Zukunftschancen in der Kanalsanierung: Studieren für den Aufstieg

08.01.2007

Der Baubranche geht es zwar wieder besser, sie ist aber immer noch das Sorgenkind der deutschen Wirtschaft. Immer weniger wollen hier beruflich einsteigen, immer weniger Studenten beginnen ein Bauingenieurstudium. Doch es gibt auch Teilbereiche der Branche, die entwickeln sich positiv - die Kanalsanierer beispielsweise. Hier sind sich alle Experten einig: Einsteigen lohnt sich, denn die Nachfrage in dieser Sparte ist hoch.

Unter den Studenten in Deutschland gilt die Baubranche nicht unbedingt als die Zukunftsbranche. Vier Prozent weniger Bauingenieure haben, so das Statistische Bundesamt in Wiesbaden, im Jahr 2005 die Hochschulen verlassen als noch im Jahr 2004. Und der Trend wird sich fortsetzen. Denn 2005 haben sich zehn Prozent weniger für ein Bauingenieur-Studium eingeschrieben als noch das Jahr zuvor. Knapp 8.000 waren es noch, in den 90er Jahren waren es mal fast 14.000, die ihr erstes Semester zum Bauingenieur-Studium begonnen haben.
Sie folgen dem Trend, denn der Baubranche geht es - trotz einem Aufschwung derzeit - nicht wirklich gut: Der Auftragseingang ist rückläufig. Verglichen mit dem Indexwert 100 zum Jahr 2000 liegt dieser fünf Jahre später bei mageren 86,1, zum Vergleich: Für 1995 ermittelte das Statistische Bundesamt immerhin einen Wert von 119,6.
Dennoch, es gibt Nischen, in denen sich die Lage positiv entwickelt. Die vergleichsweise kleine Branche der Kanalsanierer verzeichnet Zuwächse - bei den Aufträgen und beim Mitarbeiterstand. Der Verband Zertifizierter Sanierungsberater (VSB) hat in einer Umfrage unter seinen Mitgliedern herausgefunden, dass etwa ein Viertel bis 2007 neue Mitarbeiter einstellen will, rund ein weiteres Viertel hat sich in Sachen Neueinstellung noch nicht festgelegt. Das Team verkleinern will aber niemand.
Auch der Güteschutz Kanalbau in Bad Honnef registriert positive Signale für diesen Markt. Nachdem die meisten Kommunen ihre Kanalnetze nun ausgebaut haben, wird die Lage beim klassischen Kanalbau schwieriger, erklärt Jörg Junkers, Bereichsleiter Auftragsvergabe beim Güteschutz. "Die Sanierung kommt in den Vordergrund." Die Zahl der Firmen, die sich auf den Bereich spezialisieren, nimmt zu. Derzeit hat der Güteschutz 251 Mal das Zertifikat S für Sanierung vergeben. 142 Firmen haben sich zertifizieren lassen.  Die Zahl der Zertifikate 2001 lag bei gerade mal 102. Der Bedarf ist da: Bei 20 Prozent des öffentlichen Kanalnetzes von etwa 500.000 km besteht kurz- bis mittelfristiger Sanierungsbedarf, hat die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) ermittelt. Die Nachfrage nach qualifizierten und damit zertifizierten Firmen, die die Sanierung planen und durchführen, steigt.
Und damit auch die Nachfrage nach qualifiziertem und zertifiziertem Personal. Gerade die Auftraggeber aus den Kommunen legen viel Wert auf einen entsprechenden Nachweis der Firmen und deren Mitarbeiter, sagt Jörg Junkers vom Güteschutz Kanalbau.  Der Verband Zertifizierter Sanierungs-Berater etwa engagiert sich für eine Ausbildung nach objektiven Standards. Für die Projektleiter und Sachbearbeiter aus dem Bereich Sanierungsplanung, -ausführung und Verwaltung bietet der VSB seit 8 Jahren die Qualitätsausbildung "Zertifizierter Kanalsanierungs-Berater" mit großem Erfolg an. Meistens sind es Praktiker aus den genannten Bereichen, die die fünf Wochen umfassende Weiterbildung besuchen.
