Ein Fall für den Spezialisten
15.12.2023
Rainer Kiel renoviert Hinterlandkanal unter erschwerten Bedingungen
Ein nicht begehbarer Zielschacht, ein Höhenunterschied von rund neun Metern sowie ein schwer zugängliches Baufeld – das waren nur einige der herausfordernden Rahmenbedingungen, welche die Rainer Kiel Kanalsanierung GmbH in Herscheid bei der Renovierung eines Hinterlandkanals mittels Einzug eines 74 Meter langen Schlauchliners DN 150 sicher beherrscht hat. Nach Abschluss des Projektes „Fremdwasserbeseitigung L696 Kiesbert Herscheid“ waren sich die beteiligten Baupartner einig: Die im Auftrag der Stadtentwässerungsbetrieb Lüdenscheid Herscheid AöR (SELH) durchgeführte Renovierungsmaßnahme hatte es aufgrund der nicht alltäglichen Bausituation im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Dass trotzdem alles reibungslos geklappt hat, lag nicht nur an einem technisch ausgeklügelten Konzept und dem Einsatz der richtigen Materialien, sondern insbesondere am Know-how und der langjährigen Erfahrung der vor Ort tätigen Fachleute.
Erhöhter Fremdwassereintrag
Die Notwendigkeit zur Sanierung des Schmutzwasserkanals entstand laut Aussage von Michael Deppe, Technische Betriebsleitung, Stadtentwässerungsbetrieb Lüdenscheid Herscheid AöR, infolge der Sanierung der dezentralen Gruppenkläranlage in Kiesbert. Diese führte zu einer Verschärfung der Vorgaben durch die Untere Wasserbehörde in Hinblick auf die Ableitung von geklärtem Abwasser in den Vorfluter, in diesem Fall um die Oestertalsperre.
„Die Ergebnisse der in der Kläranlage eigens zu diesem Zweck installierten Messtechnik wiesen vor allem nach Starkregenereignissen auf einen erhöhten Nachlauf im Zufluss hin, was wiederum auf einen erhöhten Fremdwassereintrag schließen ließ“, so Deppe.
„Die von uns daraufhin durchgeführten TV-Untersuchungen des Kanalnetzes bestätigten diesen Verdacht. Daraufhin haben wir ein Konzept erstellt, dessen erste Maßnahme in einer Sanierung eines Schmutzwasserkanals im Herscheider Bezirk Kiesbert bestand. Hier waren insbesondere einige Muffen der alten Leitung aus gerippten Kunststoffrohren defekt, was dem Eindringen von Fremdwasser Vorschub leistete und zu starken Inkrustationen führte.
Anspruchsvolle Rahmenbedingungen
„In der Folge wurden die Anlieger informiert und dazu aufgefordert, mögliche Fremdwasserquellen auf den Grundstücken zu beseitigen“, ergänzt Axel Späing, Bauleitung, Stadtentwässerungsbetrieb Lüdenscheid Herscheid AöR. „Gleichzeitig haben wir die Renovierung eines 74 Meter langen Abschnittes des betroffenen Schmutzwasserkanals ausgeschrieben.“
Dabei war den Beteiligten aufgrund der erschwerten Zugänglichkeit des Baufeldes und eines nicht begehbaren Zielschachtes sowie der hydraulischen Gegebenheiten und der anspruchsvollen Geomorphologie mit einem Höhenunterschied von rund neun Metern zwischen Start- und Zielschacht schnell klar, dass nur ein grabenloses Verfahren in Frage kam. Einen konstruktiven Vorschlag, welcher den Einsatz eines mit Kunstharz getränkten Polyesternadelfilzliners vorsah, lieferte die Rainer Kiel Kanalsanierung.
Lösungen nicht von der Stange
„Unser Ziel ist es, für jeden Kunden die passende Lösung zu finden. Auf der Basis unserer langjährigen Erfahrung, bewährten Methoden, einem modernen Equipment und innovativen Techniken erstellen wir realisierbare, wirtschaftliche und nachhaltige Konzepte, auch wenn die Begleitumstände wie in diesem Fall eher widrig sind“, sagt Denis Rendorf.
„Neben einem realisierbaren Sanierungskonzept galt es zudem, Lösungen für die Abwasserhaltung und die logistischen Herausforderungen zu finden“, so der Projektleiter der Rainer Kiel Kanalsanierung GmbH weiter. „Unter anderem mussten Arbeitsgeräte und Materialien teilweise händisch über Fußwege, Wiesenflächen oder Treppen zu den Schächten getragen sowie Schläuche oder Kabel der Arbeitsmaterialien oder der einzusetzenden Maschinen wenn erforderlich verlängert werden.“
Fachgerechte Vorarbeiten
„Während der ebenfalls sanierungsbedürftige Anfangsschacht DN 1000 anfahrbar in einer Wiese rund drei Meter neben der Landesstraße L 696 liegt, befindet sich der nicht begehbare Endschacht DN 400, von dem aus die Reinigung durchgeführt werden musste, in einer Böschung auf einem Privatgrundstück, die bis auf sieben Meter anfahrbar ist“, beschreibt Bauleiter Späing das Gelände, auf dem die Arbeiten durchgeführt werden mussten.
