Mit der Technik Schritt halten - Änderungen Güte- und Prüfbestimmungen RAL-GZ 961
19.08.2019
In der Gütegemeinschaft Kanalbau stimmen Auftraggeber, Ingenieurbüros und Auftragnehmer das Anforderungsprofil zur fachlichen Eignung der ausführenden Unternehmen regelmäßig ab. Die Güte- und Prüfbestimmungen RAL-GZ 961 stellen damit einen Konsens der Fachbranche zu den Mindestanforderungen an die Bieter dar hinsichtlich Erfahrung und Zuverlässigkeit, Qualifikation, Technik und Geräten, Einsatz von Nachunternehmern und Eigenüberwachung.
Die Güte- und Prüfbestimmungen werden vom Güteausschuss regelmäßig angepasst. Vor diesem Hintergrund standen auf der 32. Mitgliederversammlung der Gütegemeinschaft Kanalbau in Bonn neben der Beschlussfassung zu Haushalt und Wirtschaftsplan auch Anpassungen der Güte- und Prüfbestimmungen auf der Tagesordnung.
Im Wesentlichen betreffen die nun beschlossenen Änderungen der Güte- und Prüfbestimmungen die Definitionen der Beurteilungsgruppen für den Kanalbau in offener Bauweise (Gruppen AK3, AK2 und AK1), die Anforderungen der Beurteilungsgruppe Sanierung (S) sowie die Anzahl der Baustellenbesuche.
Beurteilungsgruppen AK
Der Auftraggeber definiert die Eignungsanforderung der Bieter in Bezug auf eine konkrete Ausschreibung bzw. Maßnahme.
Bei der Festlegung, ob für eine bestimmte Kanalbaumaßnahme in offener Bauweise die Anforderungen der Beurteilungsgruppen AK3, AK2 oder AK1 als Eignungsnachweis erfüllt werden sollen, orientiert sich der Auftraggeber in der Regel an den entsprechenden Definitionen in den Güte- und Prüfbestimmungen RAL-GZ 961.
Insbesondere mit Blick hierauf hat die Mitgliederversammlung die Änderung in den Definitionen beschlossen. Die bisherige Differenzierung der Beurteilungsgruppen auch nach Durchmessern entfällt demnach künftig. Der Hintergrund hierzu ist, dass sich der technische Anspruch einer Maßnahme deutlicher an der Tiefenlage der Maßnahme als am Durchmesser der zu verlegenden Rohrleitung festmachen lässt.
Arbeiten in einer größeren Tiefe gestalten sich technisch anspruchsvoller und erfordern daher entsprechende Erfahrung des Unternehmens. Die Erfahrung des Unternehmens beim Umgang mit Rohren in geringfügig größeren Nennweiten ist im Vergleich hierzu nachrangig zu bewerten. Dementsprechend wurde von der Mitgliederversammlung beschlossen, die Differenzierung der Gruppen insbesondere auf die Tiefenlage der zu verlegenden Kanäle und Leitungen abzustellen.
Auch bei der Prüfung, ob Gütezeicheninhaber oder Antragsteller über die geforderte Erfahrung verfügen, werden die vom Unternehmen benannten Referenzen dementsprechend mit Fokus auf die Tiefenlagen der Baugrubensohle bewertet. Dementsprechend heißt es nun:
Ausführungsbereich AK3
Einbau von Abwasserleitungen und -kanälen unterschiedlicher Werkstoffe in offener Bauweise mit den dazugehörigen Bauwerken in einer charakteristischen Tiefe der Baugrubensohle bis 3 m.
Ausführungsbereich AK2
Einbau von Abwasserleitungen und -kanälen unterschiedlicher Werkstoffe in offener Bauweise mit den dazugehörigen Bauwerken in einer charakteristischen Tiefe der Baugrubensohle bis 5 m, auch unter erschwerten Bedingungen.
Ausführungsbereich AK1
Einbau von Abwasserleitungen und -kanälen unterschiedlicher Werkstoffe in offener Bauweise mit den dazugehörigen Bauwerken, insbesondere in einer charakteristischen Tiefe der Baugrubensohle von größer 5 m unter erschwerten Bedingungen und unter Einsatz technisch anspruchsvoller Bauverfahren.
Beurteilungsgruppe S
Die Änderungen in der Beurteilungsgruppe S, insbesondere die des Punktes 3.10.1, berücksichtigen die Entwicklung der allgemein anerkannten Regeln der Technik für den Bereich der geschlossenen Sanierung.
Heute existieren – anders als zur Zeit der Einführung der S-Gruppen – zu allen Verfahren Anforderungen in Form von Normen bzw. Merk- oder Arbeitsblättern der DWA (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.).
Dementsprechend treten die Verfahrensbeschreibungen in den Sanierungshandbüchern zur RAL-Gütesicherung von ihrer Bedeutung in den Hintergrund. Diese können aber nach wie vor in den Sanierungshandbüchern erhalten bleiben, insbesondere dann, wenn diese systemspezifisch definiert sind. Die übrigen Bestandteile der Handbücher und insbesondere der SOLL-IST-Wert Vergleich bleiben - wie bei den übrigen Beurteilungsgruppen der RAL-Gütesicherung - in vollem Umfang erhalten.
Vor diesem Hintergrund gibt es folgende textliche Umformulierung:
3.10.1 Erfahrung und Zuverlässigkeit Erfahrungen und Zuverlässigkeit des Unternehmens und des eingesetzten Personals in Bezug auf die Ausführung der beschriebenen Arbeiten auf der Grundlage der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Darüber hinaus ist eine Eigenüberwachung zum Vergleich der SOLL-IST-Werte unter Angabe der eingesetzten Materialien und Verfahren zu führen und nachzuweisen.
Prüfbestimmungen
Weitere Änderungen wurden bei Punkt 4.1 Prüfungen durch den Güteausschuss bzw. dessen Beauftragten vorgenommen. Sie betreffen die Anzahl der Baustellenbesuche, bei denen ein vom Güteausschuss beauftragter Prüfingenieur oder eine vom Güteausschuss beauftragte Prüfstelle stichprobenweise die Einhaltung der zugehörigen Anforderungen einschließlich der Dokumentation der Eigenüberwachung prüft und bewertet.
Während die Überprüfung der Qualifikation eines Gütezeicheninhabers bisher in Abhängigkeit von der Zahl der Baustellen in den Beurteilungsgruppen AK1, AK2, AK3 sowie VOD, VO, VMD, VM und VP durch in der Regel zwei Baustellenbesuche pro Jahr und in den Beurteilungsgruppen S, I, R und D durch einen Baustellenbesuch pro Jahr erfolgte, ist deren Anzahl zukünftig abhängig von der Anzahl der üblicherweise gleichzeitig eingesetzten Kolonnen/Teams (Abb. 2).
Vor dem Hintergrund, dass die Ausführungsqualität im Wesentlichen von der ausführenden Kolonne geprägt wird, verfolgt die Gütesicherung damit das Ziel, auch bei größeren Unternehmen mit vielen Kolonnen eine repräsentativere Anzahl von Baustellenbesuchen durchführen zu können.
Mit der Überarbeitung und Anpassung der Güte- und Prüfbestimmungen nimmt der Güteausschuss als zentrales Organ der Gütegemeinschaft Kanalbau eine wichtige in der Satzung definierte Aufgabe wahr. Die Änderungen wurden von den Mitgliedern in Bonn mit großer Mehrheit verabschiedet. Mit Versand des Protokolls der Mitgliederversammlung traten die Änderungen in Kraft.
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