Vergleich von Kosten der Abwasserentsorgung schwierig

13.08.2017

Abwasserentgelte müssen der Abwasserentsorgung zugutekommen

„Auch größere Unterschiede bei den Abwasserentgelten in Deutschland werden sich nicht völlig vermeiden lassen. Wichtig ist vor allem, dass die Abwasserentgelte der Abwasserentsorgung zugutekommen.“ So kommentierte der Präsident der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), Otto Schaaf, das „Abwassergebührenranking 2017“, in dem die IW Consult GmbH im Auftrag von Haus & Grund Deutschland die Abwassergebühren der 100 größten deutschen Städte untereinander verglichen hat.

Jedes Jahr zur Sommerzeit wird über das Thema Abwasser und Kosten der Abwasserentsorgung berichtet. Dann häufen sich Berichte und Stu­dien über die sehr unterschiedliche Höhe der Abwasserentgelte, und der Bürger wundert oder ärgert sich, dass sein Nachbar oder Arbeitskollege, nur wenige Kilometer weiter, deutlich weniger für die Entsorgung seines Abwassers bezahlen muss.

Rankings oft wenig aussagekräftig

Dabei haben sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen Einfluss auf die Gebührenhöhe, sodass einfache Rankings wenig aussagekräftig sind. Eine große Rolle spielen die hohen Vorhaltekosten für die wasserwirtschaftliche Infrastruktur, die auch anfallen, wenn wenig Abwasser durch die Kanäle fließt und in den Kläranlagen gereinigt wird. Die kalkulatorischen Kosten, wie Abschreibungen und Zinsen, machen etwa die Hälfte der Gesamtkosten aus, manchmal auch deutlich mehr. Hier kommen 16 unterschiedliche Kommunalabgabengesetze der Bundesländer ins Spiel, die den gesetzlichen Rahmen für die ansatzfähigen Kosten unterschiedlich vorgeben. Die Abwasserentgelte in Deutschland werden nach dem Kostendeckungsprinzip erhoben, sodass alle ansatzfähigen Kosten über die Gebühren, gegebenenfalls auch über einmalige – in manchen Bundesländern wiederkehrende – Beiträge auf die Nutzer der Anlagen umgelegt werden.

Rankings methodisch oft einseitig

Nach welchem Maßstab dies geschieht, ist in den Kommunen wiederum unterschiedlich. Zunehmend wird eine getrennte Gebühr für Schmutz- und Regenwasser erhoben, selten mit einer Grundgebühr, häufiger werden daneben Beiträge verlangt. Ein Vergleich von Abwasserentgelten hat kaum Aussagekraft, wenn nicht alle Bestandteile mitbetrachtet werden. Häufig wird bei Rankings von Abwassergebühren ein Musterhaushalt zugrunde gelegt. Dies ist statistisch gesehen probat, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es dabei immer Gewinner und Verlierer gibt und die Aussagekraft begrenzt ist.

Bei der Erhebung nach Musterhaushalt gehören Regionen mit einem sehr geringen durchschnittlichen Wasserverbrauch zu den Verlierern, denn die hohen Vorhaltekosten werden dort in der Praxis auf geringere Abwassermengen umgelegt, was zu einem höheren Entgelt pro Kubikmeter Abwasser führt. Legt man dann einen Musterverbrauch zu Grunde, der deutlich höher ist, schneidet diese Kommune besonders teuer ab. In den östlichen Bundesländern liegen die Wasserverbräuche zum Beispiel durchschnittlich deutlich unter dem für Gesamtdeutschland ermittelten Durchschnittsverbrauch von 122 Litern pro Tag, manchmal bei nur 85 Litern durchschnittlich.

Leistungen zum Erhalt der Umwelt nicht nur am Preis messen

Es gibt darüber hinaus zahlreiche weitere Faktoren, die Vergleiche von Abwassergebühren schwierig machen. Dazu zählen unter anderem die Bevölkerungsdichte und die Dichte der Bebauung in den Entsorgungsgebieten im Hinblick auf die Leitungslängen, die Topografie in Bezug auf zum Beispiel die Anzahl der benötigten Pumpen oder das Alter der Abwasseranlagen. Betrachtet man die Entwicklung der Abwasserentgelte in den letzten 15 Jahren, liegt die Steigerung der durchschnittlichen Entgelte regelmäßig unterhalb der Inflationsrate. Der Bürger muss für die Abwasserentsorgung täglich nicht mehr ausgeben als für ein Brötchen. Die Fachleute gehen davon aus, dass in vielen Betrieben erhebliche Re-Investitionen in die langlebigen Anlagen anstehen. Dies ist notwendig, um die wertvolle, oft unterirdisch verborgene Infrastruktur zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Die Infrastruktur und die Leistungen, die mit ihr im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden, dürfen nicht allein am Preis gemessen werden. Beiträge zum Umweltschutz oder auch zu dem in Zeiten des Klimawandels wichtiger werdenden Hochwasser- bzw. Überflutungsschutz sollten nicht durch eine oft einseitige Entgeltbetrachtung erschwert werden. Dabei muss ein möglichst hohes Maß an Transparenz für die Nutzer erreicht werden, und es ist sicherzustellen, dass die Abwasserentgelte vollständig der Abwasserentsorgung zugutekommen.

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