Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Instationäre Versuche

Zur Simulation einer Langzeitbeanspruchung wird die jeweilige Reinigungsdüse durch den mindestens 12 m langen Versuchsrohrstrang 40 bis 60mal jeweils mit einem konstanten Wasserdruck von 150 bar, gemessen an der Hochdruckpumpe, und einer konstanten Geschwindigkeit von ca. 4 m/min gezogen. Die Festlegung der Durchziehgeschwindigkeit erfolgte auf der Grundlage diesbezüglicher Auswertungen mehrerer Praxiseinsätze sowie von Kalkulationsunterlagen. Im Verlaufe der Versuche werden jeweils 30 l Sand, Kies und Steine mit einem Korndurchmesser bis ca. 40 mm sowie ein Ziegelstein in die Leitung eingegeben. Nach Beendigung der Versuche werden die Rohre zur optischen Beurteilung demontiert.

Die Stadt Hamburg hat ein eigenes Untersuchungsprogramm entwickelt, dem folgende Versuchsparameter zugrunde liegen:

Reinigungsdüse: Bombendüse (8 x 2,3 mm Düsenöffnungen)
Düsendruck: min. 100 bar
Geschwindigkeit: v = 1,0 m/s
Durchgänge: 50 mal
Körnung: 60 % Sand (0-2 mm), 20 % Schotter (bis 20 mm), 20 % Granulat (0-4 mm)
Mengeneintrag: 2 mal 10 l-Eimer je Spülvorgang, Gemischerneuerung nach jedem Durchgang
Kamerabefahrung: nach Fertigstellung und nach jedem 10. Durchgang.

Neben der Untersuchung des Verhaltens von Rohren, Rohrverbindungen, Auskleidungen, Beschichtungen u.a. gegenüber dem Hochdruckspülverfahren ist es auch notwendig, z.B. Einbindungen von Anschlüssen auf diese Weise zu testen.

image
Image 3.2.3.1.2-1: 

Untersuchung des Einflusses der HD-Spülung auf Einbindungen von Anschlußleitungen [Stein96h]

Ein entsprechendes Prüfverfahren wurde für die Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbetonrohre e.V. (FBS) entwickelt [Stein96h] . Die Untersuchung erfolgt an Abwasserrohren DN 300, in die zuvor im Kämpfer bzw. zwischen Kämpfer und Scheitel das jeweils zu untersuchende Anschlußeinbindungssystem vom Hersteller bzw. Vertreiber eingebaut wurde. Für die Spülversuche wird ein in der Praxis übliches Standardreinigungsfahrzeug eingesetzt, bei dem an der Hochdruckpumpe ein maximaler Wasserdruck von 210 bar aufgebracht werden kann (Image 3.2.3.1.2-1) . Die eingesetzte Reinigungsdüse besitzt 10 Düsenöffnungen mit jeweils 2 mm Durchmesser und einem Strahlwinkel von 45°. Die Wasserzufuhr erfolgt über einen Hochdruckschlauch von 120 m Länge und einem Durchmesser von einem Zoll.

Das Untersuchungsprogramm beinhaltet sowohl stationäre (Verharren der Reinigungsdüse an einer Stelle durch z.B. Arbeitsunterbrechung) als auch instationäre (Langzeitbeanspruchung durch häufige Reinigung) Versuche.

Bei den stationären Versuchen wird die Reinigungsdüse jeweils in Höhe der Anschlußeinbindung auf der Rohrsohle liegend ortsfest gehalten. Der Spüldruck wird in Druckstufen von 25 bar vom Anfangsdruck von 75 bar auf 150 bar gesteigert. In jeder Stufe wird der Druck eine Minute lang aufrechterhalten. Anschließend erfolgt eine Überprüfung des Anschlußeinbindungssystems durch Inaugenscheinnahme.

Zur Simulation von Langzeitbeanspruchungen wird die o.g. Reinigungsdüse bei einem konstanten Spüldruck von 150 bar, gemessen an der Hochdruckpumpe, 50 mal durch das jeweilige Rohr mit einer Geschwindigkeit von ca. 4 m/min gezogen. Anschließend wird die Einbindung der Anschlußleitung durch Inaugenscheinnahme beurteilt und mit Hilfe einer Dichtheitsprüfung quantitativ kontrolliert.

Alle o.a. Untersuchungsprogramme berücksichtigen nicht den Einfluß verschiedener Vortriebsgeschwindigkeiten, der Anzahl der Düsen, unterschiedlicher Strahlwinkel, der Art der Ablagerungen und deren Verhalten während des Reinigungsprozesses sowie mögliche Auswirkungen des HD-Spülverfahrens auf schadhafte Kanäle. Im letztgenannten Fall sind als Sekundäreffekt in Abhängigkeit von Schadensart und -ausmaß unkontrollierte Erosionsprozesse in der Leitungszone zu erwarten, welche die Standsicherheit der Rohrleitung beeinträchtigen. Hinsichtlich dieser Problematik liegen bisher noch keine Untersuchungsergebnisse vor.

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)