­reich der Stadt Vohburg war dabei die Kreuzung der Donau erforderlich. Aufgrund der räumlichen Eingrenzungen durch eine Staustufe im Westen und der Ortslage von Vohburg im Osten, ergab sich eine Trassenführung durch das parallel zur Donau verlaufende Menninger Altwasser, den Mailinger Bach, die Donau und die Paar. Da das gesamte Gebiet der Flussniederung in diesem Be­reich als FFH-Gebiet ausgewiesen ist, konnte hier nur eine geschlossene Bauweise zur Ausführung kommen. Zudem waren strenge Auflagen der zuständigen Umwelt- und Wasserwirtschaftsämter ein­zuhalten. Dies erforderte eine enge Kooperation mit den zuständigen Behörden.
Nach umfangreichen geologischen und geophysikalischen Untersuchungen wurde das Gebiet direkt östlich der Stadt Vohburg als geeignet für eine geschlossene Verlegung identifiziert.
Aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse musste hier ein gesteuertes Horizontalbohrverfahren ausgeschlossen werden. Unter den gegebenen Umständen war  Microtunneling - auch mit verbleibendem geologischem Restrisiko - die einzig mögliche bautechnische Lösung. Kompakter und klüftiger Fels unterschiedlicher Lagerungsdichte, Sande, Grobkiese und Schluffe waren zu durchörtern.
Hinzu kam, dass der Wasserspiegel des Menninger Altwassers über dem der Donau lag. Ein Ausbläser würde die gedichtete Sohle beschädigen und hätte zum Austrocknen des Altarms führen können. Ebenso hatte die Standsicherheit des Donaudeiches oberste Priorität, da allgemein bekannt ist, wie schnell und extrem sich ein Donauhochwasser auswirken kann.
Das errichtete Dükerbauwerk zur Kreuzung der Donau und der benachbarten Uferbereiche hat eine Länge von 477 m und einen Durchmesser DN 1600. Die Mindestüberdeckung unter der Ge­wässer­sohle beträgt 6,50 m.
Als Produktenleitung wurde zuerst eine Gashochdruckleitung DN 800 der E.ON Ruhrgas AG, später auch eine warmgehende Leitung als Doppelrohrsystem aus Stahl in das fertiggestellte Dükerbauwerk eingezogen.
  • Erstellung des Startschachtes mittels überschnittener Bohrpfähle
  • Erstellung der Zielgrube mittels Spundbohlenverbau
  • Vorauslaufende Bodenstabilisierung durch Hochdruckinjektion (HDI) einer Suspension aus der Startgrube und von der Geländeoberkant im Zielgrubenbereich
  • Schildvortrieb mit bentonitgestützter Ortsbrust, einschl. eines möglichen Wechsels auf Druckluft­stützung und der Abbauwerkzeuge
  • Einzug der Produktenrohre, Verdämmen des Ringraumes, Rückbau der Baugruben
Die Bauzeit für den Tunnel betrug, zwischen September 2006 und Juni 2007, ca. 10 Monate. Die In­betriebnahme der gesamten Leitung konnte, 14 Monate nach Baubeginn, im Oktober 2007 erfolgen.
Mit der Planung und Bauleitung wurde die E.ON Engineering GmbH zusammen mit der MOLL-prd beauftragt. Die 477 m lange Bohrung sollte horizontal das Menninger Altwasser, den Mailinger Bach und die Donau sowie dann in einem horizontalen S-Bogen die Paar und den Donaudeich in ca. 6,5 m Tiefe unterkreuzen  und in einem ca. 6 m tiefen Spundwandkasten mit Hochwasserschott enden
Anfang September 2006 wurde mit den Arbeiten zum Abteufen des 25 m tiefen Startschacht auf der Nordseite der Donau begonnen. Die Erstellung des Schachtes mit einem Innendurchmesser von 10 m erfolgte mit überschnittenen Bohrpfählen. Die Bohr- und Aushubarbeiten bestätigten die in den geologischen und geophysikalischen Untersuchungen festgestellten ausgesprochen schwierigen Baugrundverhältnisse.Um den Baufortschritt zu erhöhen und zur Überwindung der härtesten Gesteinsschichten wurden auch Lockerungssprengungen durchgeführt. Auch der darauf folgende punktuelle maschinelle Aushub führte zu Verzögerungen. Die Lockerungssprengungen stellten allerdings keine generelle Alternative zum mechanischen Aushub bei härteren Gesteinsarten dar.
Im Ein- und Ausfahrbereich des Vortriebes ist das umgebende Erdreich sowohl aus statischen als auch aus hydrodynamischen Gründen durch HDI-Injektion verfestigt worden. Zum einen wurde die Standsicherheit des Deiches erhöht, zum anderen die Gefahr von Längssickerlinien und Ausbläsern, insbesondere in oberflächennahen Bereichen am Zielschacht reduziert.
Die Vortriebsarbeiten konnten im Januar 2007 aufgenommen werden. Die Vortriebsleistung von ca. 5 m/Tag für den mit Stahlbetonrohren DN 1600 mit flüssigkeitsgestützter Ortsbrust ausgeführten Vortrieb lag im Planungsrahmen. Über ein von MOLL-prd entwickeltes Programm wurde fortlaufend die Fugenklaffung, Verrollung und Lage kontrolliert und dokumentiert.
