Neue Norm für Kleinkläranlagen - Brüssel reguliert dezentrale Abwasserreinigung

14.09.2005

Die wahre Größe moderner Kleinkläranlagen ist heute unstrittig. Als nachhaltig und betriebssicher gelten sie bei Anwendern, Behörden und Wasserexperten. Mit der prEN 12566 setzt die EU jetzt Produktstandards. So ermöglicht sie den europaweit hindernisfreien Handel mit dieser Zukunftstechnologie.

Dezentrale Systeme reformieren derzeit die Abwassertechnik von Grund auf. Kleinkläranlagen sind maßgebliche Komponenten in diesem Modernisierungsprozess. Sie sind betriebssicher und übertrumpfen ihre großtechnischen Vorfahren in punkto Wirtschaftlichkeit und Flexibilität. Den individuellen Anforderungen vor Ort lassen sie sich exakt anpassen. Ob nun das gereinigte Abwasser versickert oder in den nächsten Bach geleitet wird, ob es als Betriebswasser erneut Verwendung findet, oder gar, ob die Abwasserreinigung integraler Teil eines komplexen Kreislaufkonzepts für siedlungstechnisch relevante Stoffströme ist – Kleinkläranlagen leisten, was die Lage erfordert.
EU ordnet Kleinklärtechnik

Die EU hat sich daran gemacht, dem Boom der dezentralen Abwasserreinigung eine überschaubare Ordnung zu geben. Mit der für abwassertechnische Bauprodukte entwickelten Norm prEN 12566 nimmt sie die Hersteller von Kleinkläranlagen in die Pflicht, ihre Produkte mit grundlegenden Standards in Übereinstimmung zu bringen und dies durch Anbringen des CE-Zeichens zu dokumentieren. Dem Kunden gibt die CE-Kennzeichnung somit Gewähr, dass die betreffende Anlage europaweit den geltenden Anforderungen entspricht und zugelassen ist.
Auf der Grundlage der Richtlinie 89/106/EWG vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Bauprodukte harmonisiert die Bauproduktenrichtlinie prEN 12566 in ihren fünf Teilen die technischen Regeln für alle ihrem Geltungsbereich unterliegenden Erzeugnisse. Während Teil 2 (Bodeninfiltrationssysteme), Teil 4 (Bausätze für Faulanlagen) und Teil 5 (Filtersysteme) gegenwärtig noch beraten werden (Stand April 2005), sind die Arbeiten an den Teilen 1 (werkmäßig hergestellte Faulanlagen) und 3 (vorgefertigte und/oder vor Ort montierte Behandlungsanlagen) bereits abgeschlossen. Teil 1 wurde bereits im europäischen Amtsblatt veröffentlicht und ist damit rechtskräftig. Mit der Veröffentlichung von Teil 3 ist Mitte 2005 zu rechnen. Teil 3 bezieht sich auf die Produktgruppe der Kleinkläranlagen und beschreibt insbesondere auch das Testverfahren, anhand dessen eine Anlage ihre Leistungsfähigkeit bei rund einjähriger Prüfdauer auf einem Prüffeld nachzuweisen hat. Die Norm überlässt es dem Hersteller, welche der unterschiedlichen Verfahrenstechniken und -designs er für eine Anlage wählt, um Vorgaben hinsichtlich der Ablaufqualität zu erfüllen. Festgelegt sind jedoch Anforderungen bezüglich Werkstoff, Wasserdichtheit, Standsicherheit und Dauerhaftigkeit des Produkts.
Normkonform und mehr

Die prEN 12566 trifft keinerlei Festlegung zu Abwassergrenzwerten und respektiert damit die wasserrechtliche Autonomie der Mitgliedstaaten. In Deutschland gelten 150 mg/l CSB und 40 mg/l BSB5 als Mindestanforderung für Kleinkläranlagen-Abläufe. Anhang 1 der Rahmen Abwasserverordnung (AbwV) gibt diese Werte seit August 2002 vor und sie gelten als eingehalten, wenn eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für die Anlage vorliegt. Diese Zulassung wiederum erteilt das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) mit Sitz in Berlin. Für Funktionstüchtigkeit und Zulässigkeit einer Kleinkläranlage werden also in Zukunft zwei Nachweise die Garanten sein – und das nur im Doppelpack:
  • die Prüfung und allgemeine bauaufsichtliche Zulassung durch das DIBt sowie
  • der Prüffeld-Test gemäß prEN 12566 Teil 3 und die Konformitätserklärung des Herstellers, dokumentiert durch das CE-Zeichen.
An der Übereinstimmung mit diesen grundlegenden Zulassungsvoraussetzungen des europäischen und nationalen Regelwerks kommt in Kürze keine Kleinkläranlage mehr vorbei. Doch Hersteller mit weitsichtiger Kunden- und Bedarfsorientierung bieten längst Anlagensortimente an, die mehr als nur Normerfüllung gewährleisten. Dabei stehen zwei Funktionsypen im Fokus des Interesses: Tropfkörperanlagen und SBR-Anlagen.
Tropfkörper weiterhin gefragt