Führungskräfte in dem Bereich bildet die Technische Akademie Südwest (TAS), ein An-Institut der Fachhochschule Kaiserslautern, aus. Hier studiert schon der zweite Jahrgang, der mit dem Master of Engineering (Instandhaltungsmanagement von Rohrleitungssystemen) abschließen wird. Das Studium ist für Berufserfahrene gedacht und deswegen als weiterbildendes Studium angelegt. Entweder haben die Studenten bereits einen Hochschulabschluss vorzuweisen und werden jetzt in dem Bereich Instandhaltung von Rohrleitungen qualifiziert. Aber, im Hochschulgesetz von Rheinland-Pfalz gelten entsprechende Regelungen, es können über ein Probestudium auch Praktiker mit entsprechender Ausbildung ohne akademische Vorbildung an dem Studium teilnehmen. Pro Semester sind etwa 100 Präsenzstunden gefordert, an die sich dann entsprechende Prüfungen anschließen. Ein hohes und anspruchsvolles Pensum, das viel Engagement abverlangt. Professor Lothar Scherer, bei der TAS für den Studiengang verantwortlich, hat eine sehr positive Resonanz festgestellt: "Die Studenten des ersten und jetzt auch des zweiten Studienzyklus sind hoch motiviert und sehr begeistert. Sie profitieren ja jetzt schon von einer Kompetenzverbesserung."
Eingerichtet wurde der Studiengang bei der TAS, um deren Kompetenz bei der Bewertung und Erhaltung von Immobilien zu erweitern. „Man erzielt im Immobilienbereich nur gute Leistung, wenn man die Gesamtheit betrachtet, also auch den Zustand der Rohrleitungssysteme mit einbezieht,“ so Scherer. Partner für die Lehrinhalte ist für die TAS wieder der Verband Zertifizierter Sanierungs-Berater, der auch einen Großteil der Referenten stellt.
Von Anfang an war bei der Konzeption des Studiengangs klar, dass eine zukünftige Führungskraft im Bereich Sanierung von Rohrleitungen nicht nur fachlich auf dem neuesten Stand sein muss, der Absolvent muss sein Wissen und seine Erfahrung auch vermitteln können. Scherer: "Wir lassen unsere Studenten auch von einer Psychologin in Rhetorik, Präsentationstechnik und Medienkompetenz unterrichten, damit sie auch vor dem Gemeinderat oder einer Investmentgruppe sicher und vor allem zielgruppenadäquat präsentieren können." Daneben gehören Recht und Wirtschaft zum Lehrplan, um die Studenten auch hier fit zu machen in Sachen Leistungsbeschreibung, Wirtschaftlichkeitsberechnung, Ausschreibung, Vergabe und Vertragserfüllung. So sollen sie später allen Anforderungen an eine Führungskraft aus diesem Bereich genügen können. Auch Klaus Janotta, Vorstandssprecher des VSB, betont dies: "Mit dem international anerkannten Masterabschluss erarbeiten sich die zukünftigen Absolventen eine ausgezeichnete Startposition."
Der Markt für Kanalsanierung jedenfalls wächst und damit auch die Nachfrage nach entsprechend qualifiziertem Personal. Derzeit sind nach Schätzungen der BG Bau etwa 3.800 Fachkräfte in der Branche tätig. Professor Scherer hält eine weitaus höhere Zahl für wahrscheinlich: "Wir werden mehr Leute mit dem entsprechenden Knowhow brauchen, die die Bedürfnisse ihrer Marktpartner genau kennen."
"Einsteigen lohnt sich," sagt auch Jörg Junkers vom Güteschutz Kanalbau. "Die Gelder in den Gebührenhaushalten sind da." Er rechnet mit mehr Investitionen in dem Bereich. Nach einer Erhebung der DWA müssten pro Jahr 50 bis 55 Milliarden Euro jährlich aufgewendet werden, um das öffentliche Kanalnetz zu sanieren. 1,6 Milliarden Euro sind es bislang. Das spricht für einen Wachstumsmarkt. Auch vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie kommen positive Signale: "Die Struktur- und Konjunkturkrise am Bau sei nach über zehn Jahren überwunden," betont Klaus-Dieter Ehlers, Vizepräsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Die Nachfrage nach gut ausgebildeten Bauingenieuren steige stark an. Die deutsche Bauwirtschaft müsse sich auf Personalengpässe beim qualifizierten Fach- und Führungsnachwuchs einstellen.
Die Zukunftsaussichten im Bereich der Kanalsanierer sind zudem äußerst solide: In der Umfrage des VSB unter seinen Mitgliedern zeigte sich, dass die Firmen mit einem einigermaßen verlässlichen Auftragsbestand planen. 4,4 Monate weit in die Zukunft reichen im Schnitt die Aufträge, einige Firmen haben sogar für das kommende halbe Jahr, eines sogar bis zu 15 Monate Planungssicherheit. Und noch ein Ergebnis der Umfrage: 72 Prozent der Unternehmen geben für die gewünschte Berufsqualifikation ihrer Neueinsteiger das Ingenieursstudium an, 64 Prozent das Zertifikat. Und immerhin schon neun Prozent würden Absolventen des neuen Master-Studiengangs bevorzugen.
Mehr Informationen:

