Ballastwasser-Reinigung schützt heimische Ökosysteme

04.08.2008

In die Nord- und Ostsee werden täglich tausende fremde Organismen durch das Ballastwasser von Schiffen eingeschleppt. Um ausreichend Stabilität zu gewinnen, pumpen Schiffe während des Ladevorgangs Wasser aus dem Hafenbecken als "Ballast" in ihre Tanks, um Tiefgang zu gewinnen. Im Zielhafen wird dieses Wasser wieder abgelassen. Dabei gelangen Mikroorganismen in fremde Ökosysteme, in denen sie neue Nischen besetzen. Die "blinden Passagiere" gefährden damit die natürliche Balance, da sie in einer fremden Nahrungskette keine Fressfeinde haben. So konkurrieren sie mit anderen Lebewesen um Nahrung oder verdrängen heimische Spezies, die einen festen Platz in der Nahrungskette von Fischen haben. Die Fischereibranche bekommt den wirtschaftlichen Schaden direkt zu spüren. Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus England, Norwegen, Frankreich, Portugal, Israel, Spanien und der Türkei entwickelt der Forschungsdienstleister ttz Bremerhaven im Projekt "Nachhaltige Ballastwasser-Reinigungsanlage" (BaWaPla) ein System zur sicheren und kostengünstigen Reinigung des Ballastwassers.

Keine "blinden Passagiere" mehr in Schiffstanks

Die Schifffahrt ist ein bedeutender Faktor für die Weltwirtschaft. 90 Prozent des europäischen Außenhandels werden auf dem Seeweg abgewickelt. In den Häfen Europas werden jährlich mehr als eine Milliarde Tonnen Fracht gelöscht und zwei Milliarden Tonnen Ballastwasser in Hafengewässer entsorgt. Rund 10.000 Lebewesen überqueren täglich im Ballastwasser die natürlichen Grenzen ihres Lebensraumes. Fremdorganismen wie Plankton, Muscheln, Viren und Bakterien aus aller Welt mischen sich in den Hafenbecken und gelangen von dort in die angrenzenden Meere. Einige Vertreter wurden bereits vor über 100 Jahren in fremde Gewässer eingeschleppt: Die chinesische Wollhandkrabbe hat sich inzwischen in europäischen Meeren von Finnland bis Südfrankreich ausgebreitet.

Dieses Umweltproblem hat sich durch den technischen Fortschritt verschärft, der Schiffsantriebe leistungsstärker macht und somit die Transportdauer verkürzt: Bei geringeren Fahrtzeiten erhöht sich die Überlebenschance der Organismen im Rumpf der Schiffe. Fremde Spezies können die bestehende Nahrungskette empfindlich stören und die Funktionsfähigkeit des Ökosystems gefährden. Besonders Häfen mit viel Schiffsverkehr sind von diesem Problem betroffen. Die Reinigung des Ballastwassers verursacht bisher enorme Kosten: Rund 30.000 Euro fallen momentan für ein kleines Frachtschiff pro Entladung an. Solange die Reinigung des Ballastwassers nicht verbindlich geregelt ist, werden diese Kosten gern eingespart. Die Reinigung des Wassers im Tank automatisch und effizient durchzuführen, ist das gemeinsame Ziel der Projektpartner von BaWaPla. Das Herzstück dieser Reinigungsmethode ist ein elektrochemischer, seewasserbetriebener Generator, der gemeinsam von den Projektpartnern entwickelt wird. "Ein Standard-Generator, der Wasser mittels CME-Technologie (Cell Membrane Electrolysis) desinfiziert, wurde von dem wissenschaftlichen Partner LVPG International GmbH entwickelt und an der Technische Universität Istanbul in Betrieb genommen. "Die Ergebnisse der Analysen aus der experimentellen Phase des 2006 begonnenen Projektes flossen in die Konstruktion des Gerätes ein", so Filiz Aslan vom Umweltinstitut des ttz Bremerhaven, die das EU-Projekt leitet. Inzwischen sind die Partner dem "Universalverfahren" für alle Wasserqualitäten und Schiffstypen bereits einen entscheidenden Schritt nähergekommen. Insbesondere die Kombination von CME, Filter- und UV-Technologie hat in umfassenden Versuchen vielversprechende Ergebnisse geliefert.

Da der ökologische Handlungsdruck weiter wächst, ist ein hohes Marktpotential gegeben. Die Internationalen Richtlinien der IMO (International Maritime Organization) schreiben bereits vor, dass alle Schiffe zwischen 2009 und 2016 beginnen müssen, einen Ballastwasser- und Sedimentbetriebsplan zur Dokumentation der Ballastwasserreinigung zu führen. Bisher ist es noch die Ausnahme, dass Staaten die Vorgaben unterzeichnen. Noch gibt es nur wenige marktreife und geprüfte Systeme. Die bisher eingesetzten Methoden reichen von der mechanischen Behandlung (Filtrierung) über die Desinfektion mit chemischen Stoffen wie Chlor oder Ozon zu physikalischen Verfahren wie Erwärmung oder den Einsatz von Ultraschall. Allerdings kann keine dieser Methoden allein den IMO-Standard bei allen Schiffstypen und Wasserqualitäten erreichen. Die Projektpartner von BaWaPla zielen darauf ab, diese technologische Lücke zu füllen und eine Vorreiterrolle übernehmen.


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