Tropfkörperanlagen sind die Repräsentanten altbewährter Basistechnologie in der dezentralen Abwasserreinigung. Moderne Ausführungen erfüllen bei geringstmöglichen Betriebskosten alle administrativen Mindestanforderungen mit höchster Zuverlässigkeit. Tropfkörpersysteme enthalten eine Schüttung aus großporigem Schlackematerial, oftmals Lavagestein, das den reinigungsaktiven Mikroorganismen als Aufwuchssubstrat dient. Bei gleichmäßiger Abwasserberieselung bilden sie auf dem Material einen Bakterienrasen, der die Abwasserinhaltsstoffe wirksam abbaut. Den hierzu erforderlichen Sauerstoff erhalten die Bakterien durch Luft, die mittels natürlicher Thermik von unten durch die Schüttung strömt. Ein Nachklärabteil beruhigt das gereinigte Wasser und lässt überschüssige Biomasse sedimentieren. Um den Abwasserstrom von bis zu acht Personen zu bewältigen, genügt eine Mini-Ausführung, bei der alle Anlagenkomponenten in einem einzigen Behälter Platz finden. Als nächste Größenvariante schließen zwei-Behälter-Anlagen an und ab etwa 20 Einwohnern verteilen sich die verschiedenen Anlagenfunktionen in der Regel auf drei Behälter. Es gilt heute als Standard, dass die Behälter in jedem Fall anschlussfertig geliefert und vom LKW direkt in die Baugrube gekrant werden.
SBR überzeugt als Alleskönner

Auch eine SBR-Anlage gelangt auf diese Weise zum Kunden. Ausführungen bis etwa 50 Einwohner kommen mit einem Behälter aus. Außerdem gibt es SBR-Nachrüstsätze für bereits bestehende Faulanlagen. Die SBR-Technik arbeitet nach dem Aufstauprinzip. Das Abwasser wird also nicht im kontinuierlichen Durchlauf sondern chargenweise gereinigt. Das hierfür vorgesehen Kompartiment wird aus der Vorklärung mit einer definierten Abwasserportion befüllt, die dann ein festgelegtes, den jeweiligen Gegebenheiten genau angepasstes Reinigungsprogramm absolviert. So lässt sich ein besonders hoher Reinigungseffekt erzielen. Die Mikroorganismen schwimmen frei im Behandlungsbecken. Der Sauerstoffeintrag erfolgt durch Druckluft. Nach Abschluss der biologischen Reinigung erfolgt die Nachklärung im gleichen Becken. Am Ende wird das gereinigte Wasser abgepumpt; das Becken kann für den nächsten Reinigungszyklus neu befüllt werden. SBR-Anlagen sind kompakt. Sie erzielen hohe Leistung auf sehr kleinem Raum. Schwankungen der Zulaufmenge und Abwasserzusammensetzung wirken sich kaum auf die biologische Abbauleistung aus. Und SBR-Anlagen lassen sich durch Zubehörmodule stufenweise unterschiedlichen Anforderungen anpassen: als nitrifizierendes System, als Betriebseinheit mit Nitrifikation und Denitrifikation sowie zusätzlich auch mit Phosphatelimination und schließlich durch Einbau einer Membrankomponente sogar für die Nutzung des Ablaufs als Betriebswasser (vgl. Tabelle). Diese hohe Flexibilität ermöglicht betriebssichere Systemlösungen für jeden Bedarf – mit der CE-Plakette normgerecht in ganz Europa und am jeweiligen Einsatzort punktgenau anwenderorientiert.
Pfade durchs Informations-Dickicht
  • Eine DIBt-Schrift zuTeil 3 der prEN 12566 mit dem Titel "Zulassungsgrundsätze für allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen für die Anwendung von Kleinkläranlagen nach DIN EN 125663" in der Fassung vom Januar 2005 kann beim DIBt unter der Mailadresse two@dibt.de bestellt werden. Sie kostet 10 €.
  • Informationen zum Testfeld und Prüfablauf gemäß prEN 12566 bietet die Materialforschungs- und -prüfanstalt Weimar unter http://www.mfpa.de/umwelt/kleinklaeranlagen.html.
  • Den Text der Rahmen Abwasserverordnung (AbwV) mit allen Anhängen bringt die Webadresse http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/abwv auf den Monitor.

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