Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Schäden durch Hochdruckspülverfahren

Schäden durch Hochdruckspülverfahren.

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Image 3.2.3.1-1: 

Schaden durch unsachgemäß eingesetztes HD-Spülverfahren [Prüfattest]

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Image 3.2.3.1-2: 

Schaden durch unsachgemäß eingesetztes HD-Spülverfahren [Prüfattest]

Beim unsachgemäßen Einsatz des Hochdruckspülverfahrens können Rohrschäden in Form von Riefen, Abplatzungen, Rissen oder Löchern in Rohrwandungen und Rohrauskleidungen (Abschnitt 2.1) auftreten (Image 3.2.3.1-1) (Image 3.2.3.1-2) .

Besondere Gefahrenmomente ergeben sich aus dem Schlagen der Reinigungsdüse, dem Aufwirbeln von Sediment oder Steinen sowie beim Verharren der arbeitenden Reinigungsdüse an einer Stelle.

Die Belastungen der Rohroberfläche durch auftreffende Wasserstrahlen sind abhängig:

  • vom Wasserdruck an der Reinigungsdüse,
  • von der Wassermenge,
  • dem Abstand der Reinigungsdüse von der Rohrwandung und
  • der Anzahl, dem Querschnitt und dem Austrittswinkel der Düseneinsätze.

Wie bereits erwähnt, sind allgemeine Richtlinien für die Planung und Durchführung der Reinigungsarbeiten nicht vorhanden [Störn96a] [Störn96b] . Bei der Wahl der o.a. Betriebsparameter sollten neben den sich aus der eigentlichen Reinigungsaufgabe ergebenden Parametern auch immer der Rohrwerkstoff, die Wanddicke und insbesondere der bauliche Zustand der Kanalhaltungen berücksichtigt werden.

Der zulässige Wasserdruck ist u.a. abhängig vom Rohrwerkstoff. Diesbezügliche Versuche des Tiefbauamtes der Stadt Zürich [Prüfattest] [Stein92e] führten zu dem Ergebnis, daß mit dem HD-Spülverfahren bis zu einem Wasserdruck an der Reinigungsdüse von 120 bar und einem Wasser-Volumenstrom von 300 l/min Kanäle aus Asbestzement, Beton, PVC und PE-HD nicht beschädigt werden.

Ähnliche Ergebnisse lieferten die Untersuchungen des Verhaltens von mit Tonerdeschmelzzementmörtel ausgeschleuderten Rohren aus duktilem Gußeisen bei der Reinigung mit dem HD-Spülverfahren. Danach sind bei derart beschichteten Rohren mit einer Schichtdicke von ≥ 6 mm bei üblichen Reinigungsintervallen und Spüldrücken < 170 bar (gemessen an der HD-Pumpe) über einen Zeitraum von 50 Jahren keine Beschädigungen durch HD-Reinigungsgeräte zu erwarten [Brune90] .

Angeregt durch einen konkreten Schadensfall versucht man bei der Stadtentwässerung Hamburg seit Anfang 1988 dieses Problem zu lösen. In einem ersten Schritt wurden die betrieblichen Randbedingungen vor Ort untersucht und in Abhängigkeit von Querschnittsform und -abmessungen des Kanals und maximaler Ablagerungshöhe die Betriebsparameter

  • Art der Reinigungsdüse,
  • Wasser-Volumenstrom,
  • Anzahl und Durchmesser der Düseneinsätze,
  • Austrittswinkel,
  • Wasserdruck an der Reinigungsdüse etc.

für das HD-Spülverfahren festgelegt (Table 3.2.3.1-1) .

In Einzelfällen wurden dabei Reinigungsabschnitte festgelegt, die nicht mit dem HD-Spülverfahren gereinigt werden dürfen.

Table 3.2.3.1-1: 

Parameter für die Hochdruckspülung in der Hamburger Kanalisation [Loese98b]

Lfd.
Nr.
Kanal−
quer−
schnitts−
form und
−abmes−
sungen
Ablagerungs
höhe (max.)
[m]
Düsenkopf Wasser−
druck
an der
Düse
[bar]
Wasser−
volumen−
strom
[l⁄min]
Austritts−
winkel
[Grad]
Durch−
ziehge−
schwindig−
keit
[l⁄s]
Düsen−
bestückung
[Anz.⁄mm]
1 DN 250 0,10 Granate
KM−HD
06
100 320 30 0−1 3x2,9
3x3,3
2 DN 300 0,10 Rundkopf
KM−HD
04
100 320 30 0−1 10x2,8
3 DN 400 0,15 Bombe
KM−HD
08
100 320 30 0−1 6x3,1
4 DN 500 0,20 Pendel
KM−Typ 2
100 320 3−15 0−1 5x3,3
5 Kl. VI 0,30 Bombe
KM−HD
08
100 640 30 0−1 6x4,4
6 Kl. V 0,40 Pendel
KM−Typ 2
100 640 3−15 0−1 7x4,0
7 Kl. IV 0,50
8 Kl. III 0,50 Flachkeil
KM−Gr. II
100 640 10 0−1 6x4,4
9 Kl. II 0,10 Aqua Bull
Schlitten
MA−Sch
TA
100 640 keine Angabe 0−1 20x2,0
10 Kl. I 0,70
Bemerkungen: Lfd. Nr. 5 bis 10 s. (Table 3.2.3.1-1)

Bisher existieren noch keine allgemeingültigen Richtlinien und Kriterien für die Prüfung von Rohren oder Haltungen bezüglich ihres Verhaltens gegenüber dem HD-Spülverfahren. Für entsprechende Untersuchungen werden in der Regel spezielle Untersuchungsprogramme mit lediglich begrenzten Fragestellungen erarbeitet. Am Beispiel der oben erwähnten Untersuchungen an duktilen Gußrohren soll nachfolgend ein solches Untersuchungsprogramm vorgestellt werden [Brune90] . Diese Untersuchungen werden sowohl unter stationären als auch unter instationären Bedingungen unter Verwendung eines herkömmlichen Hochdruckspülfahrzeuges mit einem maximalen Wasservolumenstrom von ca. 350 l/min durchgeführt und lassen sich auch auf andere Werkstoffe übertragen [Stein95b] .

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)