Zahlen zu Studierenden im Bauingenieurwesen:
http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2006/p0640071.htm

http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2006/p3470071.htm

Auftragseingang Bauhauptgewerbe:
http://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath=struktur,vollanzeige.csp&ID=1019028

Zukunftsaussichten der Studenten der Bauingenieurwissenschaften:
http://www.uni-essen.de/isa/fg_ingenieurwiss/bauing/bauing_am_frm.htm

Zahlen zum Zustand des Kanalsystems:

Branchenbericht 2005 der DWA: http://www.dwa.de

Zahlen zur Baukonjunktur und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt:
http://www.bauindustrie.de/

und: http://hvb.epgmbh.de/seiten/downloads/Baudatenkarte_2005.pdf
Der VSB:
Der Verband Zertifizierter Sanierungs-Berater für Entwässerungssysteme e.V. (VSB) ist der Zusammenschluss speziell ausgebildeter Fachleute für das Erhaltungsmanagement von Entwässerungssystemen, die Kanalnetzbetreibern als neutral beratende Fachleute zur Verfügung stehen.

Der VSB verfolgt das Ziel, durch qualifizierte Aus- und Weiterbildung von Beratern eine sachkundige und objektive Information seiner Kunden sicherzustellen. Andererseits will er den Dialog von allen an der Sanierung Beteiligten fördern und zu einer besseren fachlichen Qualifikation aller Beteiligten beitragen.

Die Mitglieder des VSB, die durch Lehrgänge an Technischen Akademien qualifiziert wurden, sind in den vier Fachausschüssen Aus- und Weiterbildung, Technik, Ingenieurleistungen, Zustandserfassung in Kanälen sowie in einem Qualitäts-Management-Ausschuss organisiert. Innerhalb dieser Fachausschüsse werden Richtlinien für Ausschreibungsunterlagen erstellt, Fachwissen ausgetauscht und für die Branche aufbereitet und Kursinhalte für Lehrgänge und weiterbildendes Studium zusammengestellt.

Derzeit sind im VSB 175 persönliche und fördernde Mitglieder deutschlandweit organisiert. Sitz der Verwaltung des Verbands ist Mühldorf/Inn. Den Vorstandsvorsitz führt Klaus Janotta, ebenfalls Mühldorf.

Kontakt

Verband Zertifizierter Sanierungs-Berater für Entwässerungssysteme e.V. [VSB]Klaus Janotta

84453 Mühldorf/inn

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