Aufgrund der Erkenntnisse aus den Baugrundgutachten und der beim Abteufen des Startschachtes vorgefundenen Verhältnisse musste auch für die Vortriebsarbeiten mit kompaktem Fels mit wechselnden klüftigen Schichten - durch welche ein ständiger Grundwasserzufluss erfolgt - gerechnet werden. Die vorgefundenen Bedingungen führten dann auch zu mehrfachen Werkzeugwechseln und einer ersten Bauzeitverzögerung. Die Bauzeitverzögerung konnte erst durch die Einführung eines 24-Stunden 3-Schichtbetriebes aufgefangen werden.
Trotz ständigen Abgleichs und Anpassung der Ortsbrust- und Ringraumstützung mit den anstehenden geologischen Verhältnissen kam es Ende Februar nach etwa 190 m unter dem Altarm zu erhöhten Pressenkräften und Rissbildungen in den Stahlbetonrohren.
Während eines 5-tägigen Stillstandes wurden die Stahlbetonrohre im maßgebenden Haftungs- bzw. Druckbereich angebohrt und mittels Wasserzugabe in den Ringraum wieder freigespült. Der Tunnelvortrieb wurde wieder aufgenommen und im Juni 2007 ohne weitere Behinderung beendet. Die Ausfahrt in den Zielschacht erfolgte dabei exakt im vorgesehenen Bereich.
Zunächst war geplant, den Microtunnel ausschließlich zur Verlegung der Erdgastransportleitung (DN 800, PN 100) zu nutzen. Da  - aufgrund der bekannten schwierigen geologischen Verhältnisse - die Möglichkeit zu Reparaturen der Vortriebseinheit und zu Werkzeugwechseln gegeben sein musste, wurde ein Durchmesser der Stahlbetonrohre von DN 1600 gewählt. Diese Wahl eröffnete im weiteren Projektfortschritt die Möglichkeit einer Mitverlegung einer weiteren Leitung. Im Unterschied zum ursprünglichen - eher einfachen - Konzept zum Einzug der Erdgastransportleitung musste nun ein Konzept entwickelt werden, das mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
  • Sicherheit gegen Beschädigung beim Einzug
  • Sicherheit beim Betrieb der beiden Leitungen
  • Terminliche Unabhängigkeit beim Einzug
  • Wirksamkeit des KKS
Das in Zusammenarbeit mit E.ON Engineering, MOLL-prd und Streicher entwickelte Konzept erfüllt alle o.g. Anforderungen.
Wesentliche Bestandteile des Konzeptes sind:
  • Verwendung eines Stahlschutzrohres DN 600 zur späteren Aufnahme der ummantelten, heißgehenden Produktenleitung DN 450 / DN 250
  • Montage der Erdgasleitung DN 800 und des Schutzrohres DN 600 auf einem Stahlzugblech
  • Vorstrecken und Prüfen von 5 jeweils ca. 100 m langen Strängen
  • Einbau von Ballastierungsrohren in die Stränge
  • Schutz der Erdgasleitung durch GfK-Gleitkufen
  • Montage eines Zugkopfes zum Einzug
  • Einbau einer Betonsohle in den Microtunnel
  • Gemeinsamer Einzug der Erdgasleitung DN 800 und des Schutzrohres DN 600
  • Einzug in den trockenen bzw. gefluteten Microtunnel 
Unter Berücksichtigung der Innendurchmesser der eingesetzten Betonrohre (1600 mm) sowie der Außendurchmesser der Rohre der Erdgasleitung (813 mm) und des Schutzrohres (610 mm) verbleiben auf jeder Seite des Tunnels ca. 79 mm Raum.
Zur Vorbereitung des Einzuges der Rohre wurde in den Microtunnel zunächst eine Betonsohle eingebracht, welche auch die Kabelschutzrohre aufgenommen hat. Zur Vermeidung von Schäden an den einzuziehenden Rohren wurden ferner alle Fugen sorgfältig verspachtelt.
Nachdem die Rohre auf dem Stahlzugblech montiert, die Ballastierungsrohre eingebaut und der Zugkopf installiert war, konnten die ersten Rohrstränge Ende Juni 2007 (trocken) eingezogen werden. Der Einzug erfolgte dabei von der Südseite der Donau. Die Zugseile wurden dabei durch den Microtunnel geführt, die Winde befand sich auf der Nordseite. Nach dem Einzug der ersten Stränge erfolgte die Flutung des Microtunnels. Mittels der Ballastierungsrohre wurde erreicht, dass die Stränge beim Einziehen in den gefluteten Microtunnel kontrolliert über der Betonsohle schwebten. Durch dieses Verfahren konnte nicht nur eine Minimierung der erforderlichen Einzugskräfte erreicht werden, sondern es wurde auch das Risiko des Verkantens deutlich reduziert. Der besonders stabil und schwer ausgeführte Zugkopf sollte für einen möglichst reibungsfreien Einzug sorgen und die Stränge im Bereich der Betonsohle halten.
Der Einzug der 5 Stränge erfolge problemlos innerhalb weniger Tage. Nach dem Trockenpumpen konnten die die eingezogenen Stränge geprüft werden. Es wurden keine Beschädigungen an den Rohren festgestellt und die Umhüllung (PP) der Erdgasleitung weist keine Beschädigungen auf.
Nach der erfolgreichen Druckprüfung wurde der Microtunnel nun verdämmt und die Erdgasleitung verbunden. Der Einzug der zweiten Leitung konnte, nach Fertigstellung der Stränge, unabhängig, zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Der Donaudüker ist ein weiteres Beispiel dafür, dass ein bautechnisch komplexes Bauvorhaben, trotz schwieriger geologischer Verhältnisse sowie ökologisch sensibler Randbedingungen, durch innovative Planung, flexible Bauausführung und fachkundige Bauleitung zum Erfolg geführt werden kann.

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