Wenn die Kanalisation zum Tank wird

25.01.2010

Am Weigandufer in Neukölln entsteht ein intelligentes Öko-Speichersystem

Im Untergrund des Weigandufers am Neuköllner Schifffahrtskanal errichten die Berliner Wasserbetriebe einen so genannten Stauraumkanal. In dem 210 Meter langen und 2,60 Meter mächtigen Bauwerk kann bei starkem Regen bis zu 1.050 Kubikmeter Mischwasser zwischengespeichert werden. Mit dem Um- bzw. Neubau von drei Regenüberlaufbauwerken im Weigandufer können dann zusätzlich weitere 1.750 Kubikmeter Mischwasser in den vorhandenen Regenüberlaufkanälen in der Treptower Straße und in der Roseggerstraße zurückgehalten werden, die heute noch direkt in den Neuköllner Schifffahrtskanal laufen würden.

Bei Wolkenbrüchen sind die Kapazitäten des Kanalnetzes lokal gelegentlich überfordert. Denn die Leistung der nächstgelegenen Pumpwerke ist auf ein Maß beschränkt, das in den Klärwerken den biologischen Reinigungsprozess nicht durch zu starke Verdünnung gefährdet. Um die Regenüberläufe als Sollbruchstellen im System dennoch möglichst selten anspringen zu lassen, verfolgen die Berliner Wasserbetriebe eine Doppel-Strategie: Durch die Automatisierung und Fernsteuerung der 148 Abwasserpumpwerke können Abwasserströme auf Klärwerke umgelenkt werden, die noch freie Spitzen haben. Mit dem Neubau von Stauraumkanälen und dem Umbau von Regenüberläufen wird unterirdischer Speicher geschaffen bzw. aktiviert, dessen dreckige Fracht nach Regenende ganz regulär zum Klärwerk gepumpt werden kann.

Die Vorhaben am Weigandufer sind Teil eines vom Land Berlin mit den Berliner Wasserbetrieben vereinbarten Programms zur Verbesserung der Güte der Berliner Gewässer. Das in diesem Rahmen für das Einzugsgebiet des Abwasserpumpwerks Neukölln I aufgestellte Sanierungskonzept beinhaltet Maßnahmen zur verbesserten Ausnutzung des vorhandenen und zur Schaffung von zusätzlichem Kanalvolumen zur Zwischenspeicherung.

Neues Bauverfahren erstmals in Berlin

Die Arbeiten stellen eine Investition von rund 3. Mio. € dar und werden bis März 2011 überwiegend unter Ausnutzung des Grünstreifens und halbseitiger Sperrung des Weigandufers durchgeführt. Mit der Bauausführung wurde die Arbeitsgemeinschaft Meyer & John/Echterhoff Bau beauftragt.

Die ein Optimum zwischen Platzbedarf und Kosten suchende Technologie des halboffenen Rohrvortriebs wird in Berlin übrigens erstmals in diesen Dimensionen eingesetzt. Hierbei wird im Gegensatz zum "normalen" Rohrvortrieb, der komplett unterirdisch stattfindet, der abzubauende Boden über einen Graben oberhalb der Pressachse mit einem Bagger aus der Vortriebsmaschine entfernt.

Zuvor war – ebenfalls in spektakulärer Technologie – in der Nähe ein 1,60 m mächtiger Düker für zwei Schmutzwasserkanäle zwischen Kiel- und Weigandufer in 17 m Tiefe unter dem Schifffahrtskanal durch den Boden getrieben worden.


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