Überzeugende Pilotbaustelle. TIP-Verfahren in Dortmund.

20.11.2006

Im Rahmen eines Pilotprojektes hat das Tiefbauamt der Stadt Dortmund das TIP-Verfahren zur unterirdischen Kanalsanierung getestet. Die Erfahrungen sind so positiv, dass diese Sanierungsvariante in Dortmund zukünftig häufiger eingesetzt werden soll.

"Dortmund nimmt als große und moderne Stadtentwässerung für sich in Anspruch, innovativen Bau- und Sanierungsverfahren offen gegenüber zu stehen," sagt der Leiter der Stadtentwässerung, Dr. Christian Falk. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf grabenlosen Verfahren, denen man in Dortmund überall dort den Vorzug gegenüber der offenen Bauweise einräumt, wo die Randbedingungen dies erlauben. Vor diesem Hintergrund wurde jetzt von der Dortmunder Stadtentwässerung erstmalig das sogenannte TIP-Verfahren eingesetzt. "Es handelt sich bei dieser neu entwickelten Sanierungstechnik um ein Verfahren, das bundesweit bisher noch nicht sehr häufig eingesetzt wurde," betont Dr. Falk und unterstreicht damit den innovativen Charakter der Pilotbaustelle.
Das von der Firma Tracto Technik entwickelte TIP-Verfahren könnte man als Verwandten des statischen Berstlining-Verfahrens bezeichnen. Der Verfahrensablauf ist in wesentlichen Teilen ähnlich oder identisch, die Maschinentechnik wurde für dieses Verfahren weiterentwickelt. Gravierender Unterschied zum Berstlining ist jedoch, dass beim TIP-Verfahren das Altrohr nicht zerstört und aufgeweitet wird.
Geringer Querschnittsverlust
Bei dem derzeit bis zu einem Rohrdurchmesser von DN 500 einsetzbaren Verfahren handelt es sich um ein sogenanntes Verfahren ohne Ringraum (TIP = Tight In Pipe, übersetzt = eng im Rohr). Dabei werden vorrangig Kurzrohre aus PP-HM eng am Altrohr anliegend in die zu sanierende Haltung eingebaut. Im Gegensatz zu den Close Fit Verfahren werden die Neurohre jedoch nicht im Herstellerwerk oder auf der Baustelle verformt und nach dem Einbau zurück verformt
Die Neurohre werden bereits in ihrer endgültigen Abmessung gefertigt und bei gleichzeitiger Kalibrierung des Altrohres eingebracht. Der entstehende Ringspalt zwischen Alt- und Neurohr ist jedoch wie bei den Close Fit Verfahren so gering, dass er nicht verdämmt werden muss. Ein Aufschwimmen der Neurohre oder Setzungen aufgrund eines einstürzenden Ringspaltes sind nicht möglich. Während des Rohreinbaus können durch eine vorlaufende Führungshülse aus Metall Deformationen und Versatzbildungen bis zu einem gewissen Grade ausgeglichen werden. Je nach Zustand und Abmessung des vorhandenen Kanals sowie den vorhandenen Randbedingungen kann das TIP- Verfahren komplett ohne Baugruben von Schacht zu Schacht oder von Schacht zu Baugrube bzw. von Baugrube zu Baugrube durchgeführt werden.
Wirtschaftliche Vorteile
Im Dortmunder Stadtteil Lütgendortmund standen aktuell vier Haltungen Steinzeugkanal mit einer Gesamtlänge von 186 Metern und Durchmessern von DN 250 und DN 300 zur Sanierung an. Da die Kanäle keine großen Verformungen aufwiesen und sich das Schadensbild im Wesentlichen aus fehlenden Wandungsteilen, Scherbenbildungen sowie Rissen zusammensetzte und sich darüber hinaus eine Sanierung in offener Bauweise bei den örtlichen Gegebenheiten – schmale Strasse; alte, dicht stehende Bebauung – sehr aufwändig gestaltet hätte, bot es sich für die Dortmunder Stadtentwässerung an, das noch junge Verfahren, zusammen mit der Firma Paul Speeck als ausführendem Unternehmen, auszuprobieren.
"Die in ihrer Einfachheit überzeugende Verfahrenstechnik war für uns ein Argument, dieses Pilotprojekt in Dortmund durchzuführen," sagt Dr. Falk und weist auf die aus seiner Sicht wesentlichen Vorteile des Verfahrens hin: Den vergleichbar mit Close Fit Verfahren geringen Querschnittsverlust, die im Vergleich zum Berstlining-Verfahren geringen Schub- und Zugkräfte und der Einsatz werkseitig gefertigter Rohre aus Polypropylen, statisch berechnet nach M 127 Teil 2 und mit einer Nutzungsdauer analog der Neuverlegung von 80 Jahren. "Da wir bei Reparaturverfahren von einer Nutzungsdauer von in der Regel 10 bis 20 Jahren und bei örtlich hergestellten Rohren von 40 Jahren ausgehen, ergeben sich für das TIP-Verfahren deutliche Kostenvorteile," erläutert Dr. Falk, der für diese konkrete Maßnahme noch eine andere Rechnung aufmacht: Bei jetzt anfallenden Sanierungskosten von rund 75.000 Euro hätten bei den schwierigen Randbedingungen in diesem speziellen Fall die Kosten für die offene Bauweise etwa 300.000 Euro betragen. "Und das ist für uns schon eine Hausnummer," so der Leiter der Stadtentwässerung. Hinzu kommen die minimierten Beeinträchtigungen für Anwohner und Verkehr durch die geringe Bauzeit: Die 65 Meter lange Haltung in der Hertastraße war an einem Tag fertiggestellt.
Weitere Einsätze geplant
Entwicklungsbedarf sieht Dr. Falk nach wie vor bei der Technik der grabenlosen Einbindung von Anschlussleitungen. Diese Problematik betrifft jedoch grundsätzlich alle Reliningverfahren. Unabhängig von der technischen Lösung, ob Hutmanschette oder verschweißte Stutzeneinbindung, sieht Falk Verbesserungsbedarf. In Lütgendortmund werden die Anschlüsse von innen geöffnet und anschließend mit Epoxidharz verpresst. "Auf lange Sicht ist möglicherweise aber auch bei dieser Lösung die Dichtheit nicht gewährleistet," schränkt Dr. Falk ein.
Dennoch fällt das Resümee des Pilotprojektes aus Sicht der Dortmunder Stadtentwässerung positiv aus: "Der Einbau der Rohre geht schnell und unproblematisch," fasst Dr. Falk die Erfahrungen aus der Maßnahme zusammen. Bereits jetzt ist das TIP-Verfahren für weitere Sanierungsmaßnahmen explizit ausgeschrieben worden. "Die Baustelle in Lütgendortmund ist die erste von mehreren Anwendungen in Dortmund," so Dr. Falk.
Ein technisches Regelwerk für das neue Verfahren ist auch schon in Vorbereitung: Die Mitglieder einer DWA-Arbeitsgruppe, die an der Erstellung eines entsprechenden Merkblattes arbeiten, nutzten die Gelegenheit, sich in Dortmund das TIP-Verfahren in der Praxis anzusehen. "Mit der Fertigstellung des Merkblattes ist voraussichtlich Ende des Jahres zu rechnen," prognostiziert Dr. Falk.

Kontakt

bi Medien GmbHbi UmweltBau

24033 Kiel

Telefon:

0049 (0) 431 53592 0

Fax:

0049 (0) 431 53592 25

E-Mail:

info@bi-medien.de

Internet:

Zur Webseite