Die „Wasserwende“ beschleunigen
10.05.2023
Der Druck auf Gewässersysteme steigt – auch hierzulande. Dies betrifft sowohl die Wassermenge, wie der vergangene „Dürre-Sommer“ verdeutlichte, als auch indirekte Folgen z. B. den Rückgang der Artenvielfalt an den großen Flüssen. Eine neue Web-Applikation und innovative molekularbiologische Methoden zur Erfassung der Biodiversität unterstützen alle, die sich dieser Herausforderungen annehmen.
„Im Laufe des Jahres planen wir die Freischaltung einer Web-Applikation zur hydrologischen 6-Wochen-Vorhersage. Damit haben die Nutzenden die Möglichkeit, sich maßgeschneiderte Vorhersagen für ausgewählte Pegel an Rhein und Elbe entsprechend der eigenen Informationsbedürfnisse zu generieren“, sagt der BfG-Wissenschaftler Dennis Meißner, der sich mit der Weiterentwicklung von Methoden und mathematischen Modellen zur Wasserstands- und Abflussvorhersage beschäftigt.
Bislang erscheint die 6-Wochen-Vorhersage in Form von PDF-Dokumenten. In der Web-Applikation haben Nutzende zukünftig u. a. die Möglichkeit, Abflusskennwerte ein- und auszublenden und Unterschreitungswahrscheinlichkeiten von Wasserständen für selbst definierte Grenzwerte angezeigt zu bekommen. „Die Anwendung befindet sich aktuell im Testbetrieb. Erste Rückmeldungen zeigen, dass die neuen Funktionen einen echten Mehrwert für die Nutzerinnen und Nutzer der Bundeswasserstraßen darstellen“, erklärt der Bauingenieur und Hydrologe.
Das neue Angebot der BfG kommt möglicherweise genau zum richtigen Zeitpunkt: Denn laut Angaben des Deutschen Wetterdienstes war der sich verabschiedende Winter der 12. zu warme Winter in Folge. Der Winter war nicht nur zu warm, sondern regional auch zu trocken. „Die Wasserstände des Rheins werden im weiteren Jahresverlauf angesichts der unterdurchschnittlichen Schneemengen in den Alpen, deren Schmelzwasser die sommerlichen Abflüsse im Rhein stützen, besonders stark von der Niederschlagsentwicklung der kommenden Monate abhängen“, erklärt Dennis Meißner.
Neben kurz- und mittelfristigen Prognosen sind Politik, (Logistik-)Unternehmen und die wasserwirtschaftliche Verwaltung auch auf verlässliche Projektionen bis Ende des 21. Jahrhunderts angewiesen. Ein Beispiel für ein bestehendes Angebot ist der von der BfG mitverantwortete Klimaberatungsdienst "DAS-Basisdienst" bzw. das "WS-Klimaportal". Diese Dienste stellen für alle, die langfristige (Investitions-)Entscheidungen im Zuge der Anpassung an den Klimawandels treffen müssen, unterschiedlicher Szenarien, Daten und Gutachten bereit.
Mit molekularbiologischen Methoden den Biodiversitätsverlust erfassen
Der Klimawandel wirkt sich nicht nur auf die Wasserstände aus, sondern auch auf die aquatischen Ökosysteme. Veränderungen der Gewässerstrukturen, Schad- und Nährstoffeinträge, das Einbringen und Einwandern invasiver Neobiota tragen ihrerseits zu einem Rückgang der Artenvielfalt bei. Um den ökologischen Zustand eines Flusses zu ermitteln, werden u. a. die im Wasser lebenden Arten bestimmt, z. B. im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Solche biologischen Bewertungsverfahren sind bisher meist kostspielig und die aufwändigen morphologischen Bestimmungen nur von Experten/-innen mit hoher Artenkenntnis durchführbar.
Das Projekt BIO-eDNA ist ein Beispiel dafür, wie moderne molekular-biologische Methoden bei der Erfassung der Biodiversität und ökologischen Bewertung von Bundeswasserstraßen unterstützen können. Der Clou: Jeder Organismus hinterlässt in seiner Umwelt geringe Mengen seines Erbguts. Dies gilt für aquatische Organismen ebenso wie für Tiere an Land. Die BfG-Forscher/-innen und ihre Kooperationspartner machen sich diesen Umstand zu Nutze und bestimmen mit Hilfe der in den Wasserproben befindlichen Erbgutfragmente und bioinformatischer Methoden, welche z. B. Fisch-, Muschel-, Krebs- und Algenarten in einem Gewässer vorhanden sind. Bislang fanden molekularbiologische Beprobungen am Rhein, der Elbe, Mosel und Lahn statt. Das Projekt endet im Herbst dieses Jahres. Danach sollen Anwendungskonzepte für den behördlichen Einsatz dieser Methode im Rahmen eines modernen
Biodiversitätsmonitorings und ökologischen Gewässermanagements zur Verfügung stehen.
Schrittmacher gewässerkundlichen Wissens
„Intakte Gewässersysteme sind lebenswichtige Ressource sowie vielfältige Lebens- und Wirtschaftsräume“, sagt die BfG-Leiterin, Dr. Birgit Esser. Der zunehmende Eintrag von Spurenstoffen in die Gewässer, der Klimawandel und der Verlust der Artenvielfalt sind einige von vielen drängenden Herausforderungen an den Gewässern. „Um die von der UN geforderte Lösung der Wasserkrise voranzutreiben, ist unsere angewandte Beratung und Forschung wichtiger denn je“, sagt Birgit Esser.
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Kontakt
Bundesanstalt für Gewässerkunde (bfg)
Dominik Rösch
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