Als vorbereitende Maßnahme wurde die Haltung mit einem TV-Roboter befahren und der Zustand der Rohrwandung dokumentiert. Danach wurde der Abschnitt mittels Hochdruckspülverfahren gereinigt. Nachdem die Reinigungsdüse den anderen Schacht erreicht hatte, wurde sie in der zweiten Reinigungsphase am Spülschlauch in Fließrichtung langsam zurückgezogen, wobei der gebündelte Strahl aus der Rotationsdüse die vorhandenen Inkrustationen beseitigte. Übriggebliebene Ablagerungen wurden in einem letzten Arbeitsgang mit dem Fräsroboter entfernt.
Wasser- und Luftdruck kombiniert
Danach konnte der vorgesehene Polyester-Nadelfilzschlauch DN 150 von dem begehbaren Schacht aus in die Haltung inversiert werden. Hierbei handelte es sich um einen flexiblen Textilschlauch, der vor Ort an der Einbaustelle mit Harz getränkt und anschließend in der Regel mittels Luft- oder Wasserdruck in das defekte Rohr eingebracht wird.
„Dabei wird zunächst das Zweikomponenten-Epoxid-Harz angemischt, in den nahtlosen Liner gefüllt und auf die entsprechende Wandstärke gewalzt“, erläutert Rendorf. Anschließend wird der Liner in die Inversionstrommel eingezogen, das Ende umgestülpt und am Inversionsbogen befestigt.“ Bei der Renovierung des Hinterlandkanals kamen beide Methoden zum Einsatz.
„Wir haben uns aufgrund des erheblichen Höhenunterschiedes zwischen Start- und Zielschacht letztendlich für eine Kombination beider Verfahren entschieden, wobei wir das Wasser zum Aufstellen des Liners genutzt und ihn dann mit Wasserdampf ausgehärtet haben“, erklärt der Projektleiter. Das schuf die Voraussetzung, den Inversionsdruck während des Einzugs und des Aushärtens auf konstant hohem Niveau zu halten. Beim Einzug und anschließendem Aushärten passt sich der flexible und sehr bogengängige Liner dem Altrohr optimal an. Nach rund dreieinhalb Stunden und einer Temperatur von 60° entstand so ein komplett neues Rohr.
Einzug „open end“
Eine weitere Herausforderung stellten die Arbeiten im nicht begehbaren Zielschacht dar. „Um den Liner nach der Inversion weiter bearbeiten zu können, haben wir in dem 400er Schacht ein PVC-Rohr mit einem Bogen als Führung angebracht und mit Spanngurten fixiert, so dass der ankommende Schlauch den Weg nach oben findet“, erläutert Waldemar Andreas, Vorarbeiter Rainer Kiel Kanalsanierung GmbH. Abschließend haben wir dieses Führungsrohr abgeflext und einen sauberen Anschluss mittels dauerflexiblem Epoxidharz hergestellt.“ Auch für die erforderliche Wasserhaltung haben die Profis von Rainer Kiel in Eigenregie gesorgt.
Da sich in der Ortslage Herscheid-Kiesbert ein privates Frischwasserversorgungsnetz befindet, dessen Speicherkapazität begrenzt ist, durfte während der Baumaßnahme kein Wasser entnommen werden. Deshalb wurde die Zuleitung des einzigen Anliegers oberhalb des Startschachtes mit einer Blase abgesperrt und ein sogenannter Intermediate Bulk Container (IBC) mit einem Volumen von 1000 Litern an der Einbaustelle installiert, aus dem das erforderliche Wasser mit der Pumpe eingespeist werden konnte. Trotz widriger Begleitumstände konnte die Renovierung der beschädigten Haltung schnell, reibungslos und zur Zufriedenheit des Bauherrn ausgeführt werden. Im Rahmen der Bauarbeiten wurde auch der Startschacht aus Beton wieder ertüchtigt.
Nachdem Gerinne, Berme, Schachtwand, Zu- und Abläufe sowie der Konus für die vorgesehene mineralische Beschichtung vorbereitet waren, erhielt der Schacht eine Schutzbeschichtung aus einem kunststoffvergüteten, korrosionsbeständigen, abwasserresistenten Spezialmörtel in einer Gesamtschichtdicke von 20 mm, die von Hand mehrlagig frisch in frisch auftragen und geglättet wurde. Zusätzlich wurde im Sockelbereich eine Hohlkehle erstellt.
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