Wasserkraftwerk Lago di Tomé – Hochdruckleitung DN 400 für eine umweltfreundliche Stromproduktion
24.10.2018
Einbau einer Hochdruckleitung DN 400 in der Schweiz.
1 Einleitung
Der Alpsee Lago di Tomé liegt in der politischen Gemeinde Lavizzara im Bezirk Vallemaggia im Kanton Tessin (Bild 1). Der Gebirgsbach Tomé fließt vom Lago di Tomé im gleichnamigen Tal, bis er kurz vor der Ortschaft Broglio am linken Ufer in den Fluss Maggia mündet. Der Abschnitt zwischen dem Alpsee, am hinteren Ende des Tals auf einer Höhe von 1.692 m ü. M. gelegen, und seiner Mündung in die Maggia in der Nähe der Ortschaft Broglio, auf einer Höhe von etwa 680 m ü. M., ist mit einem geodätischen Höhenunterschied von über 1.000 m für die Nutzung der Wasserkraft zur Stromproduktion äußerst interessant.
Der Auftraggeber für Bau und Betrieb des Wasserkraftwerks von Broglio ist die neu gegründete Aktiengesellschaft CEL Lavizzara SA.
2 Projekt Kleinwasserkraftwerk
2.1 Allgemeiner Aufbau
Das neue Wasserkraftwerk Lago di Tomé besteht aus folgenden Komponenten:
- Wasserfassung und Entsander,
- Hochdruckleitung erdüberdeckt,
- Kraftwerksgebäude,
- Unterwasserkanal zur Wasserrückgabe.
2.2 Wasserfassung
Das Einlaufbauwerk wurde circa 120 m unterhalb des Abflusses des Lago di Tomé in den Gebirgsbach errichtet und in die Topografie des steinigen Flusslaufs eingebettet. Mit einer Verkleidung aus Tessiner Natursteinplatten passt sich das Einlaufgebäude in die Umgebung ein. Das Wasser gelangt über eine rechteckige Aussparung unterhalb des Wasserspiegels in das Einlaufbauwerk, damit kein Treibgut in das Entsanderbecken eindringen kann (Bilder 2 und 3).
2.3 Neue Hochdruckleitung DN 400
Bei der Wahl des geeigneten Rohrmaterials für die Druckleitung gaben einerseits die harten Einbaubedingungen im Gebirge und andererseits die bei knapp 1.000 m Höhendifferenz auftretenden, sehr hohen Drücke bis zu 100 bar den Ausschlag. Gefragt war ein flexibles Rohrsystem, welches aber auch herausragende mechanische und statische Festigkeitseigenschaften aufweisen musste.
Gemessen an diesen Anforderungen sind die bewährten duktilen Gussrohre vonRoll ECOPUR mit verstärkter Umhüllung nach EN 545 [1] wegen ihrer technischen Leistungsfähigkeit für die neue Druckleitung optimal. ECOPUR-Rohre stellen mit der innovativen vonRoll PUR-Beschichtungstechnologie eine sehr hohe hydraulische Leistungsfähigkeit (Rauheit PUR: k ≤ 0,01 mm) sicher (Bild 4) und bieten mit der porenfreien PUR-Umhüllung einen perfekten Außenschutz in allen Böden. Wegen des durchwegs felsigen Untergrundes kam zusätzlich die widerstandsfähige ROCK-Felsschutzhülle zum Einsatz, die bereits werkseitig beim Hersteller auf die Gussrohre aufgebracht wird.
Die abwinkelbare Steckmuffen-Verbindung HYDROTIGHT erlaubt eine schnelle und sichere Montage in steilem Gelände (Bild 5).
Die erforderlichen Formstücke vom Typ vonRoll ECOFIT verfügen über eine Epoxidharz- Beschichtung nach EN 14901 [2] mit den erhöhten Anforderungen nach RAL – GZ 662 [3]. Das verhältnismäßig geringe Gewicht der vonRoll ECOPUR-Vollschutzrohre kam der Firma für den Leitungsbau im steilen, unzugänglichen Gelände entgegen, weil die Rohre mittels Helikopter transportiert und am Verwendungsort eingebaut werden mussten (Bild 6).
Über die gesamte Länge der Leitungstrasse von 3.200 m mit einem Höhenunterschied von knapp 1.000 m waren in der gebirgigen Umgebung mit steinigen, felsigen Böden unterschiedliche und schwierige Einbausituationen zu bewältigen. Um das natürliche Erscheinungsbild der Umgebung so weit wie möglich zu erhalten, wurde die Druckleitung nahezu auf der gesamten Strecke mit einer Ausnahme unterirdisch eingebaut: Einen Bach überquert die Leitung oberirdisch an einer Rohrbrücke. Die naturnahe Widerinstandsetzung der Trasse erfolgte mit Aushubmaterial und natürlichen Stein- und Felsbrocken (Bilder 7 und 8).
Je nach Höhenlage wurde die neue Druckleitung für die Druckstufen von PFA 10 bar bis PFA 80 bar mit ECOPUR-Rohren in unterschiedlichen Wanddickenklassen von K 7 bis K 15 mit längskraftschlüssigen Steckmuffen- Verbindungen vom Typ HYDROTIGHT ausgelegt. Im oberen Bereich bis PFA 16 bar genügten zur Kraftaufnahme reibschlüssig gesicherte Steckmuffen-Verbindungen, wodurch sich eine große Flexibilität bei den Schnittrohren im Graben ergab.
In den Bereichen mit höheren Drücken – bis zu PFA 80 bar im untersten Bereich der Leitung – wurden die ECOPUR-Vollschutzrohre werkseitig mit Schweißraupen versehen und mit Schubsicherungen HYDROTIGHT Fig. 2805 formschlüssig gesichert (Bild 9).
Bei der Steilheit des Geländes und wegen der hohen Betriebsdrücke wurden bei Richtungsänderungen für die Aufnahme der auftretenden Kräfte Betonwiderlager aus Stahlbeton angeordnet.
Anstelle von auf der Baustelle bearbeiteten Schnittrohren lieferte der Hersteller vonRoll hydro (suisse) ag Kurzrohre in genau definierten Längen mit werkseitig applizierten Schweißraupen, die vollflächig mit Polyurethan geschützt sind. Damit erübrigt sich das aufwändige Aufbringen von Schweißraupen und das nachträgliche Reparieren der Außenbeschichtung auf der Baustelle.
Im Hochdruckbereich ab PFA 63 bar genügten die Standard-Steckmuffen-Formstücke in der Wanddickenklasse K 12 nicht mehr für die Aufnahme der auftretenden Kräfte. vonRoll hydro (suisse) ag produzierte für diese Anwendung Sonderformstücke in den Wanddicken- Klassen K 14 und K 15.
In regelmäßigen Abständen sind an der Druckleitung auch Kontrollöffnungen angeordnet. Diese sind als Doppelmuffenstück mit Flanschabzweig (MMA) DN 400/400 ausgebildet, je nach Einbauort ebenfalls in Sonderausführung bis K 15 und mit Flanschen für die jeweils benötigte Druckstufe bis PN 63 (Bild 10).
Der unterste und steilste Bereich der Druckleitung mit den höchsten Drücken – ab 80 bar bis zum Turbinenhaus mit nahezu 100 bar – wurde mit geschweißten Stahlrohren ausgeführt. Für den Übergang im Anschlussbereich von duktilem Gusseisen auf Stahl bei PFA = 80 bar kam ebenfalls ein Sonderformstück, Flanschmuffenstück (E), mit Flanschen PN 100 bar zum Einsatz (Bild 11).
Parallel zur Druckleitung sind im selben Graben auch die Leerrohre für die Versorgungskabel der Einrichtungen an der Wasserfassung sowie für das Steuerungskabel zur Kommunikation zwischen Einlauf und Kraftwerk eingebaut worden (Bild 12).
2.4 Kraftwerksgebäude und Rücklaufkanal
Die Lage des Kraftwerksgebäudes kurz vor der Mündung des Gebirgsflusses Tomé in die Maggia ist ein optimaler Kompromiss zwischen verschiedenen Einflussgrößen. Dazu gehören unter anderem die geodätische Fallhöhe sowie der optimale Zugang zu den Einrichtungen während der Bauzeit und für den späteren Betrieb und die Wartung bei möglichst geringen Umweltbeeinträchtigungen.
Der durch die zweistrahlige Pelton-Turbine erzeugte Strom wird in das 16kV-Netz der Società Elettrica Sopracenerina SES eingespeist. Nach der Turbinierung wird das Wasser in einem Unterwasserkanal mit 1,5 m x 1,5 m Querschnittsfläche und einer Länge von 13 m wieder in den Gebirgsbach Tomé zurückgegeben, der im weiteren Verlauf in den Fluss Maggia mündet (Bild 13).
3 Fakten zum Wasserkraftwerk Lago di Tomé
- Wassereinzugsgebiet 3 km2,
- Höhe Alpsee Lago di Tomé 1.692 m ü. M.,
- Wasserfassung Stauziel 1.686 m ü. M.,
- Kraftwerksgebäude, Turbinenachse 704,55 m ü. M.,
- Nettofallhöhe 945 m,
- durchschnittlich zugeführte Wassermenge 3,10 Mio. m3/Jahr,
- Druckleitung Nennweite DN 400, effektive Länge 3.110 m,
- Anlagenleistung Kraftwerk 2,05 MW,
- Netto-Energieproduktion 6,5 Mio. kWh/Jahr.
Literatur
Autor
Bauingenieur/Planer
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